Wie wir Stress, Hektik und Zeitdruck vermeiden - Tipps für besinnliche Weihnachten
Geschenke besorgen, dekorieren, kochen und bei all dem auch noch ruhig bleiben – Weihnachten kann schnell stressig werden. Ein paar bewusste Entscheidungen können die Feiertage wieder dem annähern, was es im Herzen eigentlich ist: eine Zeit des Innehaltens und der Ruhe, denn Weihnachten ist vor allem ein Fest der Liebe, ein Fest, das in uns selbst beginnt.
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Die Vorbereitungen für Weihnachten können schnell stressig werden – müssen sie aber nicht.
Wer Weihnachten mit Erwartungen und Perfektionismus überfrachtet und vieles gleichzeitig erledigen will, empfindet die Festtage oft als stressig.
Emotionale Anker in den eigenen Kindheitserinnerungen können Entspannung bewirken und neue Orientierung geben.
Die Familie wirkt als stabilisierende Kraft, wenn das Miteinander durch Rituale bewusst gestaltet wird.
Kleine Veränderungen im Alltag helfen, den Festtagen Struktur und Leichtigkeit zurückzugeben.
Für viele fühlt sich die Weihnachtszeit längst nicht mehr so still und sanft an wie in den Erinnerungen aus der Kindheit. Was damals von köstlichem Plätzchenduft, warmem Kerzenschein und kleinen, geheimnisvollen Wundern begleitet wurde, gleicht heute oft einem anspruchsvollen Parcours aus To-do-Listen, Erwartungen und Gefühlswallungen. Ursache – und Lösung – ist die Familie.
Familie als Ruhepunkt – außer zu Weihnachten?
Familie, ob klein, groß oder Patchwork, ist oft der erste soziale Raum, in dem wir lernen, uns zu stabilisieren. Das geschieht von Anfang an. Wir erfahren vertrauensvoll Sicherheit, halten Konflikte aus, lassen Nähe zu und erleben zuverlässige Unterstützung in der Lebensgemeinschaft.
Rituale wie gemeinsame Mahlzeiten, bewusstes Miteinanderreden und gegenseitiges Zuhören, aber auch emotional Prägendes wie Lachen im Spiel und das partnerschaftliche Lösen von belastenden Problemen übernehmen dabei eine Schlüsselrolle. Sie bilden einen verlässlichen roten Faden, an dem sich alle zuversichtlich orientieren können. Die Wochen vor dem Weihnachtsfest entwickeln indes eine ganz eigene Dynamik.
Bereits wenn die erste Kerze auf dem Adventskranz brennt, entsteht ein leiser Druck. Was schenke ich wem und wie soll das weihnachtliche Feiern gestaltet werden? Schließlich soll alles schön und persönlich werden. Vielleicht verbinde ich den Kauf von Geschenken mit einem schönen Weihnachtsmarktbesuch? Was bestelle ich der Einfachheit halber online? Eventuell gibt es im stressigen Beruf noch einen aufwendigen Jahresabschluss zu meistern und zugleich soll währenddessen alles schon jetzt möglichst harmonisch, festlich und liebevoll sein.
Menschen spüren die Spannung zwischen der eigenen Erwartungshaltung und der Wirklichkeit deutlich, und nicht selten gerät so die Vorfreude unter die Räder und überträgt sich auch noch auf das Umfeld.
In der Stille neue Kraft finden
Hier bietet die eigene Wahrnehmung mitsamt einer bewussten Feinjustierung die beste Grundlage für entspanntes Bewältigen aller Herausforderungen. Denn es ist tatsächlich möglich, Weihnachten auch im Erwachsenenalltag wieder atmosphärisch ähnlich zu erleben wie damals in der Kindheit. Die entscheidenden Impulse liegen oft in den kleinen, magischen Dingen – im Innehalten, in vertrauten, plötzlich aufkeimenden Erinnerungen, in familiären Traditionen und schließlich im strukturierten Planen.
