NATO stärkt Präsenz in Asien: Erstes Verbindungsbüro in Japan geplant

Im Juli will die NATO das erste offizielle Verbindungsbüro in der indopazifischen Region eröffnen – in Tokio. Zwei Analysten geben ihre Einschätzungen ab, was der Grund sein könnte.
Titelbild
Japans Außenminister Yoshimasa Hayashi (li.) und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg auf einer Pressekonferenz am 4. April 2023 in Brüssel.Foto: Kenzo Tribouillard/AFP via Getty Images
Von 9. Juni 2023

Russlands Einmarsch in die Ukraine sowie die Bedrohung Taiwans und des indopazifischen Raums durch Peking hat die NATO veranlasst, ein Verbindungsbüro in Japan einzurichten. Analysten zufolge will die NATO ihre Verbindungen in Asien ausbauen, um der kommunistischen Gefahr aus China zu begegnen.

Mitte Mai erklärte der NATO-Botschafter in den USA, Koji Tomita, dass die NATO plane, im Juli ein Verbindungsbüro in Tokio zu eröffnen. Dabei handelt es sich um die erste offizielle NATO-Vertretung in der indopazifischen Region. Japanische Beamte haben diese Aussage bestätigt.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte am 1. Juni an: „Wir werden die Staats- und Regierungschefs unserer vier asiatisch-pazifischen Partner – Australien, Neuseeland, Japan und Südkorea – zu unserem Gipfel in Vilnius (Litauen) einladen. Dies ist das zweite Mal in der Geschichte.“

Die vier asiatisch-pazifischen Länder wurden erstmals im Juni letzten Jahres zum NATO-Gipfel eingeladen, vier Monate nach Beginn des Russland-Ukraine-Krieges.

Japan und Südkorea seien wichtig für US-Bündnissystem

In einem Interview mit der Epoch Times vom 2. Juni sagte Anders Corr, Gründer von Corr Analytics und Herausgeber des „Political Risk Magazine“: „Angesichts der Tatsache, dass China (das kommunistische Regime) und Russland zusammen mit dem Iran und Nordkorea eine Angriffsachse bilden, gleicht das US-Bündnissystem in Europa und Asien diese in einem defensiven Bündnis aus, indem es seine institutionellen Strukturen zusammenschließt.

Seiner Meinung nach sollten Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland und die Philippinen der NATO oder einem vergleichbaren System aus kleineren demokratischen Bündnissen beitreten. Er betonte auch, dass das Engagement Japans und Südkoreas in der NATO wichtig sei für die Integration des US-Bündnissystems in Europa und Asien.

Am selben Tag erklärte Carl Schuster, ehemaliger Leiter des Gemeinsamen Nachrichtendienstzentrums des US-Pazifikkommandos auf Hawaii, gegenüber der Epoch Times, dass der Einmarsch Russlands in der Ukraine das Bewusstsein für die aggressiven Tendenzen Russlands wieder geschärft habe. Demnach habe diese Bedrohung zu einer Neubelebung der NATO geführt.

Gleichzeitig hätten die Unterstützung Russlands durch die kommunistische Partei Chinas (KPC) und die Schikanen der chinesischen Kommunisten in der indo-pazifischen Region die NATO und die asiatischen Interessen zu einer stärkeren Sicherheitszusammenarbeit veranlasst, so Schuster weiter.

Während die USA, das Vereinigte Königreich und die EU Sanktionen gegen Russland verhängten und der Handel mit Russland im Jahr 2022 einbrach, erreichte der Gesamthandel zwischen China und Russland 2022 ein Rekordhoch von 190 Milliarden US-Dollar (rund 177 Milliarden Euro), das ist ein Anstieg von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

Die Einrichtung eines NATO-Verbindungsbüros in Tokio zeige, so Schuster, „dass sich Japan in Sachen Sicherheitskooperation näher an Europa heranbewegt“. Es sei auch ein Zeichen dafür, dass die NATO und ihre Mitgliedstaaten ein zunehmendes Interesse an der Sicherheit Asiens hätten. Schließlich verfüge Europa über sehr weitreichende Handelsbeziehungen. „Jede Bedrohung der internationalen Schifffahrtswege, der Freiheit der Schifffahrt, jedes Mobbing, das asiatische Länder bedroht, betrifft auch Europa“, ergänzt Schuster.

Bedrohung Taiwans

Neben dem Umgang mit dem chinesisch-russischen paramilitärischen Bündnis bestehe eine weitere Aufgabe des NATO-Verbindungsbüros in Tokio darin, rechtzeitig Hilfe zu leisten, analysiert Corr. Und zwar im Falle eines Krieges zwischen Japan und der Kommunistischen Partei Chinas oder Nordkorea – beispielsweise wenn es um Taiwan oder das Südchinesische Meer gehe.

Im Februar dieses Jahres erklärt CIA-Direktor William Burns, dass US-Geheimdienstinformationen darauf hindeuteten, dass Xi Jinping der Volksbefreiungsarmee befohlen habe, sich bis 2027 auf eine mögliche Besetzung Taiwans vorzubereiten. Auch wenn dies nicht gleich bedeute, dass Xi einen gewaltsamen Angriff auf Taiwan im Jahr 2027 oder in einem anderen Jahr vorhabe, so sei es doch eine Erinnerung an die Ernsthaftigkeit der Ambitionen der KPC.

