FDP-Vize Kubicki: Mit „Mut und Perspektiven“ überzeugen – nicht mit „Panik“

FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki zeigt sich im Interview mit "Focus"-Online erleichtert über die Tatsache, dass Bundeskanzlerin Merkel bald ihr Amt niederlegt. In Bezug auf die Corona-Maßnahmen wünscht sich der Rechtsanwalt eine Rückkehr zu den Grundrechten.
Titelbild
Wolfgang Kubicki macht sich seine Gedanken.Foto: TOBIAS SCHWARZ/AFP via Getty Images
Epoch Times16. August 2021
FDP-Politiker Wolfgang Kubicki stand „Focus“-Online unlängst Frage und Antwort zu aktuellen Brennpunkten wie der Bundestagswahl, der Corona-Krise und der Lage in Afghanistan. Von den jüngsten Beschlüssen des Bund-Länder-Gipfels hält Kubicki nicht allzu viel. Zudem zeigte er sich froh darüber, dass Angela Merkel „bald aus ihrem Amt als Bundeskanzlerin ausscheidet“.

Zur Impfquote und einem Leben nach der Corona-Krise

Die Bund-Länder-Beschlüsse haben dazu geführt, dass sich wieder mehr Menschen in Deutschland impfen lassen. „Focus“ fragte FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki, wie er zu den Regel-Verschärfungen stehe, die hauptsächlich die Notlage-Verlängerung, das Ende der Gratis-Tests sowie die Ungeimpften-Testpflicht betreffen.

Die über 50-Jährigen seien im Wesentlichen durchgeimpft, bei den über 60-Jährigen läge die Impfquote bei 85 Prozent. Die vulnerablen Gruppen seien demnach geschützt, betonte Kubicki. Bei den jungen Leuten zwischen 15 und 24 gäbe es die höchste Anzahl positiv Getesteter, dies müsse aber niemanden beunruhigen, viele seien symptomlos oder hätten nur schwache Symptome.

Der reine Inzidenzwert habe „keine wirkliche Aussagekraft mehr“ über das Pandemiegeschehen, fuhr der FDP-Politiker fort. Allerdings würden nur zwei Bundesländer, Niedersachsen und Baden-Württemberg, davon abweichen und nicht mehr aufgrund dieses einzelnen Wertes grundrechtsbeschränkende Maßnahmen ableiten.

Kubicki verwies diesbezüglich auf die Aussage der WHO, die erklärte: Das Coronavirus wird die Menschen ein Leben lang begleiten. Regelmäßiges Impfen könne dagegen schützen, sagte Kubicki und betonte: Die Gesellschaft müsse lernen, anders als mit rigorosen Maßnahmen mit dem Virus umzugehen.

Auf die Frage, warum die Bundesregierung an der Inzidenz festhalte, gab der FDP-Politiker zu bedenken, dass das Bundeskanzleramt „in ihrer eigenen Blase“ festsitze. Man habe sich dort auf den „Angstmodus“ eingestellt und komme jetzt nicht mehr davon los.

Dänemark und die Rückkehr der Grundrechte

Ein gutes Beispiel sei Dänemark, so Kubicki weiter. Dort habe man alle über 50-Jährigen mit dem Impfangebot geschützt und nun alle Maßnahmen aufgehoben. Trotz steigender Inzidenz habe es keine übermäßige Belastung des Gesundheitssystems gegeben. Es gebe auch für Deutschland eine verfassungsrechtliche Pflicht, langsam zur Normalität zurückzukehren. Der Rechtsanwalt warnte davor, im „Panikmodus“ zu verbleiben.

Die Konferenz der Länderverantwortlichen mit Kanzlerin Merkel hat gewisse Punkte – wie etwa die Schulfrage – offengelassen. Kubicki sagte, das wundere ihn nicht: Seit einem Jahr werde über Lüftungssysteme in Schulen gesprochen, aber bisher „ist nichts eingebaut worden“. Die Filter könnten Viren herausziehen und damit das Risiko einer Übertragung senken.

Es sei auch nicht verständlich, so Kubicki weiter, warum bei einem positiven Test gleich die ganze Klasse in Quarantäne geschickt werde. Dieser „Panikmodus“, dass die Menschheit umgehend aussterben würde und man sich täglich aufs Neue Sorgen machen müsse… dieses Gefühl sei ständig da. „Wir überzeugen aber mit Mut und Perspektiven und nicht mit Panik“, so der Politiker.

„Jahre des Stillstandes“ bald zu Ende

Unterdessen zeigte sich der Politiker erleichtert, dass die Ära Angela Merkel und „die Jahre des Stillstandes“ zu einem Ende kommen. Deutschland hinke in so vielen Bereichen hinterher, sagte er. Die Idee, dass Deutschland im digitalen Bereich an der Spitze mitlaufe, habe sich als Illusion erwiesen und in Luft aufgelöst. Nur etwa 20 Prozent der Kinder würden am Homeschooling teilnehmen, weil es an Endgeräten und an stabilen Internetverbindungen mangele. Der Aufholprozess dürfte schwer und mühsam werden, beklagte Kubicki.

Dass es so wenige kritische Stimmen zu den Corona-Maßnahmen der Bundesregierung gebe, begründete der FDP-Politiker damit, dass zu Beginn der Pandemie, als niemand wusste, was es mit Corona auf sich hatte, der Sicherheitsgedanke vorherrschend war. Auch die FDP habe mehrheitlich die Maßnahmen der Regierung unterstützt.

Mittlerweile wisse man aber deutlich mehr, so Kubicki. Jede Erkrankung sei schlimm, doch die Undifferenziertheit der Lockdown-Maßnahmen der Bundesregierung sei dennoch „problematisch“. Es müsste nach anderthalb Jahren möglich sein, präziser auf die Bedrohung des Virus zu reagieren, erklärte er.

Kanzleramtsminister Helge Braun habe im März noch gesagt, wenn alle ein Impfangebot hätten, würden die Maßnahmen aufgehoben. Warum das heute nicht mehr gelte, erschließe sich ihm nicht. Die Delta-Variante habe es auch damals schon gegeben.

Afghanistan und der Vormarsch der Taliban

Über die prekäre Lage in Afghanistan und die damit verbundene Flüchtlingskrise sagte Kubicki: Die FDP habe schon früher gesagt, dass Deutschland ein Zuwanderungsland sei. Aber Zuwanderung müsse gesteuert werden. Deutschland sei „maßlos überfordert“, wenn innerhalb kurzer Zeit wieder ein bis zwei Millionen Menschen aufgenommen werden müssten. Es gebe keinen Wohnraum, keine ordentliche Versorgung und es gebe in der Größenordnung auch keine Ausbildungsmöglichkeiten für zugewanderte Afghanen.

„Eigentlich sollten diejenigen nach Deutschland kommen, die gut ausgebildet sind und sich schnell integrieren können“, sagte Kubicki. Bei der derzeitigen Lage sehe er die Gefahr, dass sich sehr viele Menschen aus Afghanistan auf den Weg nach Deutschland machen würden. „Das wird eine echte Herausforderung“. Gespräche mit Regierungsvertretern aus dem Iran und der Türkei wären nötig, um einen „Massenansturm auf Europa zu kanalisieren oder zu verhindern“. (nw)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion