Merz und Pistorius in Litauen: Militärische Ehren und Übergabe der Truppenfahne
Heute nimmt in Litauen die deutsche Panzerbrigade 45 ihren Dienst auf. Das Verteidigungsministerium sieht die Stationierung als „eine der komplexesten und ambitioniertesten Vorhaben der Bundeswehrgeschichte“. Kritiker befürchten, das Engagement im Baltikum könnte die Truppe überfordern.
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Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius bei der ersten Verabschiedung von Soldaten für Litauen am 8. April 2024. Litauen grenzt an die Suwalki-Lücke, eine strategische Region, die Polen mit den baltischen Staaten verbindet.
Zwei Jahre nach der Entscheidung, rund 5.000 deutschen Soldaten zur Sicherung der NATO-Ostflanke in Litauen zu stationieren, nimmt die Panzerbrigade 45 ihren Dienst auf. Zum feierlichen Appell mit 800 Soldaten auf dem Kathedralenplatz in Vilnius reisen Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gemeinsam aus Berlin an.
In Vilnius trifft Merz zudem Staatspräsident Gitanas Nauseda. Nach einem Empfang mit militärischen Ehren und einem Vier-Augen-Gespräch ist gegen 11:10 Uhr eine Pressekonferenz angesetzt.
„Ich hoffe, dass dies ein wichtiger Impuls für die weitere Verbesserung unserer militärischen Zusammenarbeit mit diesem für uns sehr wichtigen Partner sein wird“, sagte Nauseda kürzlich bei der Ankündigung des Besuchs.
Neuland für die Bundeswehr
Mit der Stationierung der Litauen-Brigade betritt die Bundeswehr Neuland: Erstmals wird ein Truppenverband dauerhaft im Ausland stationiert.
Beim feierlichen Aufstellungsappell wird die Panzerbrigade 45 offiziell zur „vollwertig aufgestellte Brigade des deutschen Heeres“, wie ein Specher der Bundeswehr sagte. Sie erhält den Namen „Litauen“ sowie Fahnenbänder und eine Truppenfahne.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (M.) verabschiedete Anfang April 2024 das Vorkommando der Brigade Litauen auf dem militärischen Teil des Flughafens Berlin-Brandenburg.
Foto: Kay Nietfeld/dpa
Im Februar 2026 sollen die etwa 1.000 Soldaten aus der multinationalen Battlegroup in die Brigade integriert werden, die dann auf zirka 1.800 Soldaten anwächst. Mitte 2026 soll die Truppenstärke etwa 2.000 erreichen.
Anschließend werden die beiden Kampftruppenbataillone – das Panzerbataillon 203 in Augustdorf und das Panzergrenadierbataillon 122 – schrittweise nach Litauen verlegt, sofern, die nötige Infrastruktur bereitsteht. Bis 2027 sollen rund 4.800 Bundeswehrsoldaten und 200 zivile Mitarbeiter in Litauen stationiert sein.
Die Stationierung stellt die Bundeswehr vor große Herausforderungen, da es vielerorts an Material und Personal fehlt. Kritiker befürchten, das Engagement im Baltikum könnte die Truppe überfordern.
Bis 2027 bis zu 5.000 Soldaten
Pistorius hatte die Entscheidung im Juni 2023 bei einem Besuch in Litauen nach langer Diskussion verkündet. Er erinnerte daran, dass Deutschland bis zum Ende des Kalten Krieges an der Ostflanke der NATO lag und auf die Unterstützung der Partner angewiesen war. Heute seien Polen und das Baltikum in dieser Situation.
„Und wir als Bundesrepublik Deutschland bekennen uns ausdrücklich zu unserer Verantwortung und zu unserer Verpflichtung, als NATO-Mitgliedsland, als größte Volkswirtschaft in Europa für den Schutz der Ostflanke einzutreten“, so Pistorius.
Die Brigade soll bis 2027 voll einsatzfähig sein. Geplant ist eine dauerhafte Präsenz von bis zu 5.000 Soldaten. Ihr Hauptstandort wird eine noch zu bauende Kaserne mit Truppenübungsplatz in Rudninkai nahe der Grenze zu Belarus sein. Bis zur Fertigstellung gibt es Übergangslösungen in litauischen Kasernen nahe Vilnius.
Nach und nach wird aus einem Waldstück in der Nähe von Rudninkai die Infrastruktur für 5.000 deutsche Soldaten. Bei dem Gelände, das etwa 12 km von der Grenze zu Weißrussland entfernt liegt, handelt es sich um einen ehemaligen sowjetischen Truppenübungsplatz.
Foto: Sean Gallup/Getty Images
Familien der Soldaten können nach Litauen mitziehen. In den Großstädten Vilnius und Kaunas sollen Wohnsiedlungen, Arbeitsmöglichkeiten, Kitas, Schulen und Freizeitangebote entstehen. Die Bundeswehr ist seit 2017 in Litauen präsent. Derzeit sind etwa 400 Angehörige der Truppe dort stationiert.
Die Suwalki-Lücke: Strategisches Nadelöhr
Litauen grenzt an Belarus, einen engen Verbündeten Russlands, sowie an die russische Exklave Kaliningrad.
Zwischen diesen beiden Ländern verläuft die sogenannte Suwalki-Lücke, ein schmaler NATO-Korridor, der Litauen mit Polen verbindet. Sollte Russland diesen Korridor einnehmen, wäre das Baltikum vom restlichen NATO-Gebiet abgeschnitten.
Die deutsche Truppenpräsenz ist daher von großer Bedeutung für Litauen, das 2,8 Millionen Einwohnern zählt. Die litauischen Armee umfasst 15.000 Soldaten, darunter 3.500 Wehrpflichtige. Bis 2030 soll die Truppenstärke auf 17.000 bis 18.000 Soldaten steigen.
Litauen erhöht Verteidigungsausgaben
Der Ukraine-Krieg wird von vielen Litauern als direkte Bedrohung wahrgenommen. Die Regierung in Vilnius investiert daher massiv in die Aufrüstung der Armee. Ab 2026 sollen die Verteidigungsausgaben zwischen fünf und sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen.
Für Friedrich Merz ist es der erste Truppenbesuch als Kanzler. Er ist der erste Bundeskanzler, der selbst bei der Bundeswehr diente. Der CDU-Politiker leistete 1975 und 1976 seine 15 Monate Wehrdienst an den Standorten Clausthal-Zellerfeld im Harz, Warendorf und Dülmen in Nordrhein-Westfalen und Kusel in Rheinland-Pfalz.
Sein Vorgänger Olaf Scholz (SPD) verweigerte den Kriegsdienst. Auch frühere Kanzler wie Angela Merkel, Gerhard Schröder oder Helmut Kohl dienten nicht in der Bundeswehr. (afp/dpa/red)
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