„In den vergangenen Jahren haben die sicherheitspolitischen Eliten in den Vereinigten Staaten und bei unseren Verbündeten öffentlich anerkannt, dass die Kommunistische Partei Chinas eine Bedrohung für eine mögliche Invasion Taiwans in naher Zukunft darstellt“, so Corr. Das habe die globale Instabilität, die bereits durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine ausgelöst worden sei, weiter verschärft.

Laut Corr würden diese beiden Bedrohungen die nationale Sicherheitspolitik aller mächtigen Demokratien der Welt verändern – einschließlich derer Japans. „Alle Demokratien unternehmen konzentrierte Anstrengungen, um sich gründlicher gegen Russland und die Kommunistische Partei Chinas zu wappnen“, ergänzt er.

Chinas „Wolfskrieger-Diplomatie“ ging nach hinten los

Carl Schuster argumentierte in seinem Schreiben gegenüber Epoch Times, dass die Kommunistische Partei Chinas mit ihrer „Wolfskrieger-Diplomatie“ der Welt ihren schurkenhaften Charakter vor Augen geführt hätte. Die Einrichtung eines NATO-Verbindungsbüros in Tokio zeige jedoch, dass diese Taktik in den vergangenen fünf Jahren nach hinten losgegangen sei.

„Wenn man sich die europäischen Meinungsumfragen vor 10 Jahren ansieht, waren 70-80 Prozent der Europäer der Meinung, dass China einen positiven Einfluss auf die Welt hat“, sagte er. Doch aufgrund der kriegerischen Aktivitäten Pekings in Südostasien und ihrer Feindseligkeit gegenüber ihrem südlichen Nachbarn Japan habe sich die Wahrnehmung vieler Europäer plötzlich geändert. Dazu komme die Unterstützung Russlands und die Drohungen Chinas gegenüber Taiwan.

Im November 2021 erlaubte das kleine europäische Land Litauen Taiwan die Eröffnung eines diplomatischen Büros auf europäischem Boden.

Im Mai dieses Jahres trafen sich die EU-Außenminister zu einem informellen Treffen in Stockholm, um ihre Politik gegenüber China neu zu gewichten. Dabei wurde ein strategischer Entwurf des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell angenommen. Dieser zielte darauf ab, die Abhängigkeit von der chinesischen Wirtschaft zu verringern.

Japan erhöht Militärausgaben zur Abschreckung der KPC

Im Dezember letzten Jahres kündigte Japan an, in den nächsten fünf Jahren 43 Billionen Yen (etwa 300 Milliarden Euro) für die Verteidigung auszugeben. Unter anderem hatte der Inselstaat vor, mehr als 1.000 Langstreckenraketen im Süden des Landes zu stationieren.

Und im März dieses Jahres teilte der japanische Premierminister Fumio Kishida einen neuen Plan zur Förderung eines offenen und freien indopazifischen Raums mit. Dazu versprach er Investitionen in Höhe von 75 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2030, um die Wirtschaft in dieser Region zu unterstützen.

Diese Maßnahmen Japans, würden, laut Corr, in erster Linie der Abschreckung der Kommunistischen Partei Chinas dienen. „Taiwan und Japan sind ohne Kernwaffen unzureichend ausgestattet, um mit aggressiven Atomwaffenstaaten umzugehen“, sagte er. „Wir haben bereits gesehen, was passiert ist, als die nuklearfreie Ukraine von Russland angegriffen wurde.

Wenn die Ukraine ihre Kernwaffen nicht im Jahr 1994 aufgegeben hätte, wäre Russland niemals in die Ukraine eingedrungen“. Und weiter: „Wenn die USA Japan und Taiwan nicht dabei unterstützen, Waffen zu erhalten, die mindestens genauso stark und modern sind wie diejenigen, die die KPC besitzt, dann können wir auch damit rechnen, dass China in Taiwan einmarschiert.“

Als die Sprecherin des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, im vergangenen August nach Taiwan gereist war, hielt die Kommunistische Partei Chinas mehrtägige Militärübungen ab. Dabei wurden auch Raketen in die Gewässer nahe der japanischen Insel abgeschossen.

Laut dem Strategen Carl Schuster, müsse sich Japan um die Bedrohung aus dem Norden sorgen, da die Kommunistische Partei Chinas und Nordkorea ihre militärische Macht ausbauen würden.

„Japan braucht einen offenen Pazifik, um zu überleben. Wirtschaftlich gesehen muss das Land mehr als 90 Prozent seines Energiebedarfs importieren. Das bedeutet, dass der Ozean offen und frei sein muss. Sollte die Kommunistische Partei Chinas ihre Aktivitäten über die erste Inselkette hinaus ausdehnen, könnte sie Einfluss auf Japans Seewege gewinnen, die für Japans Wirtschaft, Überleben und Sicherheit lebenswichtig sind“. Das Gleiche gelte dabei für Taiwan, so Schuster. Auch Taiwan sei bei mehr als 90 Prozent seiner Energie auf Importe angewiesen“, führt er weiter aus.

Die Einrichtung eines NATO-Verbindungsbüros in Tokio werde, so Schuster, Japans Prestige inmitten der wachsenden Konfrontation zwischen den USA und China erhöhen.

Dieser Artikel erschien im Original auf www.epochtimes.com unter dem Titel: „北约正式进驻亚洲 分析:剑指中共“ (redaktionelle Bearbeitung il)



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