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Generaldebatte im Bundestag

Merz: Deutschland steht vor größter Bewährungsprobe - Opposition spricht von Stillstand

Die Generaldebatte im Bundestag über den Bundeshaushalt 2026 geriet zum Schlagabtausch über die grundsätzliche Richtung der Politik. Bundeskanzler Merz beschwor die Notwendigkeit von Reformen, Wachstum und einem neuen gesellschaftlichen Konsens. Opposition und Koalitionspartner übten scharfe Kritik – von Populismusvorwürfen bis zur Anklage einer „Schuldenorgie“.

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Der Kanzler ist im Verteidigungsmodus in der Generaldebatte am 24. September 2025.

Foto: Michael Kappeler/dpa

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Lesedauer: 8 Min.


In Kürze:

  • Generaldebatte im Bundestag zum Bundeshaushalt 2026
  • Merz ruft zu Reformen und einem „neuen Konsens der Gerechtigkeit“ auf
  • Opposition wirft Union und Kanzler Populismus, „soziale Schieflage“ und „Schuldenorgie“ vor

 
Am Mittwoch, 24. September, fand im Bundestag eine dreieinhalbstündige Generaldebatte zur Politik der Bundesregierung und des Bundeshaushalts 2026 statt. Bundeskanzler Friedrich Merz, die Vorsitzenden der Fraktionen und weitere Redner meldeten sich zu Wort.
Aufhänger in der Sache war der Etat von Bundeskanzler und Bundeskanzleramt – tatsächlich ging es jedoch um eine generelle Bestandsaufnahme zur Regierungspolitik und des Haushalts 2026. Es war die zweite Generalaussprache innerhalb von zwei Wochen.

Merz will Bewusstsein für „Unausweichlichkeit von Veränderungen“ schaffen

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) war der UN-Generaldebatte in New York ferngeblieben, um jene im Bundestag bestreiten zu können. Er betonte, Deutschland stehe als Land vor „einer der größten Herausforderungen seiner Geschichte“. Sogar die gesamte westliche Wertegemeinschaft stehe vor ihrer „vielleicht größten Bewährungsprobe“. Vor allem die deutsche Wirtschaft sei von offenen Märkten und einer „regelbasierten Ordnung“ abhängig.
Merz sprach in seiner Rede ungewöhnlich wenig über außenpolitische Themen – obwohl er beteuerte, dass sich Außen- und Innenpolitik nicht mehr trennen ließen. Stattdessen betonte er die Wichtigkeit von Wachstum und Reformen, um die Infrastruktur zu finanzieren und wettbewerbsfähig bleiben zu können.
Es sei viel zu tun, und in den Betrieben, Gewerkschaften und Verbänden sei eine tiefe Besorgnis zu verzeichnen. Es bestehe akuter Handlungsbedarf in der Steuerpolitik, bei der Entbürokratisierung und in der Energiepolitik. Eine Zustimmung zu echten Reformen sei im Land vorhanden. Die Bundesregierung habe vor, einen „neuen Konsens der Gerechtigkeit“ zu erreichen. Das Bewusstsein für eine „Unausweichlichkeit von Veränderungen“ sei erforderlich.

Entscheidungen „aus der Mitte unserer demokratischen Ordnung“ treffen

Dabei wolle Merz nicht konfrontativ, sondern kompromissbereit regieren. Er betonte in seiner Rede: „Wir müssen aus der Mitte unserer demokratischen Ordnung Entscheidungen treffen, ohne dass daraus Hass und Hassrede wird.“
Es seien auch schon einige Reformen in Gang gebracht worden. Vorwürfe, die Menschen im Land merkten nicht genug davon, dass etwas vorankäme, wies Merz zurück. Es komme in einer Marktwirtschaft nicht darauf an, zu verteilen, sondern Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit wieder zu ermöglichen. Dazu werde es demnächst eine eigene, zweitägige Klausur geben. Zudem kündigte er zeitnahe Gipfeltreffen mit der Auto- und Stahlindustrie an.
Merz erklärte, Ziel seiner Reformen sei „nicht der Abbruch des Sozialstaats, sondern […] der Erhalt des Sozialstaats, so wie wir ihn wirklich brauchen“. Außerdem wolle er „Klimaschutz ohne Ideologie“ betreiben. Auf Zwischenrufe aus den Reihen der Grünen betonte er, dass er mit diesem Ansatz im Einklang mit der Mehrheit der Bevölkerung stehe. Dies lasse sich, so Merz auf die Grünen gemünzt, „auch aus Ihren Wahlergebnissen ablesen“.

