Antrittsbesuch in Peking: Maßgeschneiderte Corona-Maßnahmen für Scholz

Der China-Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz wird nur kurz, aber die Aufmerksamkeit ist trotzdem riesig. Denn China hat einen ganz besonderen Schwierigkeitsgrad.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) kommt auf dem Internationalen Hauptstadtflughafen Peking an.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, M) kommt auf dem Internationalen Hauptstadtflughafen Peking an.Foto: Kay Nietfeld/dpa
Epoch Times4. November 2022

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Es ist ein sehr spezieller Empfang, der Bundeskanzler Olaf Scholz am Flughafen von Peking bereitet wird. Menschen in weißen Schutzanzügen rollen den roten Teppich vor seiner Regierungsmaschine aus. Bis er ihn betreten kann, dauert es ein paar Minuten.

Scholz muss für die Einreise nach China erst noch einen dritten PCR-Test machen – nach zweien im Abstand von 24 Stunden vor der Abreise in Berlin. Die Probe nimmt ein Arzt, der aus Deutschland mitgereist ist – allerdings unter chinesischer Aufsicht.

Es gab bisher nur eine Kanzler-Reise, bei der das genauso ablief: Als Scholz im Februar den russischen Präsidenten Wladimir Putin im Moskauer Kreml besuchte – nur wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine. Trotz negativen Tests unterhielten sich die beiden später an einem riesigen Tisch in sechs Meter Abstand.

Zehn Tage Quarantäne bei Kontakt zur „Kanzler-Blase“

Während der Rest der Welt versucht, mit dem Virus zu leben, verfolgt China unverändert eine knallharte Null-Covid-Politik mit Lockdowns, alltäglichen Massentests, strenger Kontrolle, Kontaktverfolgung und Zwangsquarantäne. Trotzdem hat die Zahl der Neuinfektionen gerade in den vergangenen Tagen wieder stark zugenommen. Nach ausländischen Schätzungen gelten gegenwärtig Ausgangsbeschränkungen für zig Millionen Menschen, die für rund ein Zehntel der Wirtschaftsleistung verantwortlich sind.

Für den Bundeskanzler und seine Delegation haben die Chinesen eine große Ausnahme gemacht. Normalerweise hat ein ausländischer Einreisender zehn Tage Quarantäne-Pflicht in China.

Scholz und die ihn begleitenden Mitarbeiter, Unternehmer und Journalisten – insgesamt mehr als 60 Leute – werden während ihres nur elfstündigen Aufenthalts streng abgeschottet. Wer diese „Kanzler-Blase“ betritt, muss für zehn Tage in Quarantäne. Zumindest fast jeder – auch auf chinesischer Seite.

Regierungsmaschine parkt in Südkorea

Und noch ein Kuriosum: Um die Quarantäne für die Crew zu vermeiden, wird der Regierungsflieger des Kanzlers in Südkorea geparkt – 1000 Kilometer Luftlinie von Peking entfernt.

Der Bewegungsradius in Peking ist für Scholz eng begrenzt. Der Kanzler kann lediglich zwischen dem Staatsgästehaus Diaoyutai und der Großen Halle des Volkes pendeln, wo Staats- und Parteichef Xi Jinping erst vor zwei Wochen beim Parteitag der Kommunistischen Partei seine Macht zementierte. Eine dritte Amtszeit hat er nun sicher, die künftige Führungsriege ist ganz auf seiner linken Linie, der Präsident ist so mächtig wie vor ihm nur Mao Zedong, der das Land allerdings ins Chaos gestürzt hatte.

Mittagessen im Goldenen Saal der Großen Halle des Volkes

Im Goldenen Saal dieser Halle des Volkes gab der nun unangefochtene Herrscher des bevölkerungsreichsten Landes der Welt für seinen Gast aus Deutschland ein Mittagessen. Später sollte Scholz vom Ministerpräsidenten Li Keqiang in der Nordhalle mit militärischen Ehren empfangen werden, wie sich das für einen Antrittsbesuch eines Regierungschefs gehört. Anschließend war eine Pressebegegnung geplant. Ob von chinesischer Seite auch Fragen zugelassen werden, war bis zur Landung noch unklar.

Scholz ist der erste westliche Regierungschef, der dem KP-Chef seit dem Parteitag seine Aufwartung macht. Kritiker sehen das als Anbiederung an einen immer unheimlicher werdenden absoluten Herrscher. Scholz ist der Meinung, dass man auch mit schwierigen Staatenlenkern reden muss, jedenfalls wenn sie so mächtig sind wie Xi Jinping – und wenn sie ein Land regieren, von dem Deutschland wirtschaftlich noch abhängiger ist, als es von Russland jemals war.

Platz im Regierungsflieger ist für Manager Gold wert

Begleitet wird Scholz von zwölf Top-Managern, die milliardenschwere Interessen in China verfolgen. Der Platz in der Business Class des Regierungsfliegers ist für sie im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert. In Peking wird genau beobachtet, wem der Kanzler die Ehre gibt. Als Türöffner kann das sehr hilfreich sein. Unter rund 100 Bewerbern wurden zwölf ausgewählt. Volkswagen, Deutsche Bank, BASF, BMW, Siemens. Es sind fast nur Schwergewichte der deutschen Wirtschaft dabei.

Für Scholz ist der Wirtschaftstross im Schlepptau allerdings auch eine Hypothek für diese Reise. Auch wenn die Manager-Truppe viel kleiner als sonst ausfällt: Der Eindruck, Scholz kommt auch als Handelsreisender nach China, lässt sich nicht wegdiskutieren. Der frühere Kanzler Gerhard Schröder ist sogar mal mit zwei Flugzeugen nach China gereist, weil er so viele Vorstandschefs wie möglich mitnehmen wollte.

„Sondierungsreise“: Mal sehen, was noch geht

Jetzt ist das anders. Spätestens seit dem Parteitag ist auch Scholz klar, dass er den pragmatischen, auf wirtschaftliche Zusammenarbeit fokussierten Kurs seiner Vorgängerin Angela Merkel (CDU) gegenüber China so nicht weiterführen kann. Das Reich der Mitte wird immer unheimlicher. China stellt kommunistische Interessen über alles, geht immer rigoroser gegen Oppositionelle und Minderheiten vor, droht Taiwan unverhohlen mit Invasion. Die Furcht vor einem Russland-Szenario, nur noch viel schlimmer, wächst. „Russland ist der Sturm, China ist der Klimawandel“, hat Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang kürzlich gesagt.

Im Umfeld des Kanzlers wird der Kurztrip nach Peking als „Sondierungsreise“ beschrieben. Mal herausfinden, was mit China überhaupt noch geht. Ein Knackpunkt wird dabei sein, wie Xi Jinping es mit Putin hält. Scholz erhofft sich von ihm ein Signal, eine Mahnung an Putin, es nicht zu weit zu treiben. Gerade vor dem G20-Gipfel auf Bali in zwei Wochen, bei dem sich die beiden wiedertreffen und Putin vielleicht auch dabei wäre, könnte das von Bedeutung sein. Die Erfolgschancen werden von Experten aber als gering eingeschätzt.(dpa/yz)



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