0,75 Punkte mehr: EZB hebt Leitzins erneut deutlich an

Die hohe Inflation treibt die Zinsen erneut weiter nach oben. Die Europäische Zentralbank (EZB) unternimmt nun eine weitere Zinserhöhung im Kampf gegen die enormen Preissteigerungen an den Märkten.
EZB
Das Gebäude der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main.Foto: DANIEL ROLAND/AFP via Getty Images)
Epoch Times27. Oktober 2022

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine weitere deutliche Zinserhöhung angekündigt. Bei ihrer Ratssitzung am Donnerstag beschloss die Notenbank, ihre drei Leitzinssätze um 0,75 Punkte anzuheben. Dementsprechend werden der Zinssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte sowie die Zinssätze für die Spitzenrefinanzierungsfazilität und die Einlagefazilität mit Wirkung zum 2. November auf 2,00 Prozent, 2,25 Prozent bzw. 1,50 Prozent erhöht.

Es ist die dritte großen Leitzinserhöhung in Folge. Mittlerweile habe man „erhebliche Fortschritte“ bei der Rücknahme der „geldpolitischen Akkommodierung“ erzielt, so die Notenbank.

Der EZB-Rat gehe davon aus, dass er die Zinsen weiter anheben werde, hieß es in einer Mitteilung. Damit wolle man eine „zeitnahe Rückkehr“ der Inflation auf das mittelfristige Zwei-Prozent-Ziel gewährleisten. Den künftigen Leitzinspfad werde man an der Entwicklung der Inflations- und Wirtschaftsaussichten ausrichten.

Dabei folge man dem Ansatz, Zinsschritte „von Sitzung zu Sitzung“ festzulegen, so die EZB. Insgesamt sei die Inflation nach wie vor deutlich zu hoch und werde für längere Zeit über dem Zielwert bleiben.

Ära der Negativzinsen endet

Negativzinsen auf Konten, die einen bestimmten Betrag überschreiten, dürften sehr bald der Vergangenheit angehören. Viele Banken und Sparkassen haben das Verwahrentgelt bereits ganz oder teilweise wieder abgeschafft oder die Beträge erhöht. Laut dem Vergleichsportal Verivox wiesen am Mittwoch noch 32 Banken Negativzinsen für Privatkunden aus – im Mai 2022 waren es demnach noch 455 gewesen.

Zinsen auf Spargelder steigen

Die Banken zahlen wieder Zinsen „in längst vergessenen Höhen“, wie es das Finanzvergleichsportal Biallo formuliert. Die Zinsen stehen demnach aktuell so hoch wie seit Anfang 2013 nicht mehr. Im Vergleich zur Inflationsrate fallen sie jedoch noch immer sehr niedrig aus.

Bei den Geldhäusern mit deutscher Einlagensicherung zahlen demnach aktuell drei Banken 1,75 Prozent Zinsen für Festgeld mit einem Jahr Laufzeit. Bis zu 2,2 Prozent gibt es bei Banken in der EU. Spitzenreiter laut Biallo ist aktuell die Crédit Agricole aus Frankreich. In der EU sind Einlagen bis 100.000 Euro gesichert.

Bei Laufzeiten von zwei bis drei Jahren gibt es laut Biallo bis zu 2,35 Prozent beziehungsweise 2,55 Prozent. Wer sein Geld zehn Jahre lang festlegt, kann in Deutschland bis zu 3,25 Prozent Zinsen bekommen.

Experten erwarten einen weiteren Zinsschritt nach oben bei der nächsten EZB-Ratssitzung im Dezember. Damit dürften auch die Zinsen beim Festgeld weiter steigen.

Kosten für Kredite verteuern sich

Wer sich Geld leiht, muss stark zunehmende Kosten in Kauf nehmen. Die Bauzinsen etwa haben sich seit Jahresbeginn mehr als vervierfacht. Laut dem Darlehensvermittler Dr. Klein beträgt der effektive Jahreszins für ein Fünf-Jahres-Darlehen derzeit im Schnitt von rund 700 Banken 3,78 Prozent, für ein Zehn-Jahres-Darlehen 3,95 Prozent.

Konsumentenkredite kosteten laut Vergleichsportal Smava im August im Bundesschnitt 6,33 Prozent. Sie würden in den kommenden Monaten „um die Sieben-Prozent-Marke“ liegen. So viel kosteten solche Kredite demnach zuletzt 2011.

Viele Institute haben auch die Zinsen für Dispo- und Überziehungskredite angehoben – nach Angaben von Biallo waren es 264 von knapp 1.200. Der durchschnittliche Dispozins liegt demnach bei 10,07 Prozent – vor einem Jahr waren es 9,9 Prozent. Der Zins für die Überziehung des Disporahmens stieg von 12,29 auf 12,39 Prozent. „Der Zuwachs mag auf den ersten Blick nicht hoch erscheinen“, erklärte Horst Biallo. Die Zinsen seien aber auch in den letzten Jahren schon viel zu hoch gewesen.

Begrenzter Einfluss der EZB

Trotz der dritten Zinserhöhung der EZB seit Juli können Verbraucher nicht mit sinkenden Preisen rechen. Denn die Inflation wird insbesondere von den hohen Energiepreisen getrieben. Auf sie hat die EZB keinen Einfluss. Experten zufolge kann sich die Geldpolitik der Zentralbank aber dämpfend auf die Inflationserwartungen auswirken – etwa bei den Lohnforderungen der Gewerkschaften. (dts/afp/mf)



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