Schlappe für Macron: Wahlbündnis muss um absolute Mehrheit im Parlament fürchten

Kurz nach seiner Wiederwahl hat der französische Präsident Macron eine Schlappe erlitten: Nach der ersten Runde der Parlamentswahl ist die absolute Mehrheit seines Bündnisses Ensemble nicht gesichert.
Titelbild
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.Foto: LUDOVIC MARIN/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times13. Juni 2022

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Der französische Präsident Emmanuel Macron muss nach der ersten Runde der Parlamentswahl um die absolute Mehrheit seines Bündnisses Ensemble fürchten. Macrons Partei kommt mit ihren Verbündeten nach offiziellen Angaben aus der Nacht zum Montag auf 25,75 Prozent der Stimmen. Die links-grüne Allianz Nupes von Jean-Luc Mélenchon lag nahezu gleich auf, sie erhielt nur 21.442 Stimmen weniger.

Das französische Mehrheitswahlrecht begünstigt bei der Sitzverteilung das stärkste Wahlbündnis. Macrons Partei kommt mit ihren Verbündeten nach Schätzungen mehrerer Wahlforschungsinstitute vom Sonntag auf 255 bis 295 Sitze. Nupes kann mit 150 bis 210 Sitzen rechnen. 289 Sitze sind in dem insgesamt 577 Abgeordnete zählenden Parlament für die absolute Mehrheit nötig. Die genaue Sitzverteilung wird sich erst in der Stichwahl kommenden Sonntag entscheiden.

Geringe Wahlbeteiligung

Das Desinteresse der Franzosen an der Wahl war erneut auf Rekordniveau: 52,49 Prozent der Wahlberechtigten gaben keine Stimme ab. Bei der letzten Wahl 2017 waren es noch 51,3 Prozent.

„Wir sind die einzige politische Kraft, die die Mehrheit in der Nationalversammlung erreichen kann“, sagte Macrons Premierministerin Elisabeth Borne. Sie rief mit Blick auf die Stichwahl am kommenden Sonntag zu einer „Woche der Mobilisierung“ auf. Ziel sei es, „eine starke und klare Mehrheit zu bekommen“, betonte sie.

Borne und 14 weitere Regierungsmitglieder sind selbst bei der Parlamentswahl angetreten und riskieren ihren Regierungsposten, wenn sie nicht gewinnen. Borne liegt nach eigenen Angaben in ihrem Wahlkreis vorn.

„Zum ersten Mal erreicht ein wiedergewählter Präsident bei der Parlamentswahl nicht die Mehrheit“, sagte hingegen Mélenchon. „Die Präsidentenpartei ist geschlagen“, betonte er. Der 70-Jährige hatte sich zuvor als nächster Premierminister ins Gespräch gebracht, war aber nicht mehr in seinem bisherigen Wahlkreis in Marseille angetreten.

Marine Le Pen zeigte sich derweil optimistisch, dass ihre Partei Rassemblement National eine eigene Fraktion bilden könne. Dazu sind 15 Abgeordnete nötig, ihre Partei kommt nach derzeitigen Schätzungen auf 10 bis 30 Sitze. Le Pen zieht in ihrem Wahlkreis in Hénin-Beaumont in die Stichwahl ein.

Die neue Umweltministerin Amélie de Montchalin liegt in ihrem Wahlkreis, einem Pariser Vorort, deutlich hinter dem Kandidaten des Linksbündnisses. Der Ex-Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour, der in Saint-Tropez angetreten war, ist bereits nach der ersten Runde ausgeschieden.

„Das linke Wählerbündnis kann es bereits als Erfolg verzeichnen, dass es das linke Lager geeint hat“, sagte der Meinungsforscher Frédéric Dabi im Rückblick auf die Präsidentschaftswahl, bei der sich zahlreiche linke Kandidaten Konkurrenz gemacht hatten.

Neuer Hauptgegner im Parlament

Für Macron wird es in der zweiten Amtszeit voraussichtlich schwieriger, seine Reformen durchzusetzen. Insbesondere die Rentenreform ist umstritten. Während Macron das Rentenalter von 62 auf 64 oder 65 Jahre anheben will, fordert Mélenchon vehement die Rente mit 60.

Fest steht bereits, dass Macron einen neuen Hauptgegner im Parlament hat. An die Stelle der konservativen Republikaner wird das Linksbündnis Nupes treten. Die Republikaner stehen vor einer Niederlage, sie kommen auf 33 bis 80 Sitze.

In der ersten Runde der Parlamentswahl waren mehr als 48 Millionen Franzosen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Sie wählen die 577 Abgeordneten der Nationalversammlung, eine der beiden Kammern des Parlaments. Die zweite Kammer ist der Senat, dessen Abgeordnete erst 2023 neu bestimmt werden.

Die französische Nationalversammlung hat im politischen Leben Frankreichs eine geringere Bedeutung als der Bundestag in Deutschland. Das liegt an der starken Rolle des Präsidenten, der sich nicht vor dem Parlament verantworten muss. (afp/dl)



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