„Sinnlose Zeiten der Hochrüstung“: Slowakischer Premierminister Fico bringt möglichen NATO-Austritt ins Spiel
Während NATO-Generalsekretär Rutte eine deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben fordert, stellt der slowakische Premierminister Robert Fico nicht nur deren Sinn infrage – er bringt sogar eine mögliche Neutralität seines Landes ins Spiel. Präsident Pellegrini kontert mit deutlicher Kritik.

Robert Fico, Ministerpräsident der Slowakei.
Foto: Sean Gallup/Getty Images
0:00
Der slowakische Premierminister Robert Fico hat während eines Pressetermins Kritik an der geplanten Erhöhung des NATO-Ausgabenziels geübt. Dabei hat er auch die Frage einer möglichen Neutralität als Alternative ins Spiel gebracht.
Wie die Zeitung „Aktuality“ berichtete, hatte Fico am Dienstag, 17. Juni, einen Inspektionstermin im Wirtschaftsministerium absolviert. Anschließend fragten ihn Medienvertreter nach seinen Erwartungen zum anschließend anberaumten Runden Tisch. Dort sollten die Vorsitzenden der Parlamentsfraktionen mit Präsident Peter Pellegrini über die geplante Ausweitung der Militärausgaben sprechen.
Fico vergleicht Rüstungsdebatte mit Corona-Zeit
Fico äußerte Zweifel am Sinn der Ausweitung des NATO-Ausgabenziels. Der Generalsekretär des Bündnisses, Mark Rutte, hatte jüngst eine neue Rahmenvereinbarung vorgeschlagen. Im Vorfeld des NATO-Gipfels in Den Haag, der am 24. Juni beginnen wird, plädierte er, perspektivisch 5 statt wie derzeit 2 Prozent des BIP (Bruttoinlandsprodukt) für Verteidigungsausgaben vorzusehen.
Der Regierungschef erklärte hingegen, er habe „das Gefühl, dass sich der Status quo in der Welt bewegt“. Anschließend sprach er von „sinnlosen Zeiten der Hochrüstung, in denen sich Rüstungskonzerne die Hände reiben wie Pharmakonzerne in der Corona-Zeit“. In einer solchen Situation könne er sich „eine Neutralität sehr gut vorstellen“.
Er habe sich in dieser Frage auch gegenüber anderen politischen Würdenträgern „sehr offiziell und sehr klar“ geäußert. Allerdings, so fügte Fico hinzu, liege diese Entscheidung „leider nicht in meinen Händen“. Der slowakische Premier hatte bereits in den vergangenen Jahren eine eigenständige Politik gegenüber EU und NATO verfolgt und sich insbesondere für ein intaktes Verhältnis zu Russland eingesetzt.
Fico will das Thema gegenüber Parteiführern ansprechen
Die Slowakei war 2004 der NATO beigetreten. Fico hat keinen konkreten Plan vorgelegt, wie er diesen Schritt umkehren wolle, außerdem würde dies einen komplexen Prozess voraussetzen. In diesen müssten auch der Präsident und das Parlament involviert sein. Am Donnerstag will er jedoch mit den Parteiführern der Slowakei das Thema erörtern.
Im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Rüstungsprogrammen mahnte der Premierminister, jede Erhöhung müsse „vernünftig über die Zeit verteilt“ sein. Aus der Opposition, aber auch von Präsident Pellegrini kam Kritik an Ficos Gedankenspielen über eine Neutralität.
Das Staatsoberhaupt mahnte, „nicht die Tür zu Debatten zu öffnen, die eine Gefahr für die Sicherheit der Slowakischen Republik darstellen könnten“. Diese müsse in jedem Fall die Priorität bleiben.
Der Präsident hält die Neutralität der Slowakei für potenziell teurer
Gegenüber der slowakischen Nachrichtenagentur „TASR“ äußerte Pellegrini, die Neutralität würde für die Slowakei möglicherweise sogar teurer werden als eine Mitgliedschaft in der NATO. Neutral zu sein, sei keine Garantie dafür, mit niemandem in Konflikt zu geraten. Es bedeute lediglich, dass man kein Mitglied großer internationaler Institutionen sei. In diesem Fall müsse man jedoch seine Sicherheit vollständig selbst garantieren, so der Präsident:
„Und dann wären es vielleicht nicht etwa 3,5 Prozent [des BIP], die für Rüstung ausgegeben werden, sondern vielleicht 7, 8, 10 Prozent, und das könnten wir überhaupt nicht bewältigen.“
Der Präsident erklärte, es sei ihm wichtig, dass die Unterstützung der Mitgliedschaft im Nordatlantischen Bündnis Teil des Regierungsprogramms sei. Ficos Aussage betrachte er als „Ausdruck einer persönlichen Haltung, wobei er vielleicht wieder eine politische Debatte anstoßen will“.
Pellegrini stimmt Fico bezüglich Verteilung der Mehrkosten zu
Allerdings sei Ficos Vorstoß eine „provokative Idee, die den öffentlichen Raum überfrachtet“. Aus Pellegrinis Sicht sei sie „unnötig und riskant“. Allerdings stimmte der Präsident dem Premier insofern zu, als die Erhöhung der NATO-Ausgaben „über einen möglichst langen Zeitraum verteilt“ werden sollte. Zudem solle ein „erheblicher Teil“ der zusätzlichen Ausgaben für Dual-Use-Projekte bereitgestellt werden, die auch einen zivilen Nutzen hätten.
Derzeit erfüllt die Slowakei das NATO-Ausgabenziel von 2014 mit einem Anteil der Verteidigungsausgaben von 2 Prozent des BIP. Der neutrale Nachbar Österreich kam 2024 auf 0,7 bis 0,84 Prozent. Die Schweiz kam zuletzt ebenfalls auf 0,7 Prozent.
Die Schweiz hatte sich 1815 zur allgemeinen Neutralität bekannt. In Österreich war diese 1955 Bestandteil des Staatsvertrages. Die Sowjetunion hatte den Abzug ihrer Truppen aus der von ihr seit der Befreiung des Landes vom Nationalsozialismus 1945 kontrollierten Zone von diesem Bekenntnis abhängig gemacht. Österreich möchte jedoch seine Militärausgaben bis 2032 ebenfalls auf 2, die Schweiz bis 2030 auf 1 Prozent des BIP aufstocken.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.
Aktuelle Artikel des Autors
5. Dezember 2025
Schulstreik gegen neuen Wehrdienst: Proteste in über 50 Städten
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.
0
Kommentare
Noch keine Kommentare – schreiben Sie den ersten Kommentar zu diesem Artikel.












