Für den Stanford-Genetiker Michael Snyder begann alles harmlos – nicht mit Fieber oder einem spürbaren Zeckenbiss, sondern mit einer ungewöhnlichen Zahl an seinem Handgelenk. Auf einem Flug nach Norwegen fiel ihm auf, dass seine Ruheherzfrequenz (Ruhepuls) und der Sauerstoffgehalt im Blut auch Stunden nach dem Start erhöht blieben. Das kannte er von früheren Reisen nicht. Er fühlte sich wohl, doch die Daten seiner Smartwatch signalisierten Alarm. Wenige Tage später stand die Diagnose fest: Lyme-Borreliose. Die Uhr hatte das Problem früher erkannt als er selbst.
„Die Ruheherzfrequenz ist definitiv ein Indikator für alle Arten von Stress – körperlich wie geistig“, sagte Snyder gegenüber der Epoch Times.
Sein Fall wurde 2017 in einer Studie veröffentlicht, die im Fachjournal PLOS Biology erschien. Bei anderen Probanden zeigte sich dasselbe Muster: Ein leichter Anstieg der Ruheherzfrequenz kündigte Krankheitssymptome an, bevor diese spürbar wurden.
Heute tragen Millionen Menschen Geräte wie Smartwatches oder Fitnesstracker, die die Ruheherzfrequenz kontinuierlich messen. Doch die wenigsten nutzen diese Daten bewusst.
Die Ruheherzfrequenz ist kein Ersatz für eine ärztliche Diagnose und kann aufwendigere Untersuchungen nicht ersetzen. Dennoch ist sie, wie die in Harvard ausgebildete Kardiologin Dr. Cynthia Thaik aus Los Angeles der Epoch Times erklärte, „in fast jedes System eingebunden, das den Körper im Gleichgewicht hält“.
Die verborgene Sprache des Herzens
Die Ruheherzfrequenz ist die Anzahl der Herzschläge pro Minute, wenn der Körper vollständig ruht. Jeder Schlag beginnt mit einem elektrischen Signal, das den Herzmuskel zur Kontraktion anregt. Ein effizienteres Herz kann Blut mit weniger Herzschlägen pumpen.
Thaik beschreibt das Herz als einen sensiblen Indikator sowohl für biologische Vorgänge als auch für Emotionen – einen Muskel, der nicht nur auf Flüssigkeitszufuhr, Entzündungen und Ernährung reagiert, sondern auch auf Stress, Adrenalin und emotionale Belastungen.
„Es spiegelt all das wider“, sagte sie. Geräte wie Smartwatches zeigen oft Ungleichgewichte an, lange bevor wir sie aktiv bemerken. „Bei ansonsten gesunden Menschen, die keine Herzmedikamente wie Betablocker einnehmen, ist eine niedrigere Ruheherzfrequenz mit einer besseren kardiovaskulären Fitness verbunden“, sagte Dr. Deepak Bhatt, Direktor des Mount Sinai Fuster Heart Hospital, gegenüber Epoch Times in einer E-Mail.
Ein plötzlicher Anstieg gegenüber dem üblichen Ausgangswert kann auf eine zunehmende Belastung hindeuten. Bei den meisten Erwachsenen liegt die Herzfrequenz zwischen 60 und 80 Schlägen pro Minute, aber die individuellen Muster variieren stark.
Trend ausschlaggebend
Die Ruheherzfrequenz kann aus alltäglichen Gründen schwanken, wie beispielsweise aufgrund von schlechtem Schlaf, einem stressigen Morgen, leichter Dehydrierung oder sogar durch zu viel Zeit in geschlossenen Räumen. Diese Schwankungen sind normal. Entscheidend ist jedoch ein längerfristiger Trend. Das Gesamtbild wird deutlicher, wenn man mehrere Wochen betrachtet.
Forschungsergebnisse helfen zu erklären, warum Trends Beachtung verdienen. Eine
Metaanalyse von mehr als einer Million Erwachsenen ergab, dass mit steigender Ruheherzfrequenz auch das Risiko eines frühen Todes, insbesondere aufgrund von Herzerkrankungen, zunahm. Jede zusätzliche Erhöhung um 10 Schläge pro Minute erhöhte das Risiko um etwa 9 Prozent.