Nun ist also, gerade in der Vorweihnachtszeit, der richtige Moment gekommen, das Tempo bewusst zu senken: ein paar hübsche Kerzen anzünden, mit den aufgeregten Kindern ihre Weihnachtswünsche besprechen, sich Zeit zum Plätzchenbacken nehmen und gemeinsam Dekoratives basteln.
Traditionen sollten jedoch nicht erfüllt werden, weil sie schon immer so waren. Der Schlüssel liegt darin, Rituale bewusst zu pflegen oder gegebenenfalls neu zu erfinden. Auch der Wandel ist eine Konstante, die wir brauchen, um dynamisch lebendige Erfüllung zu finden. In der Gemeinschaft einen neuen Adventskalender für die ganze Familie zu basteln, wirkt nicht nur kreativ, sondern kann ebenfalls sehr unterhaltsam sein.
Egal ob als Tannenbaum, Dorf (mit Tannenbaum) oder Seilbahn (zum Dorf mit Tannenbaum), das Gestalten und alljährliche Befüllen eines Familienadventskalenders fördern Kreativität und Tradition.
Foto: ts/Epoch Times nach dikushin, yul38885 yul38885, Maria Symchych-Navrotska/iStock
Aber auch ein populärer Familienspaziergang in der Stille des Schnees, der über die Felder hinweg scheinbar alle Geräusche verschluckt, oder das aufmerksame Beobachten der ersten Eiskristalle auf einem Fenster können den Tag magischer erscheinen lassen. Es ist schön, sich daran zu erinnern, als Kind das Licht der Morgendämmerung mit dem ersten Aufschlagen der Augen im Bett bereits anders wahrgenommen zu haben, wenn es während der Nacht geschneit hat. Hat dann nicht auch die Luft anders gerochen?
Alte Erinnerungen beseelen neu
Die Poesie des Weihnachtsfestes und der Adventszeit hat fast etwas Archetypisches. Sie weckt viele angenehme Erinnerungen. Hier erklingt ein altes Lied, dort ertönt ein Rascheln im Karton mit dem Christbaumschmuck – auch das gemeinsame Anschauen von märchenhaftenWeihnachtsklassikern löst etwas aus, und plötzlich tauchen Bilder aus einer Zeit auf, in der die Welt kleiner, aber noch viel intensiver war.
Die emotionalen Orientierungspunkte sind es, die ein warmes Gefühl von Geborgenheit und Verbundenheit neu erwecken. In den 50er-Jahren gab es eine niederrheinische Tradition, die ganz besonders für Kinder das Herz des Nikolausabends bildete: das geheimnisvolle „Leckerwerfen“. Wie aus dem Nichts flogen köstliche Süßigkeiten durch die Stube, obwohl Fenster und Läden fest verschlossen waren. Die Kleinsten, voller Vorfreude und mit vor Aufregung geröteten Wangen, glaubten an ein kleines, wunderbares Nikolauswunder und schwärmten immer wieder davon.
Erst Jahre später wurde klar, dass die Eltern dieses liebevolle Spiel inszenierten, nämlich dann, wenn der Nachwuchs nicht hinsah. Derartige emotional entflammte Abenteuer begleiten für den Rest des Lebens und sorgen auch in der leicht wehmütigen Rückschau für innere Wärme, die an die eigenen Kinder weitergegeben werden will.
Gemeinsamkeit statt Perfektionismus
Wer bewusst märchenhafte Augenblicke in den familiären Alltag einbaut und auch die Kinder in ihrer eigenen Fantasie zu Wort kommen lässt, spürt selbst ebenfalls deutliche Vorfreude und schafft weitere tief emotionale Prägungen für den Rest des Lebens. Die wirklich wichtigen Augenblicke sind selten laut. Sie sind vertraut und leise und sie erzeugen eine enorme Wärme.
Auch kleine Traditionen wie das gemeinsame Dekorieren eines heißen Kakaos bringen Wärme in die Vorweihnachtszeit, manche wörtlich, andere bildhaft.
