Macron veröffentlicht Protokoll von Telefonat mit Putin kurz vor Kriegsbeginn

Das Bild von Macron mit Kremlchef Putin am langen Verhandlungstisch füllte Titelseiten. Ein nun veröffentlichtes Telefonat zeigt, was Macron und Putin vier Tage vor Kriegsbeginn miteinander austauschten.
Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik über AP veröffentlichte Bild zeigt Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, und Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, während eines Treffens im Kreml.
Das von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Sputnik über AP veröffentlichte Bild zeigt Wladimir Putin (l), Präsident von Russland, und Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, während eines Treffens im Kreml.Foto: -/Pool Kreml/Sputnik/AP/dpa
Epoch Times28. Juni 2022

Der Élysée-Palast veröffentlicht eines der letzten Telefongespräche zwischen Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und Russlands Präsidenten Wladimir Putin vier Tage vor dem Einmarsch Russlands in der Ukraine, das „Le Figaro“ im vollständigen Wortlaut veröffentlichte. Ein Kamerateam des Journalisten Guy Lagache hat Macron für eine Dokumentation („Der Präsident, Europa und der Krieg“) über einen Zeitraum von sechs Monaten begleitet und gefilmt. Dabei kamen die Aufnahmen zustande. Der Film mit dem Gespräch der beiden wird am Donnerstagabend im französischen TV ausgestrahlt.

Das Gespräch ereignete sich Sonntagmorgen des 20. Februars. Der französische Präsident, der einige Tage zuvor bereits nach Moskau und Kiew gereist war, versuchte noch ein letztes Mal, den Krieg zu verhindern. Die vier Mitglieder der diplomatischen Zelle des Élysée-Palastes verfolgten aus einiger Entfernung den Telefonwechsel ihres „Chefs“ mit Putin.

„Seit unserem letzten Gespräch haben die Spannungen zugenommen und du kennst mein Engagement und meine Entschlossenheit, den Dialog fortzusetzen“, steigt Macron in das neunminütige Gespräch mit Putin ein. „Ich möchte, dass du mir zuerst sagst, wie du die Situation einschätzt, und mir vielleicht auf ziemlich direkte Weise, wie wir es beide tun, deine Absichten mitteilst.“

Putin antwortet darauf: „Was könnte ich sagen? Du siehst doch selbst, was passiert. Du und Bundeskanzler Scholz habt mir gesagt, dass Selenskyj bereit sei, etwas zu tun, und er einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Minsker Vereinbarungen vorbereitet habe (…) In Wirklichkeit tut unser lieber Kollege Selenskyj gar nichts. Er lügt euch an (…) Ich weiß nicht, ob du gestern seine Erklärung gehört hast, in der er sagt, dass die Ukraine Zugang zu Atomwaffen haben muss.“

Der diplomatische Berater Emmanuel Bonne wirft während des Gesprächs ein: „Nein, das ist Unsinn.“

Putin weiter: „Ich habe auch deine Kommentare auf der Pressekonferenz in Kiew am 8. Februar gehört. Du sagtest, dass das Minsker Abkommen überarbeitet werden müsse, Zitat: ‚damit es durchsetzbar ist‘.“ Der Berater von Emmanuel Macron meldet sich erneut zu Wort: „Nein, das hat er nicht gesagt“. Und: „Ich werde ihm sagen, dass er sich nicht auf eine Detaildiskussion mit ihm einlassen soll.“

Emmanuel Macron: „Wladimir, zunächst eine Sache: Ich habe nie gesagt, dass die Minsker Vereinbarungen revidiert werden müssen. Ich habe das nie gesagt, weder in Berlin, noch in Kiew, noch in Paris. Ich habe gesagt, dass sie umgesetzt werden müssen, dass man sich an die Dinge halten muss, und ich habe die letzten Tage anders interpretiert als du.“

Thema Separatisten

Im Gespräch geht es dann weiter um die Rolle der Separatisten. „Hör mal, Emmanuel, ich verstehe euer Problem mit den Separatisten nicht. Zumindest haben sie auf unser Drängen hin alles Notwendige getan, um einen konstruktiven Dialog mit den ukrainischen Behörden zu eröffnen“, meint Putin.

Macron: „Zu dem, was du gesagt hast, Wladimir, gibt es mehreres zu sagen: Erstens, die Minsker Vereinbarungen sind ein Dialog mit ihnen, da hast DU vollkommen recht. Und wenn dein Unterhändler versucht, den Ukrainern aufzuzwingen, auf der Grundlage von Fahrplänen der Separatisten zu diskutieren, hält er sich nicht an die Minsker Vereinbarungen. Es sind nicht Separatisten, die Vorschläge zu ukrainischen Gesetzen machen werden!“, kontert Macron.

Putin dazu: „Natürlich haben wir eine ganz andere Lesart der Situation. Bei unserem letzten Treffen habe ich dir die Artikel 9, 11 und 12 des Minsker Abkommens in Erinnerung gerufen und sogar vorgelesen.“

Macron: „Ich habe sie vor mir! Da steht, dass die Regierung der Ukraine – Absatz 9 usw. – Vorschläge macht, und zwar in Absprache und im Einvernehmen mit den Vertretern bestimmter Bezirke der Regionen Donezk und Lugansk im Rahmen der dreigliedrigen Kontaktgruppe. Das ist genau das, was wir vorschlagen. Ich weiß nicht, wo dein Jurist studiert hat. Ich schaue mir nur die Texte an und versuche, sie anzuwenden! Und ich weiß nicht, welcher Jurist dir sagen kann, dass in einem souveränen Land die Gesetzestexte von separatistischen Gruppen vorgeschlagen werden und nicht von den demokratisch gewählten Behörden.“

Wladimir Putin: „Das ist keine demokratisch gewählte Regierung. Sie sind durch einen Staatsstreich an die Macht gekommen, Menschen wurden bei lebendigem Leib verbrannt, es war ein Blutbad und Selenskyj ist einer der Verantwortlichen. Hör mir zu: Das Prinzip des Dialogs besteht darin, die Interessen der anderen Seite zu berücksichtigen. Die Separatisten, wie du sie nennst, haben den Ukrainern Vorschläge unterbreitet, aber sie haben keine Antwort erhalten. Wo ist da der Dialog?“

Macron: „Wie ich dir gesagt habe, sind uns die Vorschläge der Separatisten egal. Was wir von ihnen verlangen, ist, dass sie auf die Texte der Ukrainer reagieren, und das müssen wir tun, denn das ist das Gesetz! Mit dem, was du gerade gesagt hast, ist fraglich, inwieweit du das Minsker Abkommen willst, wenn du im Grunde der Meinung bist, dass du es mit einer nicht legitimen und terroristischen Regierung zu tun hast.“

„Jetzt hör mir mal gut zu, hörst du mich?“, antwortet Putin. „Ich sage es noch einmal: Die Separatisten, wie du sie nennst, haben auf die Vorschläge der ukrainischen Behörden reagiert. Sie haben geantwortet, aber die Regierung ist nicht darauf eingegangen.“

Macron: „Also okay, auf der Grundlage ihrer Antwort auf die Texte der Ukrainer schlage ich dir vor, dass wir ein Treffen mit allen Parteien im Rahmen der Kontaktgruppe fordern, um weiter voranzukommen. Man kann schon morgen mit der Arbeit beginnen und von allen Beteiligten verlangen, dass es keine Politik des leeren Stuhls gibt. In den letzten beiden Tagen haben sich die Separatisten nicht auf diese Diskussion eingelassen. Ich werde dies nun von Selenskyj fordern. Sind wir uns darüber einig? Wenn wir uns einig sind, leite ich es in die Wege und verlange ein Treffen gleich morgen.“

Putin: „Also, um das klarzustellen: Sobald wir aufgelegt haben, werde ich diese Vorschläge prüfen. Aber von Anfang an hätte man Druck auf die Ukrainer ausüben müssen, aber niemand wollte das tun.“

„Aber ich habe ein Maximum unternommen, um sie zu bewegen, das weißt du gut“, so Macron. „Das weiß ich, aber leider hat das nichts bewirkt“, heißt es vom Kremlchef. Er werde Selenskyj erneut zur Ruhe mahnen, so Macron.