Eine weitere
Analyse von fast 700.000 Erwachsenen ergab, dass eine hohe Ruheherzfrequenz mit einer kürzeren Lebenserwartung in Verbindung steht.
Dieser Trend ist auch bei älteren Frauen zu beobachten. In einer
Langzeitstudie mit mehr als 129.000 postmenopausalen Frauen, die im BMJ veröffentlicht wurde, hatten diejenigen mit einer Ruheherzfrequenz von über 76 Schlägen pro Minute ein um 26 Prozent höheres Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden oder daran zu sterben, als diejenigen mit 62 Schlägen pro Minute oder weniger. Die höhere Frequenz sagte zwar keinen Schlaganfall voraus, deutete jedoch auf eine Belastung der Herzkranzgefäße hin.
Was die Ruheherzfrequenz beeinflussen kann
Die Ruheherzfrequenz reagiert weniger auf schnelle Interventionen als vielmehr auf den gleichmäßigen Rhythmus des täglichen Lebens. Die gleichen Faktoren, die sie in die Höhe treiben – schlechter Schlaf, chronischer Stress, Bewegungsmangel – sind oft auch diejenigen, die sie wieder senken, wenn man sich konsequent darum kümmert.
Das moderne Leben versetzt den Körper häufiger in einen schnelleren Gang, als uns bewusst ist. Daher ist das Ziel nicht Perfektion, sondern die Schaffung von Bedingungen, die dem Herzen helfen, zu seinem gewohnten Rhythmus zurückzufinden.
Hier finden Sie einige Tipps, die förderlich auf einen ausgeglichenen Ruhepuls sein können:
1. Bewegen Sie sich regelmäßig
Regelmäßige Bewegung trainiert das Herz, effizienter zu pumpen, sodass es in Ruhe weniger oft schlagen muss. Eine im Journal of Clinical Medicine veröffentlichte
Metaanalyse ergab, dass fast jede Art von Aktivität – Gehen, Krafttraining, Yoga, Tai Chi – die Ruheherzfrequenz senkt, wobei Ausdauertraining die größten Verbesserungen zeigt. Selbst 20 bis 30 Minuten regelmäßige Bewegung pro Tag können dazu beitragen, die Gesamteffizienz des Herzens zu stärken.
2. Üben Sie langsames, bewusstes Atmen
Langsames Atmen stimuliert den Vagusnerv, der den Körper in einen beruhigenden, parasympathischen Zustand versetzt. Schon wenige Minuten rhythmisches Atmen, Meditation oder ruhige Konzentration können die physiologische Belastung verringern und die Herzfrequenz wieder auf ihren Ausgangswert zurückbringen. Kardiologen weisen darauf hin, dass Stress, insbesondere wenn er chronisch ist, das Herz schneller arbeiten lässt, als es nötig ist, und dass diese Techniken helfen, diesem Muster entgegenzuwirken.
3. Schützen Sie Ihren Schlaf
Der Schlaf ist die nächtliche Rückstellung des autonomen Nervensystems. Unregelmäßige Schlafenszeiten und unterbrochener Schlaf erhöhen die Ruheherzfrequenz am nächsten Tag. Ein regelmäßiger Schlafrhythmus kann dazu beitragen, sie wieder in Ihren normalen Bereich zu bringen.
4. Tanken Sie natürliches Licht
Das Morgenlicht stellt die innere Uhr des Körpers ein und beeinflusst die innere Uhr positiv. In einer in BMC Public Health veröffentlichten
Studie mit mehr als 1.700 Erwachsenen verschob jede zusätzliche halbe Stunde Sonnenlicht vor 10 Uhr morgens die innere Uhr des Körpers nach vorne und verbesserte die Schlafqualität – Veränderungen, die sich oft in einer niedrigeren Ruheherzfrequenz am nächsten Morgen zeigten.
5. Achten Sie den ganzen Tag über auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Selbst eine leichte Dehydrierung kann dazu führen, dass das Herz stärker arbeiten muss, um den Blutfluss aufrechtzuerhalten. Kleine, regelmäßige Schlucke Wasser tragen dazu bei, das Blutvolumen stabil zu halten und diese Belastung zu verringern.