Haßelmann sieht Politik nicht nahe genug an der Bevölkerung

Die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, warf der Union hingegen vor, das „Gift des Populismus“ zu befeuern. Sie polarisiere durch persönliche Angriffe auf Politiker und schaffe eine „soziale Schieflage“ statt Reformen. Merz halte seine Versprechen nicht und sein Kompass sei „vielen nicht mehr klar, und er ist nicht mehr sichtbar“.
Obwohl die Menschen im Land die Krise der Bahn als „demokratiezersetzend“ empfänden, lasse Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zu, dass die Pünktlichkeitsvorgaben aufgeschoben würden. Die Investitionen in Bereiche wie Infrastruktur, Schulen und Kitas ließen auf sich warten.
Die Politik sei nicht nahe genug an der Bevölkerung, äußerte Haßelmann.
Sie kritisierte, dass Merz angekündigt habe, er werde den Ausbau erneuerbarer Energien „rückabwickeln“. Diese „Politik der 80er- und 90er-Jahre“ versuche Ministerin Katherina Reiche nun „als Wirtschaftspolitik zu verkaufen“.

AfD kritisiert Merz für „Schuldenorgie“ – Spahn fordert Offenheit für Innovation

Für die AfD hatte Co-Parteichef Tino Chrupalla als Redner der größten Oppositionsfraktion die Debatte eröffnet. Er warf der Bundesregierung eine „Schuldenorgie“ vor und einen leichtfertigen Umgang mit dem „Kapital der früheren Generationen“. Er rief Merz dazu auf, die „Brandmauer“ einzureißen und mit denen zusammenzuarbeiten, die es „wirklich gut mit Deutschland und seinen Bürgern meinen“. In Kommunen und Landtagen finde eine solche Zusammenarbeit längst statt.
Später warf seine Amtskollegin Alice Weidel der Union vor, Wahlversprechen zu brechen und trotz Schuldenpolitik nicht einmal die infrastrukturelle Substanz etwa im Straßenbau zu erhalten. Zinsen würden teurer, weil man Schulden mit weiteren Schulden bezahle. Man halte an den Klimazielen fest und betreibe die „ideologisch motivierte Maschinenstürmerei an Kernkraftwerken“ weiter. Die Insolvenzwelle des Vorjahres mit 22.000 Firmenpleiten werde im laufenden Jahr sogar noch einmal übertroffen.
CDU-Fraktionschef Jens Spahn betonte, die Bundesregierung setze auf Wachstum, denn dieses stärke Demokratie und Akzeptanz. Das Eigenheim für arbeitende Menschen müsse wieder erschwinglich werden, das Aufstiegsversprechen wieder gelten – dies zu ermöglichen helfe gegen Extreme. Die Menschen wollten keine maximale Polarisierung.
Außerdem benötige Deutschland auch Innovation. Bald würde Technologie ermöglichen, dass Blinde wieder sehen und Gelähmte wieder gehen könnten. Die Menschen in Deutschland sollten davon profitieren. Auch die Kernfusion solle in Deutschland stattfinden – nicht wie der Transrapid in China.

SPD mahnt Tempo bei Bürokratieabbau und Wohnungsbau an

Die Chefin der Linksfraktion, Heidi Reichinnek, wiederum warf Merz vor, in dessen Haushaltsvorlage sei „nichts enthalten, was das Leben der Menschen in diesem Land verbessert“. Stattdessen gebe es jede Menge Verschlechterungen. Ein Beispiel dafür sei die Verteuerung des Deutschlandtickets für die Bahn, das laut Koalitionsvertrag bis 2029 preisstabil bleiben sollte.
Etwa die Hälfte der Menschen in Deutschland hätte sich bereits Geld leihen müssen. Die Regierung finanziere zuvor aus dem Haushalt bezahlte Aufgaben nun aus den Sondervermögen. Reale Investitionen fänden nicht statt, das Land werde „auf Verschleiß gefahren“, es fließe nicht genug in die Bildung.
SPD-Fraktionschef Matthias Miersch mahnte, das Geld, das der Bund ausgebe, müsse bei den Menschen ankommen. Es sei erforderlich, dass Genehmigungsverfahren verschlankt, Bürokratie abgebaut, die Digitalisierung vorangetrieben und der „Bau-Turbo“ zur Stärkung auch des sozialen Wohnungsbaus im Parlament schnell beschlossen würden. Die SPD wolle Deutschland „sicher gerecht voranbringen“. Miersch warf Haßelmann vor, mit ihrem „Politikerbild der abgehobenen Kaste“ ein „gefährliches“ Narrativ zu bedienen. Die Parteikollegin Mierschs, Wiebke Esdar, mahnte, der Investitionsstau fange „in den Kommunen an“.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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