Mehr als ein Drittel der Kriegswaffenexporte an die Türkei

Sei es der Einmarsch in Syrien oder die Waffenlieferungen an Libyen: Das Agieren der Türkei wird von der Bundesregierung kritisch gesehen. Waffenlieferungen an den Nato-Partner gab es aber immer noch.
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Ein Leopard 2A4 der türkischen Armee ist auf dem Weg nach Syrien.Foto: -/XinHua/dpa/dpa
Epoch Times23. Juni 2020

Die Türkei hat 2019 Kriegswaffen für 344,6 Millionen Euro aus Deutschland erhalten und damit mehr als ein Drittel der gesamten deutschen Kriegswaffenexporte. Das geht aus einem vom Wirtschaftsministerium als Verschlusssache eingestuften Dokument hervor, das der dpa vorliegt.

Die Türkei war damit das zweite Jahr in Folge die Nummer eins unter den Empfängerländern deutscher Kriegswaffen. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr Waffen mit einem Wert von 823,6 Millionen Euro exportiert.

Bereits 2018 machten die Lieferungen an den Nato-Partner Türkei mit 242,8 Millionen Euro fast ein Drittel aller deutschen Kriegswaffenexporte (770,8 Millionen Euro) aus. Nach dem Einmarsch türkischer Truppen in Syrien im Oktober 2019 hatte die Bundesregierung zwar einen teilweisen Rüstungsexportstopp gegen die Türkei verhängt. Er gilt aber nur für Waffen, die im Syrien-Krieg eingesetzt werden können. Bei den im vergangenen Jahr gelieferten Waffen handelte es sich dem Dokument zufolge ausschließlich um Ware aus dem „maritimen Bereich“.

Rüstungsexporte in die Türkei sind nicht nur wegen des Einmarschs türkischer Truppen in Syrien umstritten. Die Türkei wird von den Vereinten Nationen auch zu den Ländern gezählt, die mit Waffenlieferungen in den Krieg in Libyen eingreifen. In der vergangenen Woche folgte ein Militäreinsatz im Norden Iraks gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK, die von der Türkei als terroristische Organisation angesehen wird. Andererseits gehören Deutschland und die Türkei als Nato-Mitglieder aber auch demselben Militärbündnis an.

Im Rüstungsexportbericht für 2019, den die Bundesregierung in der vergangenen Woche veröffentlichte, ist die Exportzahl für die Türkei nicht enthalten. Seit dem vergangenen Herbst macht die Bundesregierung für die meisten Empfängerländer keine Einzelangaben mehr. In dem aktuellen Bericht betrifft das 35 der insgesamt 45 Staaten, die 2019 Kriegswaffen aus Deutschland erhalten haben. Die Begründung: „Dem Statistischen Bundesamt zu Folge kann nicht ausgeschlossen werden, dass anhand der hier aufgelisteten Einzelangaben eine Re-Identifizierung betroffener Unternehmen möglich ist. Eine Veröffentlichung kann daher zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht erfolgen.“

Parlamentarier erhalten die Angaben zwar auf Nachfrage. Die Informationen sind aber vertraulich eingestuft und damit nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Linke und Grüne kritisieren diese Praxis. „Dass die Bundesregierung bei der Transparenz von Rüstungsexporten derart zurückfällt ist skandalös“, sagt die Grünen-Rüstungsexpertin Katja Keul.

Die Linke fordert einen kompletten Rüstungsexportstopp gegen die Türkei. „Offenbar gilt: Wer am meisten Krieg führt, erhält die meisten Waffen von der Bundesregierung“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Jede Kriegswaffenlieferung an Erdogan ist ein Skandal.“ Die Linken-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen nannte die Rüstungsexporte an die Türkei „schlicht unerträglich“. Die Rüstungslieferungen könne der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan „nur als Ermutigung verstehen, weiter zu zündeln“.

Keul rechnet auch im laufenden Jahr mit Kriegswaffenlieferungen in die Türkei in großem Umfang. „Da für die Türkei in der Vergangenheit bekanntermaßen mehrere U-Boote genehmigt wurden und die Abwicklung dieser Geschäfte langwierig sind ist davon auszugehen, dass auch für das Jahr 2020 hohe Beträge bei den Kriegswaffenausfuhren anfallen werden.“

Zu den Kriegswaffen zählen zum Beispiel Panzer, Artilleriegeschütze, Kriegsschiffe oder Kampfflugzeuge. Sie machen nur einen Teil der militärischen Rüstungsgüter insgesamt aus, zu denen auch Sanitätsfahrzeuge oder Minenräumgeräte gehören. (dpa)



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