1. August: Polizeigewalt auf Corona-Demos in Berlin bislang folgenlos

Ob es am 1. August bei Corona-Demonstrationen in Berlin zu unverhältnismäßiger Gewalt durch Polizeikräfte kam, werde „transparent untersucht“, versprach Innensenator Andreas Geisel. Den aktuellen Stand der Untersuchung erhielt AfD-Politiker Marc Vallendar nun in einer Anfrage an das Abgeordnetenhaus.
Titelbild
Polizisten bei einem Einsatz zu einer Corona-Demonstration in Berlin.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times4. September 2021

Während der Demonstrationen gegen die restriktiven Corona-Maßnahmen am 1. August in Berlin, kam es zu Vorfällen von Polizeigewalt. Es gab zahlreiche Beweisvideos und Augenzeugen. Sogar der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Nils Melzer, leitete Ermittlungen ein.

Nach der Demonstration mit zahlreichen Festnahmen und Verletzten versprach Innensenator Andreas Geisel (SPD) Aufklärung und Konsequenzen. Melzer und Geisel hatten diesbezüglich auch eine Unterredung.

Was ist seit dem 1. August geschehen? Genau das wollte der AfD-Abgeordnete Marc Vallendar wissen und richtete am 10. August eine schriftliche Anfrage an das Abgeordnetenhaus. Seine Anfrage beinhaltete 14 Fragen.

Er wollte unter anderem wissen, wie viele Personen verletzt worden waren. Es seien 62 Einsatzkräfte zu Schaden gekommen, hieß es in dem Antwortschreiben an den AfD-Politiker. Über verletzte Demonstranten hingegen konnte keine Auskunft gegeben werden: „Die Polizei Berlin führt keine Statistik über verletzte Teilnehmende“.

Vallendar wollte auch wissen, wie viele Versammlungen für den 1. August angemeldet waren. Konkret waren dies 39, von denen 18 stattgefunden haben. Fast alle Demonstrationen, die gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung gerichtet waren, wurden im Vorfeld verboten.

Bisher keine Disziplinarverfahren eingeleitet

Das Antwortschreiben an Vallendar zeigte auch, dass gegen die Einsatzkräfte, die durch Polizeigewalt aufgefallen waren, bislang keine Disziplinarverfahren eingeleitet wurden (Stand 13. August).

Betont wurde aber die gute Zusammenarbeit zwischen Behörden und UN-Berichterstatter Melzer. Seitens des Abgeordnetenhauses hieß es:

„Zu sämtlichen vorliegenden Verdachtsmomenten bezüglich Körperverletzungen im Amt durch Dienstkräfte der Polizei Berlin wurden durch das zuständige Dezernat des Landeskriminalamtes Berlin entsprechende Ermittlungen aufgenommen. Im Rahmen dieser laufenden Ermittlungsverfahren werden die Fragen des UN-Sonderberichterstatters – soweit möglich – geklärt. Im Übrigen steht der Senator für Inneres und Sport der Bitte des UN-Sonderberichterstatters um Stellungnahme zu den Einsätzen am 1. August 2021 sehr aufgeschlossen gegenüber. Am 11. August 2021 fand ein Treffen bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport statt. In diesem Gespräch wurde zugesichert, dass der UN-Sonderberichterstatter alle nötigen Informationen für eine Untersuchung erhalten werde. Dieser beschrieb das Treffen als ausnehmend positives Beispiel der Kooperation von Behörden mit dem UN-Berichterstatter.“

Mit einem „Nein“ wurde die Frage beantwortet, ob beim vorher stattfindenden CSD-Aufzug ein anderer Einsatzbefehl hinsichtlich der Eingriffsschwelle bei Verstößen gegen Hygienevorschriften angesetzt wurde, als bei den Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen.

Eine weitere Frage von AfD-Politiker Vallendar lautete: „Wie bewertet der Senat die Aussagen des Polizeisprechers Thilo Cablitz in der Berliner Zeitung ‚Unmittelbarer Zwang ist Gewalt, Gewalt schmerzt, Gewalt verletzt, Gewalt sieht gewalttätig aus‘, und stimmt der Senat dieser Aussage zu und inwieweit kam der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Anwendung des unmittelbaren Zwangs vorliegend überhaupt zum Einsatz?“

Dazu hieß es seitens der Behörde: „Gemäß § 1 Absatz 1 des Gesetzes über die Anwendung unmittelbaren Zwanges bei der Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Landes Berlin handelt es sich bei unmittelbarem Zwang um ‚Die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, durch Hilfsmittel der körperlichen Gewalt und durch Waffen.’ Die Ermittlungen, inwieweit es sich bei den jeweiligen Anwendungen von (körperlicher) Gewalt bei den Einsätzen am 1. August 2021 um rechtmäßigen Zwang handelte, also ob die rechtlichen Voraussetzungen vorlagen und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde, dauern an.“

Polizei sieht Einmischung Melzers kritisch

Innerhalb der Polizei werden die Ermittlungen des UN-Sonderberichterstatters zum 1. August kritisch betrachtet. Es sei ungewöhnlich, dass sich ein Amtsträger zuerst über Twitter über ein solches Geschehen äußere, sagte Geisel laut „Tagesspiegel“.

UN-Berichterstatter Melzer betonte, bei einer Demonstration mit Tausenden Menschen, die angeordnete Maßnahmen ignorierten, aber nicht gewalttätig seien, müsse anders reagiert werden. „Das ist ein Kommunikations-, kein Gewaltproblem. Da ist eine gepanzerte Polizeitruppe vielleicht nicht die richtige Antwort.“

Die Polizei zweifelt aber an der Einschätzungsgabe des Schweizer Rechtsprofessors. Zudem wurde betont, dass der Innenverwaltung die besagten Videoausschnitte bekannt seien. Bei der Auswertung des Materials sei festgestellt worden, „dass nicht alles so war, wie es aussieht“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hatte den UN-Sonderberichterstatter in einem Statement davor gewarnt, sich „nicht von den Querdenkern instrumentalisieren“ zu lassen. (nw)



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