Der französische Präsident ändert dann die Richtung der Unterhaltung: „Ich brauche ein wenig deine Hilfe“, sagt er zu Putin. Die Lage in der Ostukraine sei angespannt. Er habe Selenskyj zur Ruhe aufgefordert, er solle bei seinen Streitkräften und auch in den sozialen Netzwerken für Ruhe sorgen. „Kannst du deine Streitkräfte auch zur Ruhe aufrufen? Gestern wurde viel geschossen. Wenn wir dem Dialog eine Chance geben wollen, müssen wir die Lage in der Region beruhigen.“

Sofort schließt er die Frage bezogen auf Putins Truppen an der ukrainischen Grenze an: „Wie siehst du die Militärübungen?“

Putin: „Die Übungen verlaufen nach Plan.“ Macron: „Sie enden also heute Abend, richtig?“
Putin: „Ja, wahrscheinlich heute Abend und wir werden auf jeden Fall eine militärische Präsenz an der Grenze belassen, bis sich die Lage im Donbass beruhigt hat. Die Diskussion wird in Absprache mit dem Verteidigungs- und dem Außenministerium geführt.“

Spitzentreffen vorgeschlagen

Macron: „In Ordnung. Wladimir, ich sage dir ganz ehrlich, dass es für mich eine absolute Voraussetzung ist, die Gespräche in den richtigen Rahmen zu bringen und Spannungen zu vermeiden. Und was mir wichtig ist, und ich bitte dich wirklich darum, ist, dass wir die Situation unter Kontrolle bringen. Das ist der erste Schritt. Und ich zähle sehr auf dich. Lass dich in den nächsten Stunden und Tagen nicht von irgendwelchen Aktionen provozieren.“

Und Macron weiter: „Ich möchte dir ganz konkret zwei Vorschläge machen. Der erste wäre, in den nächsten Tagen in Genf ein Treffen zwischen dir und Präsident Biden zu organisieren. Ich habe am Freitagabend mit ihm gesprochen und ihn gefragt, ob ich dir diesen Vorschlag machen kann. Er hat mir gesagt, ich solle dir sagen, dass er dazu bereit sei. Präsident Biden hat auch darüber nachgedacht, wie man die Situation glaubwürdig deeskalieren, deine Forderungen berücksichtigen und die Frage der NATO und der Ukraine sehr deutlich ansprechen kann. Sag mir, wann es dir passt.“

Putin: „Vielen Dank, Emmanuel. Es ist immer ein großes Vergnügen und eine große Ehre, mit deinen europäischen Kollegen sowie mit den USA zu sprechen. Es macht mir viel Spaß, weil wir in einem Vertrauensverhältnis stehen. Emmanuel, ich schlage vor, wir drehen es um. Zunächst einmal müssen wir dieses Treffen vorbereiten. Erst danach können wir reden.“

Macron: „Aber können wir heute nach diesen Gesprächen sagen, dass wir uns im Prinzip einig sind? Ich hätte gerne eine klare Antwort darauf. Ich verstehe deine Zurückhaltung bezüglich eines Datums, aber bist du bereit, einen Schritt weiterzugehen und heute zu sagen: ‚Ich möchte ein Treffen zu zweit mit den Amerikanern, das dann auf die Europäer ausgeweitet wird.‘“

Putin: „Der Vorschlag verdient es, in Betracht gezogen zu werden, und wenn du möchtest, dass wir uns darüber, wie wir ihn formulieren, abstimmen, schlage ich vor, dass wir unsere Berater bitten, sich anzurufen, um sich abzustimmen (…) aber du solltest wissen, dass ich im Prinzip einverstanden bin.“

Macron: „Sehr gut, du bestätigst mir, dass du im Prinzip einverstanden bist. Ich schlage vor, dass unsere Teams (…) versuchen, einen gemeinsamen Text zu verfassen, eine Art Kommuniqué am Ende dieses Telefonats.“

Putin: „Ich wollte jetzt Eishockey spielen gehen und ich spreche aus der Sporthalle zu dir, bevor es mit dem Training losgeht. Ich rufe erst meine Berater an.“
Macron: „Danke auf jeden Fall, Wladimir. Wir bleiben in Echtzeit in Kontakt. Sobald etwas passiert, rufst du mich an.“
Putin (auf Französisch): „Ich danke Ihnen, Herr Präsident.“ (nh)



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