Bundestagsdebatte über die Situation in Deutschland

Der Deutsche Bundestag befasst sich in der wahrscheinlich letzten Sitzung dieser Wahlperiode mit der Lage in Deutschland. Es kommen neben Angela Merkel auch die Kanzlerkandidaten zu Wort. Mehr im Ticker.
Epoch Times7. September 2021

In der vermutlich letzten Plenarsitzung des Bundestags vor der Wahl planen die Parteien einen umfassenden Schlagabtausch: In der auf drei Stunden angesetzten Debatte „zur Situation in Deutschland“ am Dienstag (ab 09.00 Uhr) präsentieren die Fraktionen ihre Positionen zu aktuellen Fragen.

In der Sitzung stehen zwei wichtige Beschlüsse an: So entscheiden die Abgeordneten abschließend über die Einrichtung eines 30 Milliarden Euro umfassenden Sonderfonds für den Wiederaufbau in den Hochwassergebieten. Zudem stimmen sie über die Neufassung des Infektionsschutzgesetzes ab.

Danach soll künftig die Hospitalisierungsrate ein wesentlicher Maßstab bei der Verhängung von Corona-Maßnahmen sein. Zudem soll eine Auskunftspflicht für Mitarbeiter in Kitas, Schulen und Pflegeheimen über ihren Corona-Impfstatus festgeschrieben werden.

+++ Newsticker +++

Lindner: Kontinuität wäre „das größte Risiko für unser Land“

FDP-Fraktionschef Christian Lindner ist in der wohl letzten Sitzung des Bundestags vor der Wahl mit der Bundesregierung hart ins Gericht gegangen. Deutschland sei „nicht in der Verfassung, die unseren Ansprüchen genügen sollte“, sagte der Parteichef und Spitzenkandidat am Dienstag. „Das Problem ist eine Regierung, die dieses Land fortwährend unterfordert und bürokratisch fesselt.“

„Heute wäre Kontinuität das größte Risiko für unser Land“, warnte Lindner. Seine Partei schaue nicht pessimistisch in die Zukunft, sondern sei überzeugt, dass Deutschland große Herausforderungen wie den Kampf gegen den Klimawandel nicht nur bewältigen könne, „sondern dass in ihnen auch Chancen liegen“. Das Land habe „unglaublich viel private Initiative“, privates Know-how und privates Kapital.

Lindner unterstrich die Bedeutung einer starken Privatwirtschaft. Grundlage für alle sozialen und ökologischen Ziele sei „ein stabiles wirtschaftliches Fundament“. Ohne starke Wirtschaft seien beispielsweise die Versprechen der SPD in diesen Bereichen eine „unfinanzierbare Träumerei“, sagte Lindner an die Adresse von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gerichtet, der unmittelbar vor ihm gesprochen hatte.

Zum Kampf gegen den Klimawandel sagte Lindner, Deutschland könne hier Vorreiter sein und zeigen, „dass Klimaschutz nichts Belastendes ist“. Von einem „Weg des Verzichts und der Verbote“ rate seine Partei ab.

Weidel wirft großer Koalition Versagen in zentralen Bereichen vor

In der vermutlich letzten Bundestagsdebatte vor der Wahl hat AfD-Fraktionschefin Alice Weidel der großen Koalition Versagen in zentralen Politikbereichen vorgeworfen. Dem Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) werde ein „Sanierungsfall hinterlassen“, das Land sei „verunsichert und gespalten“. Deutschland habe den „höchsten Schuldenberg in der Nachkriegsgeschichte“. Weidel kritisierte zudem die Flüchtlings- und Energiepolitik der Regierung sowie den Umgang mit der Corona-Krise.

Weidel nannte die Asyl- und Migrationspolitik die „größte Fehlleistung der Amtszeit von Bundeskanzlerin Angela Merkel“. Auch die „fehlgeleitete Klimaschutz- und Energiewendepolitik“ werde die Bürger teuer zu stehen kommen. Durch das gleichzeitige Abschalten von Kohle- und Atomkraftwerke werde dem Industrieland Deutschland der „Lebensnerv“ geraubt. Die AfD-Politikerin nannte Deutschland erneut einen „Hippiestaat“.

Mit Blick auf die Corona-Krise warf Weidel der großen Koalition vor, sie habe „abermals Versprechen“ gebrochen. Die Regierung habe ursprünglich gesagt, dass die Corona-Auflagen endeten, sobald jedem ein Impfangebot gemacht worden sei. Das Thema Impfen sei eine individuelle Entscheidung und liege in der Verantwortung jedes Einzelnen. Die Regierung übe dagegen „faktischen Impfzwang aus“, so der Vorwurf der AfD-Fraktionschefin.

Merkel wirbt im Bundestag offensiv für Laschet

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in ihrer mutmaßlich letzten Rede im Bundestag offensiv dafür geworben, den Unions-Kanzlerkandidaten Armin Laschet zu ihrem Nachfolger zu küren. „Der beste Weg für unser Land ist eine CDU/CSU-geführte Bundesregierung mit Armin Laschet als Bundeskanzler“, sagte sie am Dienstag. „Denn seine Regierung wird für Stabilität, Verlässlichkeit, Maß und Mitte stehen. Das ist genau das, was Deutschland braucht.“

Merkel betonte, die Bundestagswahl sei eine „Richtungsentscheidung“ für Deutschland „in schwierigsten Zeiten“. Die Bürger hätten die Wahl: Entweder werde es eine Regierung mit SPD und Grünen geben, die eine Unterstützung durch die Linke „in Kauf nimmt“ oder zumindest nicht ausschließe. Oder es werde eine von Laschet geführte Regierung geben, „die mit Maß und Mitte unser Land in die Zukunft führt“.

Merkels Wahlkampfäußerungen wurden mit zahlreichen lauten Zwischenrufen quittiert. Unter anderem war der Ausruf „Schämen Sie sich“ zu hören.

„Ich sage ja nur die Wahrheit“

Merkel reagierte kämpferisch: „Ich sage ja nur die Wahrheit“, kommentierte sie ihre Ausführungen zu einer möglichen Regierungszusammenarbeit von SPD, Grünen und Linken. Außerdem wisse sie nicht, „wo, wenn nicht hier“ solche Fragen diskutiert werden sollten, sagte die Kanzlerin weiter.

Namentlich griff sie zudem den SPD-Kanzlerkandidaten und Vizekanzler Olaf Scholz an. Dieser hatte im Versuch, Menschen für die Corona-Schutzimpfung zu gewinnen, die bereits Geimpften als „Versuchskaninchen“ bezeichnet, bei denen alles gut gegangen sei.

Natürlich sei aber nie jemand bei der Corona-Impfung ein Versuchskaninchen gewesen, sagte Merkel – „weder Olaf Scholz noch ich und auch sonst niemand“. Schließlich seien die Impfstoffe umfassen klinisch geprüft und behördlich zugelassen worden. Wer Menschen vom Impfen überzeugen wolle, müsse dies mit Argumenten tun „und nicht mit, zurückhaltend formuliert, schiefen Bildern von Versuchskaninchen“, forderte Merkel.

Sie nutzte ihre Rede zugleich für eine positive Bilanz ihrer Regierungszeit. Unter anderem seien wichtige Weichenstellungen beim Klimaschutz erfolgt. Auch bei Themen wie Digitalisierung, Kampf gegen Rechtsextremismus sowie der Förderung von Wissenschaft und Forschung seien Fortschritte gemacht worden. (afp/oz/dts/dpa)



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