Strache-Falle: Drahtzieher des Ibiza-Videos hatte Büro in unmittelbarer Nähe der „Süddeutschen“

Wenige Tage nach Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“, das Österreich in eine Regierungskrise gestürzt hat, verdichten sich die Hinweise auf die mutmaßlichen Drahtzieher. Die Spuren führen ins Halbwelt-Milieu. In der Luxusvilla auf Ibiza könnten noch gegen weitere Personen belastende Videos produziert worden sein.
Titelbild
Heinz-Christian Strache.Foto: Michael Gruber/Getty Images
Epoch Times23. Mai 2019

War noch am Wochenende das Skandal-Video der mittlerweile zurückgetretenen FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus das große Gesprächsthema, verlagert sich die öffentliche Aufmerksamkeit zunehmend hin zu der Frage, welche Personen es sind, die den zwei Politikern über mehrere Monate mit erheblichem finanziellen und logistischen Aufwand diese Falle gestellt hatten.

Nachdem in den Tagen zuvor in mehreren Medien die Rolle des Wiener Rechtsanwalts Ramin M. beleuchtet worden war, der den ersten Kontakt der Familie Gudenus zur angeblichen Oligarchennichte „Aljona Makarowa“ eingefädelt hatte, meldete sich am Mittwoch, den 22. Mai, Sicherheitsexperte Sascha Wandl in „Österreich“ zu Wort.

Wandl ist nach eigenen Angaben ein früherer Geschäftspartner von Julian H., dem langjährigen Freund des Anwalts und ständigen Begleiter der angeblichen Oligarchennichte während der ersten Treffen mit Gudenus. Er will H., der einen Wohnsitz im linksgrünen Wiener Studentenbezirk Neubau hat, jedoch in München eine Detektei betreibt, in Spionagetechniken ausgebildet haben.

Drogendeals und Betriebsspionage

Bei H., der laut „profil“ auch über Wohnsitze in München und Luxemburg verfüge, handelt es sich nach Angaben von Wandl um den Sohn eines ehemaligen internationalen Waffenhändlers. Gegenüber „Österreich“ sagte Wandl über H.:

„Er ist einmal im Suchtgifthandel rechtskräftig verurteilt worden. Ich habe ihn im Jahr 2014 kennengelernt, ausgebildet und ihn für die Betriebsspionage bei Plasser und Theurer eingesetzt. Damals haben wir genau das gleiche Muster eingesetzt wie jetzt auch beim Fall in Ibiza.“

Sie hätten sogar gemeinsam Operationen im Bereich der Betriebsspionage durchgeführt. Wandl, der sich 2016 aus dem Geschäft zurückgezogen haben will, habe in dem Ibiza-Video „genau meine Handschrift“ erkannt.

Wie das Blog „EU-Infothek“ und die in dessen Auftrag tätig gewordene Detektei „Omnia“ herausgefunden haben wollen, betreibt H. in München die Detektei Konsic. Es handelt sich dabei um ein Unternehmen, das „Dienstleistungen für Konzernsicherheit und Sicherheitsberatung“ erbringe.

Der Wirtschaftsauskunftei Creditreform zufolge weist das Unternehmen eine schwache Bonität auf. Die Internetseite der Konsic GmbH ist mittlerweile offline. Die „Krone“ berichtet, dass Bonitätsauskunftsdienste zwar eine Geschäftsverbindung mit der Konsic GmbH als zulässig betrachten, allerdings empfehlen, an diese keine Kredite im Umfang von mehr als 2000 Euro zu vergeben.

Bis zu fünf Millionen Euro verlangt

Der Jahresbericht über das Jahr 2017 weise einen „nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag“ in Höhe von 97 495 Euro aus. Außerdem bescheinigte die Auskunftei der GmbH eine „rückläufige Geschäftsentwicklung“.

Angesichts dieser Zahlen erscheint es als durchaus plausibel, dass die beiden Hauptakteure, wie Wandl von Informanten wissen will, das Video für „1,5 Millionen bis fünf Millionen Euro“ angeboten haben. Die Kosten für die Produktion des Videos schätzt der Sicherheitsexperte auf 300 000 bis 600 000 Euro.

Es sei Wandl zufolge zwar denkbar, dass H. und sein langjähriger Freund, der Anwalt Ramin M., das Video in Eigenregie produziert hätten, um hohe Geldsummen zu erpressen oder aus dem Verkauf des Materials Profit zu schlagen. Immerhin hatte M. bereits 2015 SPÖ- und ÖVP-nahe Berater mit einem Video gelockt, das HC Strache angeblich mit Drogenkonsum in Verbindung brachte. Für noch wahrscheinlicher hält Wandl es allerdings, dass „politische Auftraggeber“ hinter der Produktion stehen.

