Wirtschaftssicherheit: Scholz will Japan zum Vorbild nehmen

Um die Beziehungen zu Japan zu vertiefen, legte die halbe Bundesregierung mehr als 11.000 Kilometer für ein paar Stunden in Tokio zurück. Dabei stand die wirtschaftliche Sicherheit im Mittelpunkt. Vor allem in Hinblick auf China.
Wirtschaftssicherheit: Scholz will Japan zum Vorbild nehmen
Japans Premierminister Fumio Kishida (vordere Reihe, 4. v. r.) und Bundeskanzler Olaf Scholz (vordere Reihe, 4. v. l.) mit Geschäftspartnern aus Deutschland und Japan am 18. März 2023 in Tokio.Foto: NICOLAS DATICHE/POOL/AFP via Getty Images
Epoch Times20. März 2023

Deutschland und Japan wollen künftig bei der Rohstoffversorgung und in Verteidigungsfragen enger zusammenarbeiten. Das beschlossen beide Länder am Samstag bei ihren ersten Regierungskonsultationen in Tokio. Sie wollen ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufschlagen.

„Heute heben wir diese guten Beziehungen auf eine neue Stufe“, sagte Scholz. Man wolle der ohnehin schon engen Zusammenarbeit einen „neuen Schub“ verleihen. In einem Twitter-Beitrag betonte er die drei Punkte, bei denen die beiden Ländern voneinander lernen wollen:

An den Beratungen nahmen auf beiden Seiten mehrere Minister teil. Auf deutscher Seite waren neben Pistorius auch Robert Habeck (Vizekanzler und Wirtschaft, Grüne), Annalena Baerbock (Außen, Grüne), Christian Lindner (Finanzen, FDP), Nancy Faeser (Innen, SPD), Boris Pistorius (Verteidigung, SPD) und Volker Wissing (Verkehr, FDP) dabei.

Japan: Staat und private Unternehmen arbeiten eng zusammen

Im Mittelpunkt der Gespräche stand das Thema Wirtschaftssicherheit. Es geht dabei vor allem um den Ausbau internationaler Kooperationen, um Abhängigkeiten von einzelnen Wirtschaftsmächten etwa beim Import von Rohstoffen zu reduzieren. Deutschland will Lehren aus der früheren Gas-Abhängigkeit von Russland ziehen.

Japan, das ebenfalls in großem Stil Rohstoffe importiert, hat eigens ein Gesetz zur Wirtschaftssicherheit erlassen, das von der Bundesregierung als vorbildlich angesehen wird.

Wie das „Handelsblatt“ berichtet, arbeiten in Japan in puncto Energieversorgung der Staat und private Unternehmen eng zusammen. Demnach gebe es dort einige Unternehmen, staatliche Organisationen sowie staatliche und halbstaatliche Finanzinstitute, die sich auf die Finanzierung, Erforschung und Erschließung von Energie- und anderen Rohstoffquellen spezialisiert hätten.

Laut Professor Seijiro Takeshit hätten offiziell die amtlichen Stellen das Sagen. „Aber meistens sind es private Unternehmen, Japans Handelshäuser, die die eigentliche Arbeit machen.“ Diese würden die Entwicklungen in vielen Ländern besser verstehen, weil sie dort auch große Projekte mit den Regierungen umsetzen würden, so der japanische Professor.

Laut Scholz sollen zukünftig Institute beider Seiten wie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe ihre Kooperation intensivieren. Auf beiden Seiten habe sich viel Wissen angesammelt, sagte Scholz. „Wenn man das zusammenführen kann, führt das zu einer erheblichen Steigerung der Handlungsmöglichkeiten“, sagte der Kanzler. Ziel ist es, die Abhängigkeit von in China verarbeiteten Rohstoffen wie zum Beispiel seltenen Mineralien zu reduzieren.

Deutschland will Kriegsschiff in Pazifik-Region schicken

Im Verteidigungsbereich wollen beide Länder einen Rechtsrahmen für ihre Kooperation schaffen. Zudem wollen sie ihre Zusammenarbeit mit gemeinsamen Übungen und gegebenenfalls auch mit Rüstungskooperationen vertiefen.

„Die Chance liegt auf der Hand. Die Japaner werden ihren Verteidigungshaushalt in den nächsten fünf Jahren verdoppeln“, sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius. Deutschland habe das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro. Dadurch würden sich neue Möglichkeiten für eine Kooperation in Rüstungsfragen ergeben.

Im kommenden Jahr will die Bundeswehr erneut ein Kriegsschiff in die Pazifik-Region schicken, das dann dort an Übungen teilnehmen wird. Die Mission sei als „Bekenntnis zur Freiheit der Meere“ zu verstehen, sagte Scholz.

Im Südchinesischen Meer gibt es mehrere Territorialkonflikte zwischen China und Ländern wie Vietnam, den Philippinen und Malaysia. Hinzu kommt der Konflikt zwischen China und Taiwan, welches sich als unabhängig ansieht, was von der Regierung in Peking nicht akzeptiert wird.

Bewusst zuerst nach Japan, dann nach China gereist

Scholz hat sich nach seinem Amtsantritt sehr um eine Vertiefung der Beziehungen zu Japan bemüht. Im April 2022 war es das erste asiatische Land, das er besuchte. Dem Beispiel seiner Vorgänger Angela Merkel (CDU) und Gerhard Schröder (SPD), die zuerst nach China gereist waren, wollte er bewusst nicht folgen.

Damit setzte Scholz schon damals das Signal, dass sich Deutschland in Asien breiter aufstellen will, um die wirtschaftliche Abhängigkeit von China zu vermindern. Die Reise nach Peking folgte erst im November.

Japan hat derzeit den Vorsitz in der G7, einer Gruppe wirtschaftsstarker Demokratien. Das jährliche Gipfeltreffen kommt im Mai in Hiroshima zusammen. Scholz wird dann erneut nach Japan reisen. (dpa/il)



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