Der Wassertiger erhebt sich

Der Tiger löst am 1. Februar 2022 den Büffel ab und läutet nach dem chinesischen Kalender ein neues Mondjahr ein. Das fremde, fernöstliche Leben mit all seinen Gebräuchen und Geschichten zieht ebenso westlich Geprägte in seinen Bann, wirkt inspirierend und lehrreich.
Menschen in Kostümen führen einen traditionellen Tigertanz in einem chinesischen Tempel in Kuala Lumpur auf. Während des Neujahrsfests am 1. Februar 2022 begrüßen die Chinesen das Jahr des Tigers.
Menschen in Kostümen führen einen traditionellen Tigertanz in einem chinesischen Tempel in Kuala Lumpur auf. Während des Neujahrsfests am 1. Februar 2022 begrüßen die Chinesen das Jahr des Tigers.Foto: Wong Fok Loy/SOPA Images via ZUMA Press Wire/dpa
Von 1. Februar 2022

Unzählige Sagen und Legenden ranken sich um China, das Reich der Mitte, mit seiner 5.000-jährigen, göttlich inspirierten Hochkultur. Im Mittelpunkt der Geschichten steht, ein Leben im Gleichgewicht, in Harmonie mit Himmel, Erde und den Geschöpfen zu führen. Wer in Verbundenheit mit den kosmischen Gesetzmäßigkeiten lebt, dem wird Glück und Gesundheit zuteil. Disharmonien erzeugen gewaltige Stürme, Hungersnöte oder andere Katastrophen.

In den Überlieferungen heißt es, dass es die Aufgabe des Kaisers ist, als „Sohn des Himmels“ für sein Land und sein Volk gut zu sorgen. Zog ein Unglück über das Land, stand er in der Verantwortung. Diese Grundhaltung wurde über die Jahrhunderte hinweg weitergegeben und gelebt.

So sprach Konfuzius: „Die Männer des Altertums, die dem ganzen Reich ein Beispiel der Tugend sein wollten, brachten zuerst ihr eigenes Fürstentum in Ordnung. Wollten sie ihr Fürstentum in Ordnung bringen, so ordneten sie zuerst ihre Familie. Wollten sie ihre Familie ordnen, so kultivierten sie zuerst ihren Charakter. Wollten sie ihren Charakter kultivieren, so läuterten sie zuerst ihr Herz.“

Erschaffung des Kalenders

Kaiser Huang Di, auch der Gelbe Kaiser genannt, gehörte zu dieser Art verantwortungsbewusster Herrscher. Als Gelehrter und geschickter Erfinder hat er seinem Volk gedient und es bereichert. So schuf er durch genaue Beobachtung der Himmelskörper und der Elemente um 2.636 v. Chr. den chinesischen Kalender, der bis heute seine Gültigkeit hat. Mit der Kombination aus Mond- und Sonnenkalender und seiner zyklischen Struktur von jeweils 60 Jahren gehört er zu den kompliziertesten sowie umfassendsten Kalendersystemen. Die Zyklen beziehen sich auf die Lehre der fünf Elemente, der Lehre von Yin und Yang und dem chinesischen Tierkreis, die sich alle gegenseitig ergänzen und durchdringen. Mit diesem komplexen Verzeichnis schuf Huang Di einen wichtigen Wegweiser für Landwirtschaft, politische Aktivitäten und für private Anlässe wie Hochzeiten. So hinterließ er seinem Volk und den Nachkommen ein essenzielles Instrument, um in Harmonie mit den kosmischen Gesetzmäßigkeiten zu leben.

Tierisches Rennen

Vergleichbar mit der westlichen Astrologie gibt es im chinesischen Kalender auch einen Tierkreis, jedoch mit einer umfangreicheren Bedeutung. Die Legende um den Ursprung der chinesischen Tierkreiszeichen besagt, dass der Jadekaiser das ganze Tierreich zu einem Wettrennen einlud. Der Preis für die ersten zwölf Tiere, die es schafften, einen Fluss zu überqueren, war ein Platz im chinesischen Tierkreis. Somit könnte jedes dieser Tiere Einfluss auf das ihm zugeteilte Jahr nehmen und es mit seinen Charaktereigenschaften prägen.

Diese Nachricht verbreitete sich schnell und alle Tiere versammelten sich pünktlich am Ufer des Flusses. Das heißt, alle bis auf die Katze. Um bei dem Wettstreit bei Kräften zu sein, legte sich die Katze noch einmal schlafen und wurde nicht von der befreundeten Ratte geweckt. Die listige Ratte hatte somit einen Konkurrenten weniger, sich dafür aber einen immerwährenden Jäger und Feind geschaffen. Doch ein guter Schwimmer ist die Ratte nicht und so kroch sie auf den Rücken des zuverlässigen Büffels und in unmittelbarer Nähe des Ufers sprang sie schnell ab und sicherte sich somit den ersten Platz. Dann folgten der Büffel, der mutige Tiger und der freundliche Hase, der von Stein zu Stein sprang und auf diese Weise den Fluss überquerte. Der selbstbewusste Drache legte einen Zwischenstopp ein, um es regnen zu lassen, und erreichte daher erst als Fünfter das Ziel. Die geheimnisvolle Schlange versteckte sich im Huf des Pferdes, erschreckte es und traf als Sechstes ein. Das abenteuerlustige Pferd wurde Siebter.