Bei der angeblichen Oligarchennichte, deren ungepflegte Füße auch den Argwohn Straches erregten, handelt es sich dem Sicherheitsexperten zufolge um eine Prostituierte. Gerüchte hatten unter anderem Models oder die kasachisch-russische Schauspielerin Lera Kudrjawzewa als angebliche Darsteller ins Spiel gebracht, die entsprechenden Behauptungen erwiesen sich jedoch bislang nicht als belastbar.

„Das ist genau nach meinem Drehbuch passiert“, erklärte Wandl. „Pro Raum setzt man ca. zwei Kameras ein, also insgesamt rund 16 Kameras.“

Wurden noch weitere Personen illegal gefilmt?

Die neuen Informationen über die mutmaßlichen Köpfe hinter dem „politischen Attentat“, wie Strache selbst das Video nannte, werfen auch Fragen darüber auf, ob die Darstellungen jener deutschen Medien, die es veröffentlicht hatten, über die Umstände der Übergabe korrekt waren. Zum einen beteuerten sowohl „Süddeutsche“ als auch „Spiegel“, den Urhebern kein Geld für die Aufnahmen bezahlt zu haben.

Zum anderen hatten die genannten Medien Storys veröffentlicht über einen regelrechten Husarenritt, der sich über mehrere Stunden und Ländergrenzen hinweg vollzogen hätte, bis der Lieferant den Medien-Kontaktleuten endlich den USB-Stick mit dem Video darauf übergeben konnte. Tatsächlich aber liegt die Redaktion der Süddeutschen Zeitung nur 6,2 Kilometer von der Büroanschrift der Detektei Konsic entfernt – was eine Strecke von elf Minuten mit der S-Bahn wäre und auch nur 33 Minuten zu Fuß.

Die Rechercheure von EU-Infothek und Omnia-Detektei konnten eigenen Berichten zufolge bestätigen, dass die Villa, die der Schauplatz der bizarren Inszenierung war, mit zahlreichen Kameras ausgestattet gewesen wäre und immer noch sei. Eine ergänzende Vertiefung der Videoüberwachung wäre somit technisch rasch zu erstellen gewesen. Alle wichtigen Ingredienzien wie WLAN für Fern-Liveübertagung seien an Ort und Stelle vorhanden gewesen und immer noch vorhanden. Die EU-Infothek argwöhnt, dass die Villa und die darin enthaltene Video-Ausstattung sogar schon mehrfach für ähnliche Zwecke benutzt worden sein könnte.

Münchner Firmensitz ist ein Anwaltsbüro

Fachlich handelt es sich bei H. trotz seiner offiziell schlechten Auftragslage um keinen Amateur. Er hatte der „Krone“ zufolge“ bei einem Wiener Unternehmen für Sicherheitsmanagement seine Lehre absolviert, die mit Vortragenden aus aller Welt arbeitete und an deren Tagungen bereits in den 1990er Jahren auch IT-Experten aus dem Innenministerium teilnahmen.

Auf der mittlerweile offline genommenen Webseite der Konsic GmbH war die Rede von „verdeckten Ermittlungsteams, Beweismittelgewinnung und juristischer Begleitung“ als Geschäftsfeld. Man rühmte sich, „renommierte internationale Unternehmen und Konzerne sowie BKA [Bundeskriminalamt, die Red.], BMI [Bundesinnenministerium] und Regierungen innerhalb Europas“ als Kunden gewonnen zu haben. Creditreform war von der Unternehmensbilanz dennoch nicht überzeugt.

Wer die Münchner Firmensitzadresse ansteuert, findet diese in einer Rechtsanwaltskanzlei wieder. Inhaber H. selbst ist nicht anzutreffen. Die fehlende Greifbarkeit eines der Drahtzieher, die Diskrepanz zwischen Wohn- und Firmenadressen in bester Lage, Top-Referenzen in der Selbstdarstellung und offiziell prekären Geschäftszahlen – das alles wirft Fragen auf, deren Beantwortung weitere Rückschlüsse auf mögliche Auftraggeber hinter den ausführenden Personen zulassen. Und darauf, inwieweit dieser gezielte Angriff auf einen Politiker, der im Begriff war, zu einem der führenden in der österreichischen Regierung zu werden, von langer Hand geplant war.



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