Brexit-Countdown, Sackgasse im Parlament und Sturheit in Brüssel

Die beiden Kandidaten Boris Johnson und Jeremy Hunt haben Großbritannien vor allem eines versprochen: endlich den Brexit zu liefern. Beide haben sich für Nachverhandlungen des Brexit-Vertrags ausgesprochen. Wenn kein weiterer Aufschub in Brüssel beantragt, scheidet Großbritannien am 31. Oktober quasi automatisch aus der EU aus.
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Big Ben und eine der typischen roten Telefonzellen in London.Foto: iStock
Epoch Times22. Juli 2019

Im Rennen um die Nachfolge der britischen Premierministerin Theresa May haben die beiden Kandidaten Boris Johnson und Jeremy Hunt vor allem eines versprochen: endlich den Brexit zu liefern. Der künftige Regierungschef wird aber vor ganz ähnlichen Herausforderungen stehen wie seine Vorgängerin.

Nur noch wenig Zeit bis zum EU-Austritt

Großbritannien soll die EU am 31. Oktober verlassen – dem neuen Premierminister bleiben also nur wenige Monate, um das Dauerproblem zu lösen. May hatte das Austrittsdatum zwei Mal verschoben, weil sie mit ihrem mit der EU ausgehandelten Brexit-Deal im Londoner Parlament gescheitert war.

Johnson hat versprochen, Großbritannien zum 31. Oktober auf jeden Fall aus der EU zu führen. Auch Hunt will den Brexit so schnell wie möglich liefern – er schließt eine erneute kurze Verschiebung aber nicht aus, wenn sich eine neue Vereinbarung mit Brüssel abzeichnet. Beide haben nicht ausgeschlossen, notfalls auch ohne Abkommen aus der EU auszutreten.

Verfahrene Situation im Parlament

Die Abgeordneten im britischen Unterhaus haben Mays Brexit-Deal drei Mal durchfallen lassen – sie haben aber auch gegen den gefürchteten No-Deal-Brexit ohne Abkommen gestimmt. Um aus dieser Sackgasse zu kommen, muss der neue Premierminister um Zustimmung für seinen Kurs werben und zuerst einmal die tief gespaltene Konservative Partei zusammenbringen.

Außerdem muss er die Gunst der nordirischen DUP zurückgewinnen, auf deren Unterstützung die Tories seit der Unterhauswahl 2017 angewiesen sind. Die DUP hatte Mays Brexit-Deal aber wegen der Regelungen zur nordirischen Grenze abgelehnt.

Sturheit in Brüssel

Johnson und Hunt haben sich beide für Nachverhandlungen des Brexit-Vertrags ausgesprochen. Sie wollen vor allem die umstrittene Grenzregelung für Nordirland, den sogenannten Backstop, streichen, der eine harte Grenze mit Kontrollen zwischen der britischen Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindern soll.

Neben der DUP lehnen auch viele Tories den Backstop ab, weil das Vereinigte Königreich dann vorerst in einer Zollunion mit der EU bleiben müsste.

Die EU lehnt Änderungen am Austrittsvertrag allerdings strikt ab. Sie will sich allenfalls auf Änderungen an der begleitenden politischen Erklärung zu den künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU einlassen.

Drohender No-Deal-Brexit

Die Wirtschaft und viele Abgeordnete fürchten, dass ein harter EU-Austritt ohne Abkommen verheerende wirtschaftliche Folgen haben würde. Wenn der neue Premierminister keinen weiteren Aufschub in Brüssel beantragt, scheidet Großbritannien aber am 31. Oktober quasi automatisch aus der EU aus.

Möglich ist auch, dass die Staats- und Regierungschef dem Vereinigten Königreich gar keinen weiteren Aufschub gewähren.

Um einen No-Deal-Brexit zu verhindern, müssten die britischen Abgeordneten die Regierung mit einem Misstrauensvotum stürzen. Die wahrscheinliche Folge wären Neuwahlen. Nach der krachenden Niederlage bei der Europawahl im Mai, bei der die Tories auf knapp neun Prozent abgestürzt waren, fürchten viele Konservative aber eine Neuwahl. (afp)



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