Mehr Nähe zu China?
Machtwechsel in Südkorea: Lee Jae-myung triumphiert - Konservative geschwächt
Nach dem politischen Beben um Ex-Präsident Yoon Suk-yeol hat sich Südkoreas Wählerschaft für einen Neuanfang entschieden. Der Wahlkampf war überschattet von der Krise rund um das kurzlebige Kriegsrecht vom vergangenen Dezember.

Präsidentenkandidat Südkoreas Lee Jae-myung.
Foto: Lee Jin-man/AP/dpa
Der linke Politiker Lee Jae Myung hat seine fünfjährige Amtszeit als neuer Präsident Südkoreas begonnen. Die Wahlkommission bestätigte laut der amtlichen Nachrichtenagentur Yonhap seinen Sieg nach Auszählung aller Stimmen am Mittwochmorgen. Demnach erhielt Lee 49,4 Prozent der Stimmen, während der konservative Kandidat Kim Moon Soo mit 41,2 Prozent auf dem zweiten Platz folgte. Die Wahlbeteiligung lag mit 79,4 Prozent so hoch wie seit knapp 30 Jahren nicht mehr.
Annäherung an China und Nordkorea?
Wahlsieger Lee Jae-myung verspricht einen politischen Neuanfang. Außenpolitisch befürwortet er eine diplomatische Annäherung gegenüber Nordkorea und China.
Wirtschaftlich möchte er einen nachhaltigen Energiewandel forcieren und die staatlichen Investitionen in Künstliche Intelligenz und andere Zukunftstechnologien verstärken. Zudem gilt Lee Jae-myung als Verfechter von Arbeitnehmerinteressen.
Durchregieren wird in Südkorea leichter
Inmitten zunehmender politischer Instabilität und Polarisierung waren am Dienstag, 3. Juni, mehr als 44 Millionen Menschen in Südkorea zur Präsidentschaftswahl aufgerufen. Dazu hatten etwas mehr als 250.000 Expats des Landes die Gelegenheit, im Ausland ihre Stimme abzugeben.
Bereits im Vorfeld der Wahlen galt Lee als klarer Favorit. Sein Erfolg wird seiner Partei ein Durchregieren erleichtern – im Parlament verfügt ein von ihr geführtes Bündnis seit April des Vorjahres über 161 von 300 Sitzen.
Wie Umfragen vor der Wahl erkennen ließen und mittlerweile auch Nachwahlbefragungen, stand die Wahlentscheidung im Zeichen der Ereignisse vom Dezember des Vorjahres. Damals hatte der mittlerweile seines Amtes enthobene Präsident Yoon Suk-yeol überraschend das Kriegsrecht ausgerufen. Soldaten rückten auf seinen Befehl aus, um das Parlament zu umstellen. Dieses wendete sich jedoch mit 190 zu 0 Stimmen gegen diese Entscheidung.
Verlust für die Konservativen – rechte Stimmen zersplittert
Kurz nach diesem Votum zogen die Militärs unverrichteter Dinge wieder ab. Der Versuch, erstmals seit den 1980er-Jahren wieder mit Ausnahmedekreten zu regieren, war gescheitert. Zuletzt setzten Parlament und Verfassungsgericht die Amtsenthebung von Yoon Suk-yeol durch. Dem früheren Präsidenten droht nun ein Prozess wegen Hochverrats.
Bereits 2017 war mit Park Geun-hye eine Präsidentin nach Vorwürfen der Korruption und Vetternwirtschaft des Amtes enthoben worden. Ein Impeachment des Präsidenten Roh Moo-hyun durch das Parlament im Jahr 2004 scheiterte hingegen am Widerstand des Verfassungsgerichts.
Yoon hatte die Ausrufung des Kriegsrechts damit begründet, dass es kommunistische Unterwanderungsversuche des Landes gebe. Er beschuldigte Lee und die von der DPK geführte Opposition, von Nordkorea beeinflusst zu sein.
Wahl in Südkorea von Dezember-Krise überschattet
Weder in den Institutionen noch in der Bevölkerung stieß Yoon mit dieser Einschätzung auf Verständnis. Vielmehr nahm man das Manöver als Reaktion darauf wahr, dass die Opposition den vom Präsidenten vorgelegten Haushalt mit ihrer Parlamentsmehrheit scheitern ließ.
Obwohl sich auch die konservative Regierungspartei PPP, die Yoon für das Präsidentenamt nominiert hatte, von dessen Kriegsrechtsentscheidung distanziert hatte, schadeten die Ereignisse Kim Moon-soo im Wahlkampf. Er galt lange Zeit als enger Vertrauter des Ex-Präsidenten. Dazu kam eine Zersplitterung der Partei durch die Konkurrenzkandidatur von Lee Jun-seok.
Die durch das Kriegsrecht bewirkte Krise überschattete den gesamten Wahlkampf. Dadurch spielten Sachthemen wie die Wirtschaftspolitik, Gesellschaftsfragen wie der Geburtenrückgang oder die Außenpolitik kaum eine Rolle. Auch der Umstand, dass Wahlsieger Lee zuletzt wegen diverser Vorwürfe selbst im Visier der Justiz stand, hinderte die Bürger nicht, ihn mit deutlicher Mehrheit zu wählen.
Chinas Einfluss und geopolitische Sorgen im Hintergrund der Wahl
Seine Immunität könnte den Ermittlungen wegen des Verdachts falscher Angaben bei der Registrierung, Meineids, Untreue und Veruntreuung öffentlicher Gelder ein Ende bereiten. Die Entscheidung darüber muss der Oberste Gerichtshof treffen.
Viele Konservative sehen in Lee ein Einflussinstrument Chinas, das auf internationaler Ebene zu den wichtigsten Unterstützern Nordkoreas zählt. Sie befürchten außenpolitisch eine Abwendung von den USA und eine Schwächung des Landes gegenüber kommunistischen Einflussversuchen. Lee hatte Yoon im Vorjahr für dessen Aussagen kritisiert, Südkorea würde Taiwan im Fall einer chinesischen Invasion beistehen. Auch gegenüber Nordkorea könnte er offener werden.
Der Einfluss des KP-Regimes in Südkorea findet vor allem über Austauschprogramme für Schüler und für Beamte statt; dazu kommen die Universitäten, die auch in Südkorea als kommunistische Hochburgen gelten. Hier wirkt China durch Soft-Power-Instrumente wie die Konfuzius-Institute auf mögliche Entscheidungsträger von morgen ein. Für Teilnehmer an Austauschprogrammen ist die Teilnahme kostenlos.
(Mit Material von dpa)
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
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