Doppelpass als Normalität: Innenministerium will Einbürgerung erleichtern

Die Bereitschaft in Deutschland lebender Ausländer zur Einbürgerung ist seit Jahren rückläufig. Das Innenministerium plant nun offenbar Erleichterungen.
Ein Pass der Bundesrepublik Deutschland.
Ein Pass der Bundesrepublik Deutschland.Foto: Fabian Sommer/dpa
Von 25. November 2022

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Das Bundesinnenministerium arbeitet offenbar an einem Gesetzesentwurf, der die Einbürgerung in Deutschland lebender ausländischer Staatsangehöriger erleichtern soll. Dies schreibt die „Bild“-Zeitung. Das Blatt beruft sich auf ein internes Papier der SPD-Bundestagsfraktion.

In dem Bericht heißt es, der Entwurf befinde sich derzeit noch in der Ressort-Abstimmung. Noch bis Weihnachten soll er ins Kabinett kommen. Wie die „Tagesschau“ berichtet, hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Ressortkollegen aus den Ländern bereits in Kenntnis gesetzt.

Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien eine Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vereinbart. Mögliche Begünstigte des Vorhabens wären mehr als zwei Millionen ausländischer Staatsangehöriger.

Staatsbürger schon nach drei Jahren?

Profitieren würden von der Neuregelung vor allem Geflüchtete der Jahre 2015ff. und deren Kinder. Zudem entstünde für bereits lange in Deutschland lebende Einwanderer aus den ersten Gastarbeiter-Generationen ein Anreiz, einen deutschen Pass anzunehmen.

Kinder von Eltern, die seit mindestens fünf Jahren einen „rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalt“ im Bundesgebiet haben, sollen das Recht auf Einbürgerung erhalten. Bislang sind mindestens acht Jahre Voraussetzung dafür. Dies würde vor allem Kindern syrischer Flüchtlinge den Erwerb des deutschen Passes erleichtern.

Legal in Deutschland lebende ausländische Staatsangehörige sollen künftig bereits nach fünf Jahren einen Antrag auf Einbürgerung stellen dürfen. In Ausnahmefällen, wenn „besondere Integrationsleistungen“ vorliegen, sollen drei Jahre reichen. Derzeit betragen die Mindestwartezeiten acht beziehungsweise sechs Jahre.

Akzeptanz des Doppelpasses soll Bereitschaft zur Einbürgerung steigern

Andere beabsichtigte Reformvorhaben würden vor allem Gastarbeitern der ersten und zweiten Generation potenziell den Entschluss erleichtern, auch Deutsche zu werden. Die bislang geltende Verpflichtung, mit der Einbürgerung die bisherige Staatsangehörigkeit aufzugeben, soll wegfallen.

In der Praxis hatte sich über die Jahre eine Art Zweiklassengesellschaft in diesem Bereich gebildet. Während EU-Bürger im Regelfall ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten durften, wurde ein Doppelpass bei Bürgern von Drittstaaten nicht toleriert. Insbesondere für türkische Einwanderer ist dies bis heute ein Grund, den deutschen Pass nicht zu beantragen.

Für ausländische Staatsangehörige über 67 Jahre soll es auch keinen schriftlichen Sprachtest mehr geben. Es soll die „Fähigkeit zur mündlichen Verständigung“ ausreichen, um ein hinreichendes Potenzial zur Verständigung im Alltagsleben nachzuweisen.

Die übrigen Voraussetzungen einer Einbürgerung wie Verfassungstreue, Unbescholtenheit oder die Fähigkeit zum Bestreiten des eigenen Lebensunterhalts sollen bestehen bleiben.

Ausländische Bürger stehen nicht mehr Schlange für deutsche Staatsangehörigkeit

Aus der Union kommt bereits Widerspruch zu dem Vorhaben. Deren Parlamentarischer Geschäftsführer Thorsten Frei warnt, der deutsche Pass könne auf diesem Wege zur „Ramschware“ werden. Gegenüber „Bild“ erklärte er:

Die deutsche Staatsangehörigkeit muss am Ende und darf nicht am Anfang des Integrationsprozesses stehen. Alles andere gefährdet den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und dieses Landes.“

Tatsächlich scheint auch unter bereits lange in Deutschland lebenden integrierten Ausländern das Interesse am deutschen Pass zu sinken. Wie aus den Aufzeichnungen des Statistischen Bundesamts hervorgeht, ist die Zahl der Einbürgerungen zwischen 2000 und 2020 deutlich gesunken.

Gegen den Trend streben mehr Syrer eine Einbürgerung an

Im Jahr 2000, als das reformierte Staatsangehörigkeitsgesetz der Regierung Schröder in Kraft trat, hatten 186.700 Personen einen Einbürgerungsantrag gestellt. Von diesen waren 82.900 türkische Staatsangehörige, 89.900 kamen aus anderen Nicht-EU-Staaten.

Im Jahr 2020 wollten demgegenüber nur noch 109.800 ausländische Staatsangehörige Deutsche werden. Von diesen hatten 11.600 einen türkischen Pass, 28.300 kamen aus anderen EU-Staaten, 65.000 kamen aus sonstigen Drittstaaten. Zudem beantragten 4.900 in Deutschland lebende Briten, die nach dem Brexit EU-Bürger bleiben wollten, eine Einbürgerung. Auch deren Anzahl war jedoch rückläufig.

Gegen den Trend wuchs lediglich die Zahl der Einbürgerungsanträge syrischer Staatsangehöriger. Diese stieg 2020 gegenüber dem Jahr zuvor um 74 Prozent von 3.900 auf 6.700 Einbürgerungen. Mitte der 2010er-Jahre fanden in dieser Bevölkerungsgruppe noch 2.000 Einbürgerungen statt. Die Zahl syrischer Flüchtlinge, die einen deutschen Pass beantragen, dürfte infolge der zunehmend erfüllten Wartezeiten in den kommenden Jahren noch steigen.



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