In der großen Koalition wächst nach Hessen-Debakel die Nervosität

Konservative Werteunion fordert Merkels Ablösung als CDU-Vorsitzende. CDU und SPD büßten jeweils rund zehn Prozentpunkte ein. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: "Es muss sich hier in Berlin deutlich etwas ändern."
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Talfahrt einer GroKo.Foto: iStock
Epoch Times28. Oktober 2018

Nach den schweren Verlusten von CDU und SPD in Hessen wächst die Nervosität in der großen Koalition in Berlin. „Der Zustand der Regierung ist nicht akzeptabel“, sagte die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles am Sonntagabend. Sie forderte einen verbindlichen „Fahrplan“ für die Regierungsarbeit. Auch CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer verlangte ihrerseits eine „neue Arbeitskultur“ der großen Koalition.

Wie schon zwei Wochen zuvor in Bayern fuhren die an der Bundesregierung beteiligten Parteien in Hessen massive Verluste ein: CDU und SPD büßten jeweils rund zehn Prozentpunkte ein. Das sei ein Signal an die große Koalition, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil: „Es muss sich hier in Berlin deutlich etwas ändern.“

Auch die Wahlkämpfer der beiden Parteien in Hessen führten ihr Abstürzen unmissverständlich auf das chaotische Auftreten der schwarz-roten Koalition im Bund zurück. Der Wahlkampf sei „ganz stark überlagert vom Erscheinungsbild der großen Koalition in Berlin“ gewesen, beklagte der hessische Ministerpräsident und CDU-Spitzenkandidat Volker Bouffier. „Wir haben die Themen gesetzt, aber gegen den Bundestrend sind wir machtlos“, befand SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel.

Der Juso-Chef und „GroKo“-Kritiker Kevin Kühnert stellte das Regierungsbündnis in Berlin abermals infrage: „Unter den Bedingungen, unter denen wir in Berlin arbeiten, kann die SPD in keinem Bundesland einen Fuß auf die Erde bekommen.“ In der SPD steigt nun der Druck auf die Parteispitze, das ungeliebte Bündnis mit den Unionsparteien zu beenden.

Noch schreckt die Parteispitze vor diesem Schritt zurück. Parteichefin Nahles fand jedoch am Wahlabend deutliche Worten und stellte ein Ultimatum für die große Koalition. Union und SPD müssten nun einen „verbindlichen Fahrplan“ vereinbaren, sagte sie. An dessen Umsetzung bis zur „Halbzeitbilanz“ der Regierung zur Mitte der Legislaturperiode werde sich entscheiden, ob die SPD in der Koalition noch „richtig aufgehoben“ sei.

Nahles forderte die Union zudem auf, „inhaltliche und personelle“ Konsequenzen zu ziehen – Details nannte die SPD-Vorsitzende nicht. In der SPD gilt CSU-Chef und Bundesinnenminister Horst Seehofer als Störfaktor in dem Regierungsbündnis.

Auch Kramp-Karrenbauer bemängelte das „Erscheinungsbild“ der großen Koalition. „Sie leistet gute Arbeit, überdeckt diese Erfolge aber oft durch Streit“, sagte die CDU-Generalsekretärin. „Wir müssen besser werden.“

Kramp-Karrenbauer forderte eine „neue Arbeitskultur“ der großen Koalition. Union und SPD müssten nun entscheiden, „welche drei großen Projekte für die Zukunft Deutschlands sie gemeinsam konzentriert und geschlossen angehen wollen“. Mitte November soll es nach den Worten von Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) eine Kabinettsklausur geben.

Auch wenn Bouffier im Amt bleiben kann, dürfte die Wahl in Hessen in der CDU die Debatte um die Zukunft von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Parteivorsitzende befeuern. Der Vorsitzende der konservativen Werteunion, einem Zusammenschluss von Merkel-Kritikern aus CDU und CSU, Alexander Mitsch, forderte am Wahlabend abermals die Ablösung der CDU-Vorsitzenden.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner analysierte das Hessen-Ergebnis als „Misstrauensvotum“ für die große Koalition. Grünen-Chef Robert Habeck äußerte die Erwartung, dass das Regierungskoalition trotz des erneuten Wahldebakels zusammen bleibt: „Wenn Sie mich fragen, wie es weiter geht: Weiter mit dem Gewürge.“   (afp)



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