USA: Weniger russische Cyberaktivitäten vor den Wahlen – stattdessen mehr aus anderen Ländern

Zwei Monate vor den Zwischenwahlen sehen US-amerikanische Sicherheitsdienste geringere Aktivitäten aus Russland, die den Verdacht erwecken, über den Cyberspace die Willensbildung zu beeinflussen. Stattdessen seien andere Länder verstärkt auf den Geschmack gekommen.
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Die Angst vor globalen Cyberangriffen wächst (Symbolbild).Foto: Ralf Hirschberger/dpa
Von 6. September 2018

Obwohl zwei Monate vor den Zwischenwahlen zum US-Kongress im Vergleich zum Vorfeld der Wahlen im Jahr 2016 weniger feindselige Cyberaktivitäten mit mutmaßlich russischem Ursprung zu beobachten sind, mahnen US-amerikanische Geheimdienste und Beamte des Verteidigungsministeriums weiter zu Wachsamkeit. Dies berichtet der staatliche US-Auslandssender „Voice of America“.

Vor dem Hintergrund verstärkter Anstrengungen der US-Sicherheitsdienste zum Schutz von Wahlunterlagen und Abstimmungssystemen und Versuchen ausländischer Akteure, mithilfe von Desinformationskampagnen in sozialen Medien Einfluss auf die Willensbildung der Bürger zu nehmen, äußerte sich der Direktor der nationalen Nachrichtendienste, Dan Coats, am Mittwoch in Washington:

„Die Bedrohung für die USA im Cyberspace ist, und das wird zu oft vergessen, nicht auf Wahlen in den USA beschränkt. […] Die Nutzung von Cybertools als Waffe und ein relativer Mangel an globalen Schutzsystemen erhöhen in signifikanter Weise das Risiko, dass ein verborgenes Handeln enorme strategische Auswirkungen hat.“

Facebook und Twitter wollen iranische Desinformationskampagne vereitelt haben

Ausländische Online-Einflussversuche nähmen weltweit an Bedeutung zu, betont Coats. Die „robuste“ Kampagne im Vorfeld der Präsidentenwahlen 2016, die dem Geheimdienstchef zufolge von Moskau ausging, scheint sich nach Einschätzung staatlicher und privater Spezialisten nicht zu wiederholen. Stattdessen könnten andere Länder und nichtstaatliche Akteure nach den Berichten über russische Einflussversuche auf den Geschmack gekommen sein und eigene Kampagnen verstärken.

Coats selbst nannte keine spezifischen Namen, der Nationale Sicherheitsberater John Bolton hatte jedoch bereits vor einigen Wochen die Volksrepublik China, den Iran und Nordkorea als mögliche Urheber von Cyberangriffen genannt.

Erst vor zwei Wochen hatten auch die Social-Media-Giganten Facebook und Twitter erklärt, Hunderte von Seiten und Accounts gelöscht zu haben, die mit gezielten Desinformationskampagnen verbunden waren, deren Ursprung im Iran gelegen und die sich an ein Publikum in den USA und auch in anderen Ländern gewandt habe.

Was die Intensität der Angriffe anbelangt, sieht Coats ebenfalls eine beunruhigende Entwicklung. Hackerattacken, Phishing-Kampagnen und Desinformationsversuche würden bei sogenannten „Bad Actors“ immer beliebter, während die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bezüglich dieser Aktivitäten nicht immer stark ausgeprägt sei.

Die Reichweite der Bemühungen nehme zudem ständig zu. Was vor zehn Jahren noch als groß angelegte Kampagne gegolten hätte, wäre heute mehr oder minder zur Routine geworden.

John Rood, Staatssekretär für Politik im Pentagon, hält isolierte Cyberattacken dabei für weniger gefährlich als solche, die Cyberelemente mit traditionellen Formen von Angriffen verbinden, etwa auf Versorgungseinrichtungen:

„Einige unserer Verbündeten und Freunde haben eine Kombination aus Cyberangriffen, Manipulationen des elektromagnetischen Spektrums und physischen Angriffen auf Einrichtungen – zu Wasser, zu Lande und in der Luft – erlebt, unter anderem in der Ukraine und Georgien.“

NSA: Industriespionage größere Gefahr als massiver Hackerangriff

Der stellvertretende NSA-Direktor George Barnes sieht vor allem die Industriespionage als zurzeit größte Gefahr für die USA:

„Ich gehe jetzt nicht von bevorstehenden dramatischen Großangriffen auf uns aus, aber Tag für Tag ereignen sich kleinere. […] Das Problem ist, dass wir uns auf das Große fokussieren und sich die Angriffe währenddessen schleichend vollziehen. Dazu gehört etwa der anhaltende Diebstahl von geistigem Eigentum von unseren Industrien.“

Die starke Abhängigkeit sowohl der Regierungsinstitutionen als auch der Industrie in den USA vom Cyberspace schaffe eine große und verwundbare Angriffsfläche. Barnes meint, dass trotz der verbesserten Zusammenarbeit zwischen Regierungsstellen und privaten Unternehmen im Bereich der Cybersicherheit der Grad der Kooperation noch ausbaufähig sei.   

In einer Situation, in der die USA kontinuierlich bösartigen Cyberaktivitäten ausgesetzt seien, die vonseiten staatlicher und nichtstaatlicher Akteure gesponsert würden, seien die Sicherheitsdienste entschlossen, die identifizierten Akteure noch mehr als bisher beim Namen zu nennen und die Öffentlichkeit zu warnen.

Auch Gegenschläge schließe man nicht aus: „Wir werden nicht einfach am Rande stehen und zusehen“, warnt Dan Coats. „Jede Art von Cyberoperation, ob bösartig oder nicht, hinterlässt Spuren. Unsere Hartnäckigkeit ermöglicht es uns, die Verantwortlichen für zahlreiche Cyberattacken und ausländische Einflussversuche zu identifizieren und öffentlich zu entlarven – und anschließend eine Antwort vorzubereiten.“

Politisches Machtkalkül gefährdet effizientes Vorgehen

Während die Anzahl und Intensität von Cyberkriminalität und feindseligen Akten im Cyberspace weltweit zunimmt, wird ein wirksames Vorgehen gegen diese Art der Gefahr vielfach von macht- und geopolitischen Winkelzügen unterminiert. So werfen Kritiker insbesondere den Demokraten vor, Meldungen über mutmaßliche russische Einflussversuche, obwohl diese sich noch in der Regierungszeit des demokratischen Präsidenten Barack Obama ereignet haben sollen, instrumentalisiert zu haben, um die Legitimität der Wahl Donald Trumps infrage zu stellen.

Demgegenüber werden Stimmen immer lauter, die davon ausgehen, dass Russland gar kein Interesse gehabt habe, Trump zu helfen, tiefe Strukturen in Staat und Geheimdienst, die zum Teil noch auf Sowjetzeiten zurückgehen, hingegen einen weiteren Linksruck der Demokraten zu begünstigen. Russische Geheimdienste hätten demnach nicht Trump, sondern vor allem Senator Bernie Sanders helfen wollen.

Die russische Regierung wiederum bestreitet jedwede Verwicklung in bösartige Cyberaktivitäten und betont, selbst regelmäßig zum Ziel von solchen zu werden. Moskau wirft westlichen Staaten vor, russische Angebote zur Zusammenarbeit zwecks Bekämpfung schlechter Akteure im Cyberspace ohne Not und aus ideologischen Gründen auszuschlagen.



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