Deutschland liefert Marder und Patriot-System in die Ukraine – FDP will weitere Kampfpanzer schicken

Wir liefern nicht, weil die anderen auch nicht liefern – das war lange Zeit die Haltung von Kanzler Scholz zur Forderung der Ukraine nach Kampf- und Schützenpanzern. Nun gibt es eine Kehrtwende.
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die Ukraine soll 60 „Marder"-Panzer aus Deutschland erhalten.Foto: über dts Nachrichtenagentur
Von 6. Januar 2023

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Nach monatelangem Zögern liefern Deutschland und die USA der Ukraine nun erstmals Schützenpanzer für den Kampf gegen die russischen Angreifer. Die Bundesregierung stellt der Ukraine zudem ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung, teilen Agenturen mit. Das vereinbarten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und US-Präsident Joe Biden am Donnerstag, 5. Januar, in einem Telefonat, wie es anschließend in einer gemeinsamen Erklärung hieß.

Scholz und Biden: „Unverbrüchliche Solidarität“

Deutschland will den ukrainischen Streitkräften den Schützenpanzer Marder liefern, der vor mehr als 50 Jahren für die Bundeswehr entwickelt wurde. Die USA schicken Panzer vom Typ Bradley.

Es handelt sich um die ersten Schützenpanzer westlicher Bauart, die die Ukraine erhält. Bisher lieferten osteuropäische Staaten nur sowjetische Modelle in das Kriegsgebiet. Allerdings erhielt die Ukraine Flugabwehr-, Transport- oder Bergepanzer westlicher Hersteller.

Scholz und Biden bekräftigten in dem Telefonat „ihre unverbrüchliche Solidarität mit der Ukraine und der ukrainischen Bevölkerung im Angesicht der entfesselten Aggression der Russischen Föderation“. Sie würdigten auch die militärische Unterstützung durch andere Verbündete.

Auch Macron hat Panzer zugesagt

Die Ukraine hatte die westlichen Alliierten und insbesondere Deutschland monatelang um Kampf- und Schützenpanzer gebeten. Scholz hatte immer wieder betont, dass Deutschland in dieser Frage nicht im Alleingang handeln werde. Dabei verwies er darauf, dass bisher kein anderes NATO-Land solche Panzer in die Ukraine geschickt habe.

Der Kurswechsel deutete sich bereits am Mittwoch an, als der französische Präsident Emmanuel Macron dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj schwer bewaffnete Spähpanzer zusagte. Gleichzeitig stellte Biden die Schützenpanzer in Aussicht.

Rheinmetall hat noch 60 Marder übrig

Um wie viele Marder es geht, blieb zunächst unklar. Bereits im Sommer 2022 hatte das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen Rheinmetall hundert dieser Schützenpanzer für die Ukraine angeboten.

Inzwischen sind davon 40 für Griechenland bestimmt, das dafür Schützenpanzer sowjetischer Bauart in die Ukraine liefert. Die restlichen 60 Marder könnte also die Ukraine bekommen.

Die Arbeiten zur Instandsetzung und Überholung der Waffensysteme laufen seit einigen Monaten und sind teils auch schon abgeschlossen.

Die Amerikaner gelten als wichtigster Verbündeter im Abwehrkampf der Ukraine gegen die russische Invasion. Seit dem Beginn von Bidens Amtszeit im Januar 2021 stellten die Vereinigten Staaten Militärhilfe für die Ukraine in Höhe von knapp 22 Milliarden US-Dollar bereit.

Die Amerikaner haben Kiew dabei bereits verschiedene schwere Waffensysteme zur Verfügung gestellt oder zugesagt, darunter die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, die den russischen Streitkräften mitunter schwere Verluste zufügen.

Deutschland zieht bei Patriots nach

Beim Besuch von Selenskyj kurz vor Weihnachten in Washington hatte Biden Kiew dann auch die Lieferung eines Flugabwehrsystems vom Typ Patriot zugesichert. Deutschland zog nun nach. Zunächst hatte es aus der Bundesregierung geheißen, sie könne nach einer Zusage an Polen keine Patriots mehr entbehren.

Deutschland hat der Ukraine seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 Waffen und militärische Ausrüstung im Wert von 2,25 Milliarden Euro geliefert. Darunter befanden sich Panzerhaubitzen (schwere Artilleriegeschütze), Flugabwehrpanzer Gepard und das Flugabwehrsystem Iris-T, das eine ganze Großstadt schützen können soll.