Durch Zusammenhalt und Kooperation folgte die liebenswürdige Ziege, der humorvolle Affe und der stolze Hahn. Bevor der treue Hund in das kalte Nass sprang, spielte er noch ein wenig am Flussufer und kam als Vorletzter an. Durch die ganze Aufregung und Anstrengung wurde das großzügige Schwein hungrig und so legte es eine Pause zum Essen und für einen kleinen Verdauungsschlaf ein und erreichte das Ziel als Letzter. Ratte, Büffel, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund und Schwein: Der chinesische Tierkreis war entstanden.

Der unbezwingbare Tiger

Der Tiger ist der König der Tiere und ein Symbol für Macht und Stärke und er wird nach dem chinesischen Kalender das neue Jahr prägen.

Im Volksmund wird die Geschichte überliefert, wie der Tiger vom Jadekaiser seine heute typischen Streifen erhalten hat. Darin heißt es, dass wilde Löwen, unbezwingbar erscheinende Bären und zornige Pferde einst die drei mächtigsten Tiere waren und ihr Unwesen in der Menschenwelt trieben. Der mutige Tiger stellte sich ihnen in den Weg, kämpfte und siegte.

Andere angriffslustige Geschöpfe sahen die vollendete Kampfkunst des Tigers und flohen in unbewohnte Gebiete. So kehrte Frieden in der Welt ein. Aus Dankbarkeit und Anerkennung seiner Leistung ritzte der unsterbliche Jadekaiser drei horizontale Linien in die Stirn des Tigers. Diese stehen für die drei bezwungenen Tiere. Später wurde die Welt von einem Seemonster heimgesucht und der Tiger stellte sich erfolgreich auch dieser Gefahr.

Der Jadekaiser war glücklich und zollte dem Tiger erneut große Anerkennung und fügte den drei horizontalen Linien auf seiner Stirn eine weitere Vertikale hinzu. So wurde auf der Stirn des Tigers das charakteristische Schriftzeichen für „König“ platziert. Seitdem ist der Tiger zum König der Tiere aufgestiegen und wird bis heute verehrt. Beispielsweise tragen in China kleine Kinder zum Schutz vor bösen Geistern, Mützen und Schuhe im Tigermuster. Tiger-Talismane in unterschiedlichen Ausführungen sollen ebenfalls Schutz vor dem Bösen oder anderen Katastrophen bieten.

Eine weitere Legende besagt, dass der Gott des Reichtums Zhao Gongming von einem Tiger begleitet wird, und so findet sich der „König der Tiere“ im Volksglauben auch als Glücks- und Reichtumsbringer wieder.

Yin und Yang und die fünf Elemente

In der chinesischen Tradition dreht sich alles um die Balance. Das weibliche Yin steht für Passivität, Kälte und Dunkelheit, das männliche Yang für Aktivität, Hitze und Helligkeit. So ergänzen sich beide und Harmonie tritt ein. Für die fünf Elemente Metall, Holz, Wasser, Feuer und Erde gilt das gleiche Prinzip. Sie erzeugen und überwinden sich gegenseitig und bilden somit einen endlosen Kreislauf. Im chinesischen Kalender wird jedes dieser Elemente einem Tierkreiszeichen zugeordnet und folglich gibt es nur alle 60 Jahre eine identische Kombination.

Das Element Wasser steht für Flexibilität, Klarheit und Offenheit und wird das Jahr 2022 prägen.

Das Jahr des Wassertigers

Die Verbindung von Wasser und Tiger, also der Wassertiger, beeinflusst in dem Zeitraum vom 1. Februar 2022 bis 21. Januar 2023 unser Geschick. Diese Konstellation steht für das Abenteuer, für Unabhängigkeit und Stärke. Mut und Offenheit ebnen den Weg zu unserem Glück.

Doch zu guter Letzt haben wir ein Mitspracherecht und sind unserem Schicksal, den Sternen und Elementen nicht hilflos ausgeliefert. Mit jedem neuen Tag können wir uns entscheiden, können wählen zwischen den Möglichkeiten, zwischen Gut und Böse und ein Leben in Harmonie führen.

Frohes neues Jahr – xinnian kuaile 新年快樂

Ebenso wie in anderen Teilen der Welt hat auch in China das gemeinsame Familienessen zu Neujahr Priorität. So löst das wichtigste Fest jedes Jahr die größte Völkerwanderung weltweit aus. Zum Festmahl werden traditionelle Gerichte wie Teigtaschen und Reiskuchen serviert, Geschenke überreicht und das Feuerwerk, das übrigens von den Chinesen erfunden wurde, darf natürlich auch nicht fehlen.

Wir wünschen gongxi fa cai 恭喜發財– Glück und Wohlstand!



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