Weiteres Traditionsunternehmen wandert ab: Motorsägenhersteller STIHL will in der Schweiz produzieren

Selbst die teure Schweiz scheint deutschen Traditionsunternehmen längerfristig bessere Standortbedingungen zu bieten als Deutschland. Auch das Familienprojekt STIHL will nun abwandern – die Aussicht auf eine 32-Stunden-Woche habe das Fass zum Überlaufen gebracht.
Titelbild
Die Stihl MS 261c Motorsäge.Foto: iStock
Von 29. März 2024

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Miele, Landliebe, Meyer Burger, Viessmann, Bosch – immer mehr bekannte Unternehmen haben gemeinsam, dass sie in jüngster Zeit Teile ihrer Produktion oder ihre gesamte von Deutschland ins Ausland verlagern. Einige zieht es dabei in die USA, andere nach Polen, Motorsägehersteller STIHL wird voraussichtlich bald in die Schweiz abwandern.

Nikolas Stihl hat bereits seit Jahren vor der Entwicklung gewarnt

Wie der „Focus“ berichtet, ist zwar noch keine endgültige Entscheidung gefallen. Die Planungen scheinen allerdings schon weit fortgeschritten zu sein – und die Hoffnungen auf bessere Bedingungen überschaubar.

Der Vorsitzende des Beirats des seit fast 100 Jahren in Deutschland ansässigen Motorsägeherstellers, Nikolas Stihl, hatte in den vergangenen Jahren mehrfach vor einem unattraktiven Standort Deutschland gewarnt. Ob die „dilettantische“ Energiewende, fehlende Stromnetze, ausbleibende Investitionen in Infrastruktur, Bildung und Sicherheit: Schon zu Zeiten der Regierung Merkel hatte der Unternehmer problematische Entwicklungen angeprangert.

Das Fass zum Überlaufen bringt nun jedoch die wiederaufflammende Debatte über eine weitere Arbeitszeitverkürzung. In der Vorwoche hatten Bahn und Lokführer einen Fahrplan zur 35-Stunden-Woche vereinbart. Die IG Metall, die Stihls Branche betrifft, will noch einen Schritt weitergehen.

Grünen-Politikerin: 32-Stunden-Woche unverzichtbar für „mehr Geschlechtergerechtigkeit“

Eine Unternehmenssprecherin von STIHL äußerte gegenüber dem „Focus“, dass die Forderung nach einer 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich mittelfristig im Raum stehe:

„Diese Arbeitszeitverkürzung würde die Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Standorts insgesamt nochmals deutlich schwächen.“

In die Verhandlungen für die Stahlindustrie in Nordwest- und Ostdeutschland ist die Metallarbeitergewerkschaft mit dieser Forderung bereits gegangen. Sie sieht darin einen Einstieg in die Vier-Tage-Woche, die dadurch in vielen Bereichen möglich werde.

Nikolas Stihl hatte den deutschen Gewerkschaften 2020 vorgeworfen, Unternehmen „durch unsinnige Tarifforderungen ins Ausland zu verjagen“. Bereits zum damaligen Zeitpunkt hatte die Fertigung seines Unternehmens zu drei Vierteln außerhalb Deutschlands stattgefunden.

Aus der Ampel gibt es für die Forderung Rückhalt. Grünen-Politikerin Emilia Fester hält die Vier-Tage-Woche für zwingend, „wenn wir uns geschlechtergerecht weiterentwickeln wollen“.

STIHL erwartet „keinen großen Knall“ – aber stetige Abflüsse von Investitionen

Der Motorsägenhersteller will jedoch vor allem seine Weltmarktposition bei Herstellung und Verkauf von Arbeitsgeräten behaupten. Derzeit liegt der Umsatz bei etwa 5,5 Milliarden Euro, allerdings erzielt man davon 90 Prozent im Ausland. An Investitionsbereitschaft mangelt es nicht: Diese betrugen bei STIHL zuletzt etwa 400 Millionen Euro.

Ein ursprünglich für Ludwigsburg geplantes Werk für Führungsschienen für die Kette an den Sägen könnte jedoch nun in der Schweiz entstehen. Sollte dies der Fall sein, werde auch die Herstellung der gesamten Schneidgarnitur Abschied aus Deutschland nehmen.

Nikolas Stihl hatte in den vergangenen Monaten mehrfach gewarnt, Deutschland könne als Standort für Industrie grundsätzlich unattraktiv werden. Es werde zwar keinen „großen Knall“ oder Zusammenbruch geben:

„Aber Investitionen, die früher nach Deutschland geflossen sind, gehen heute immer häufiger nach Osteuropa, in die USA oder nach Asien.“

Ähnlich sieht dies auch Außenwirtschaftsjuristin Anahita Thoms. Sie schreibt im „Focus“, es gebe mehrere strukturelle Faktoren in Deutschland, die vor allem produzierende Unternehmen ins Ausland trieben. Wer erst einmal gegangen sei, komme meist nicht mehr zurück.

Vor allem die USA würden aufgrund von pragmatischer Politik und zielgerichteter Förderprogramme erfolgreich Unternehmen abwerben. In Deutschland seien hingegen nicht nur Energiekosten und Bürokratie ein Problem. Es gebe auch mangelnde Digitalisierung.



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