Selenskyj äußerte sich positiv zur Lieferung weiterer Waffen. Auf Twitter schrieb er, er danke Scholz „für die Entscheidung, der Ukraine eine Patriot-Flugabwehrraketenbatterie zu liefern. Zusammen mit dem früher gelieferten IRIS-T-System und den Gepard-Panzern macht Deutschland einen wichtigen Beitrag dazu, dass alle russischen Raketen abgefangen werden.“

FDP will auch Leopard-Lieferungen

Unterdessen fragt die „Bild“, ob Scholz nun doch zum „Panzer-Kanzler“ werde. Für seine bisherige Weigerung, der Ukraine Panzer zur Verfügung zu stellen, hatte er heftige Kritik aus den Reihen der Koalition hinnehmen müssen.

Nun ist mit der Lieferung des „Marder“ der erste Schritt zur „Panzer-Wende“ getan. Denn ein Kampfpanzer ist der „Marder“ nicht. Von einer Lieferung des „Leopard“ sei bislang keine Rede.

Doch könnte sich das möglicherweise bald ändern. FDP-Verteidigungspolitikern Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die Scholz wegen seiner Weigerung, Panzer zu liefern, hart angegangen war, sagte laut „Bild“: „Diese Entscheidung kommt sehr spät, aber nicht zu spät.“ „Wir lassen nicht locker. Nach dem Marder kommt der Leopard. Ich bleibe dran.“

Hingegen verteidigte FDP-Parteichef Christian Lindner die Linie von Scholz. Die Lieferung des „Marder“ erfolge nun „im Einklang mit den Verbündeten“, schrieb er auf „Twitter“. „Es war richtig, auf Alleingänge zu verzichten, auch wenn Entscheidungen künftig schneller getroffen werden können. Die Durchhaltefähigkeit der Ukraine muss größer bleiben als Putins Grausamkeit.“

Habeck: „Haben die Pflicht zu helfen“

Lobende Worte gab es auch von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): „Das ist eine gute Entscheidung.“ Es sei folgerichtig, diesen Schritt zu gehen. „Die Ukraine hat das Recht, sich selbst gegen den russischen Angriff zu verteidigen, und wir haben die Pflicht, ihr dabei zu helfen“, betonte er.

Habecks Parteikollege und Außenpolitiker Robin Wagener nannte die Lieferungen aller drei Länder ein „erneuertes Signal der vollen Solidarität und unverbrüchlichen Partnerschaft mit der Ukraine“. Damit werde „ein Knoten gelöst“.

Wagener mahnte aber auch an: „Als Partner der Ukraine müssen wir unsere Unterstützung kontinuierlich an den Bedarfen der Streitkräfte und den Realitäten auf dem Schlachtfeld anpassen. Angesichts der russischen Mobilisierung wird es daher nicht allein bei den Schützenpanzern bleiben können.“

Soldaten schnell ausbilden

Sebastian Schäfer (Grüne), stellvertretender Vorsitzender des Gremiums „Sondervermögen Bundeswehr“, fordert nun, dass möglichst schnell mit der Ausbildung der ukrainischen Soldaten begonnen werden müsse.

Lob für die Wende bei den Waffenlieferungen kam auch aus Opposition. „Die Entscheidung stellt eine späte, aber gute Einsicht des Bundeskanzlers dar“, sagte Fraktionsvizevorsitzender Johann Wadephul (CDU) in der „Welt“. Die Union habe die Lieferung von Panzern seit dem Frühjahr 2022 gefordert. „Seitdem ist für die Ukraine wertvolle Zeit verstrichen. Deshalb muss die Ausbildung jetzt schnellstmöglich starten“, forderte er.

Nach Ansicht von Nico Lange, bis 2021 Leiter des Leitungsstabs im Bundesverteidigungsministerium, braucht die Ukraine Kampf- und Schützenpanzer: „Dann geht der Krieg schneller vorbei“, zitiert ihn die „Bild“.

Das Magazin „Focus“ würdigt die Panzerlieferung. Die Entscheidung sei richtig, heißt es in einer Analyse. „Die Hilfe kommt spät, früher gefallen, hätten viele Menschenleben gerettet werden können. Aber sie kommt eben auch nicht zu spät, sondern kriegstaktisch gesehen vielleicht sogar zum richtigen Zeitpunkt.“

Scholz solle künftig aber mehr tun, um endlich „vor die Lage“ zu kommen, „anstatt ständig ängstlich anderen hinterherzulaufen. Sonst wird es mit der deutschen Führungsrolle nichts mehr.“

 



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