Foto: vvmich/iStock
Kinder behalten diese tiefgehenden emotionalen Momente für immer im Gedächtnis. Das ist universell. Und Erwachsene spüren, wie sich der Stress an der Oberfläche löst, wenn sie sich bewusst erinnern. So findet sich die Familie in einer neuen Harmonie wieder. Gemeinsames Stöbern in Fotoalben, Verständnis und schnelles Verzeihen in einem sich anbahnenden Konflikt, all das baut ein stabiles Netz aus Vertrauen. Das Gefühl von Sicherheit und Zusammenhalt wird gestärkt.
Nähe entsteht also nicht durch reibungslose Abläufe, sondern durch Zuwendung, gemeinsames Schaffen und kleine, liebevolle Gesten. „Ich sehe dich, höre dir zu und lasse dich teilhaben“, lautet die Botschaft.
Zeit schenken und Erinnerungen schaffen
Weihnachten muss nicht perfekt sein, um wunderbare Spuren zu hinterlassen. Frühzeitiges Organisieren zeichnet eine innere Landkarte, die in Ruhe abgehakt werden kann. Wer anstehende Entscheidungen überblickt und ruhig entscheidet, wie er damit umgehen möchte, schafft gedankliche Klarheit und Raum für Entspannung und Gelassenheit.
Die optimale Ergänzung bilden bewusst eingebaute Puffer, damit die eigene Erdung stabil bleibt: eine halbe Stunde für einen Spaziergang oder auch 5 Minuten für einen Tee. So gerät man nicht in einen Strudel aus Hektik und Erschöpfung, sondern fühlt sich wie ein Fels in der Brandung.
Auch dafür sollte zu Weihnachten Zeit sein: Bewusste Pausen schaffen Freiräume zum Entspannen und Genießen – und bilden oft die Grundlage für jene Momente, die in Erinnerung bleiben.
Foto: Artfoliophoto/iStock
Das Gleiche gilt für die bewusste Auswahl der Geschenke. In manchen Familien wird heute gewichtelt statt üppig beschert. Andere wiederum schenken sich vor allem Zeit, um intensive, gemeinsame Erinnerungen zu schaffen: einen Kabarettabend zum gemeinsamen Lachen oder atemberaubende Bühnenakrobatik, die verzaubert, ein gemeinsames Essen oder einen lang ersehnten Ausflug. Solche Geschenke müssen nicht kostspielig oder glamourös sein. Ihre Stärke liegt darin, dass sie herausragende Erlebnisse von atmosphärischem Wert schaffen.
Weihnachten ist kein Wettlauf. Die Feiertage erhalten gerade dann ihren liebenswerten Sinn, wenn wir weniger Perfektion suchen und dafür bewusster erleben. Wer rechtzeitig plant, familiäre Gemeinsamkeiten entwickelt und pflegt oder Rituale neu gestaltet, kann dem Fest mit viel Vorfreude entgegensehen.
Der Zauber entsteht dort, wo sich Präsenz und Dankbarkeit verbinden: im Staunen, in vertrauten Blicken und im gemeinsamen Lachen über Kleinigkeiten. Weihnachten ist eben vor allem eines: ein Fest der Liebe, ein Fest, das in uns selbst beginnt.
Susanne Jansen kam 2012 als Quereinsteigerin zum Journalismus. Sie liebt den kreativen Umgang mit Sprache und ist vielseitig interessierte Sachbuchleserin. Ihre Artikel erscheinen im Ressort „Wissen“ mit Bezügen zu weiteren Themen. Nach Freelance-Jobs als Reporterin und Fotografin leitete sie eine Wochenzeitung. Seit zehn Jahren führt sie die Redaktion eines Stadtmagazins und betreibt eine eigene Website. Kraft tankt die gut gelaunte Niederrheinerin auf Fototouren in der Natur sowie bei Kabarett und Konzerten. Motto: Glück liegt im Fühlen kleiner, besonderer Momente.