Wechsel bei Daimler: Ein Schwede übernimmt bei den Schwaben

Wechsel in der Führungsetage: Nach mehr als 13 Jahren als Vorstandsvorsitzender tritt Dieter Zetsche bei Daimler zurück. Ein Schwede soll die Ära Umweltschutz und Wandel beim Traditionskonzern einläuten – und das ganz ohne Ingenieursabschluss.
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Symbolbild.Foto: THOMAS KIENZLE/AFP/Getty Images
Epoch Times18. Mai 2019

Es ist kein Zufall, dass Mercedes sein erstes rein elektrisches Auto ausgerechnet in Schwedens Hauptstadt Stockholm vorgestellt hat.

„Schweden können mehr als Möbel verkaufen, die gut aussehen. Wir können auch mehr als Köttbullar und Abba, um gleich die nächsten Klischees abzuräumen“, schrieb der damalige Daimler-Entwicklungsvorstand Ola Källenius im vergangenen September im Firmenblog, wenige Wochen bevor er offiziell als Nachfolger des scheidenden Daimler-Chefs Dieter Zetsche vorgestellt wurde.

Das Loblied auf sein Herkunftsland und die Elektromobilität verrät auch viel darüber, wie sich der Schwede gern in der Öffentlichkeit positionieren möchte. Der 49-Jährige soll nach der 13 Jahre dauernden Ära Zetsche den Neuanfang symbolisieren. Steht Zetsche für Ingenieurskunst und schwere Dieselmotoren, so soll Källenius für Umweltschutz und den Wandel zum Stromantrieb stehen. Der dreifache Vater ist zudem der erste Daimler-Chef, der keinen Ingenieursabschluss hat und dazu auch noch Ausländer ist.

Der Wandel kommt beim Traditionskonzern Daimler aber nicht als Bruch, sondern als fließender Übergang. Schon seit einem dreiviertel Jahr hat Zetsche hinter den Kulissen Stück für Stück Verantwortung an Källenius abgegeben – ohne dass sich der 1,95 Meter große Schwede dabei in den Vordergrund gedrängt hätte. „Es ist auch ein stückweit unsere Mentalität, Taten für sich sprechen zu lassen“, schrieb der Nachfolger in seinem Blogbeitrag.

Outsourcing und der Abgasskandal

Beobachter wollen die erste Tat von ihm bereits erkannt haben: So soll die Abgabe der Produktion des Kleinstwagens Smart an den chinesischen Autobauer Geely die Handschrift von Källenius tragen, der im Gegensatz zu Zetsche nicht als besonderer Fan des „Bonsai-Benz“ gilt.

Auch sonst werden dem Manager gleich zu Beginn einige schwere Entscheidungen abverlangt – hinterlässt Zetsche doch kein einfaches Erbe: Die Absatzzahlen weltweit bleiben hinter früheren Rekordjahren zurück, der Gewinn ist zuletzt eingebrochen. Zudem vererbt Zetsche den Dieselskandal. Daimler musste im vergangenen Jahr hunderttausende Fahrzeuge wegen mutmaßlicher illegaler Abgasmanipulationen zurückrufen, weitere Rückrufe drohen. Die Stuttgarter bestreiten allerdings, verbotene Software-Tricks angewandt zu haben.

25 Jahre Erfahrung bei Daimler

Große Herausforderungen erwarten Källenius auch bei den Zukunftsthemen. Daimler hat sich dort bereits in den vergangenen Monaten eng mit dem einstigen Konkurrenten BMW zusammengetan. Sie haben ihre Carsharing-Angebote zusammengelegt und forschen gemeinsam am autonomen Fahren.

Auch im Verhältnis zum chinesischen Großaktionär Geely wird Källenius entscheiden müssen, wie eng die Zusammenarbeit nach dem Smart-Deal noch werden soll.

Källenius wird wissen, wie viel Kulturwandel er Daimler zumuten kann. Schließlich arbeitet er schon mehr als ein Vierteljahrhundert für den einstigen Erfinder des Automobils. Direkt nach dem Wirtschaftsstudium in Stockholm und St. Gallen stieg er 1993 in der „Internationalen Nachwuchsgruppe“ ein, der Talentschmiede von Daimler-Benz.

So baute er in den USA das erste Auslandswerk mit auf und organisierte in Stuttgart den Einkauf von Motorteilen. 2003 wurde Källenius Chef der Rennsportmarke McLaren in Großbritannien, 2010 Chef der Tuning-Marke AMG. 2013 holte ihn Zetsche schließlich als Vertriebschef zu Mercedes.

Seit 2015 saß er in dieser Funktion im Vorstand des Gesamtkonzerns. 2017 schließlich übertrug ihm Zetsche das Ressort für Forschung und Entwicklung, was ihn endgültig zum Kronprinzen machte.

Auch wenn Källenius sich nun als innovativer Elektro-Verfechter präsentiert – röhrende Motoren und Abgaswolken sind dem neuen Daimler-Chef also nicht fremd. (afp)



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