In zwei Tagen: Pistorius übernimmt Verteidigungsministerium

Boris Pistorius soll am Donnerstag das Amt des Bundesverteidigungsministers als Nachfolger der zurückgetretenen Christine Lambrecht (SPD) übernehmen. Wer ihm in Niedersachsen nachfolgt, ist zunächst noch offen.
Boris Pistorius soll auf Christine Lambrecht folgen und künftig das Verteidigungsministerium leiten.
Boris Pistorius leitet das Verteidigungsministerium.Foto: Moritz Frankenberg/dpa/Archiv
Von 17. Januar 2023

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) wird neuer Bundesverteidigungsminister. Der 62-Jährige folgt der am Montag (16. Januar) zurückgetretenen Christine Lambrecht (SPD). In den vergangenen Tagen hatte es bereits zahlreiche Spekulationen über eine Nachfolge gegeben. Der Name Pistorius gehörte allerdings nicht dazu.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hat seinem scheidenden Innenminister vor dessen Wechsel an die Spitze des Verteidigungsministeriums ein gutes Zeugnis ausgestellt. „Deutschland bekommt einen sehr guten Verteidigungsminister – davon bin ich überzeugt“, erklärte Weil am Dienstag in Hannover. Pistorius habe „zehn Jahre lang als niedersächsischer Innenminister für Sicherheit hier im Land gesorgt und so manche Herausforderung gut und umsichtig bewältigt.“

Der 62-Jährige habe auch bisher in Niedersachsen „stets einen sehr guten und engen Draht zum Militär und zu den Soldatinnen und Soldaten“ gehabt, erklärte Weil (SPD) weiter. Für deren Belange und für die Sicherheit der Menschen in Deutschland werde sich Pistorius „mit aller Kraft einsetzen“. Dies sei „jetzt noch wichtiger als sein aktuelles Amt in Niedersachsen“.

Schattenminister unter Martin Schulz

Pistorius, seit 2013 Innenminister in Niedersachsen, hatte bereits seit längerer Zeit bundespolitische Ambitionen. 2019 kandidierte er mit der sächsischen Ministerin Petra Köpping für den Bundesvorsitz der SPD – unter anderem gegen Olaf Scholz. 2017 gehörte er dem Schattenkabinett des damaligen Kanzlerkandidaten Martin Schulz an. Dort war er für die innere Sicherheit zuständig.

Boris Pistorius gilt als ein anderer Typ als Scholz – klarer, auch angriffslustiger. So machte er keinen Hehl daraus, dass er Kritiker des Ukraine-Krieges, die als „Putin-Versteher“ gelten, vom Verfassungsschutz beobachten lassen möchte.

Journalist Alexander Wallasch zitiert den SPD-Politiker auf seiner Internetseite folgendermaßen: „Es ist jedenfalls klar, dass der Verfassungsschutz sein Augenmerk derzeit besonders auf diejenigen Organisationen und Parteien im Land richtet, die womöglich eine besondere Nähe zu Putin auszeichnet“. Das betreffe Teile der AfD sowie „Teile der Bewegung, die sich gegen die Corona-Maßnahmen wendet, denn hier gibt es eine Schnittmenge“. Wegen seiner direkten Ansprache galt Pistorius in Niedersachsen als einer der populärsten Minister, schreibt wiederum „Der Spiegel“.

Lob für Christine Lambrecht

Bundeskanzler Olaf Scholz lobte seine frühere Ministerin. Er sprach davon, dass sich Lambrecht mit „ungeheurem Einsatz“ darum gekümmert habe, dass „jahrzehntelang ausgetrampelte Pfade verlassen werden“ und man den Aufbruch hinbekomme. Er habe „viele, viele Jahre gut und gerne mit Christine Lambrecht zusammengearbeitet“, sagte Scholz bei einem Besuch der Rüstungsfirma Hensoldt. Er danke der scheidenden Ministerin für die Arbeit, die sie für Deutschland geleistet habe.

Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) glaubt, dass Lambrecht die Entscheidung nicht leicht gefallen sei. „Es zeigt, unter welchem Druck sie steht, aber auch, wie sie dann versucht, Schaden vom Amt fernzuhalten.“ Lambrecht habe sicher den Anspruch gehabt, die Bundeswehr zu reformieren.

SPD-Chef Lars Klingbeil würdigte ebenfalls das Wirken Lambrechts als Verteidigungsministerin. Sie habe das Amt in einer außen- und sicherheitspolitischen Ausnahmesituation übernommen, sagt er. Er sah es als Verdienst an, dass sie gemeinsam mit Kanzler Scholz dafür gesorgt habe, „dass wir mit dem 100 Milliarden Euro Sondervermögen die Bundeswehr endlich wieder auf die Höhe der Zeit bringen können.«

Außerdem habe sie „viele ganz konkrete Verbesserungen für die Truppe angestoßen“. Klingbeil führte als Beispiele die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten und die finanziellen Spielräume für die Kommandeure vor Ort an. Dafür gebühre Lambrecht „großer Dank“ und ebenso Respekt für ihre Entscheidung.

Übergangsgeld für Lambrecht

Dreizehn Monate war Lambrecht im Amt, doch spielt das laut RTL bei der Zahlung des sogenannten Übergangsgeldes keine Rolle. Selbst wenn sie nur einen Tag Ministerin gewesen wäre, hätte sie laut Bundesministergesetz Anspruch auf den Übergangssatz gehabt. Und den gibt es so lange, bis die 57-Jährige eine neue Tätigkeit aufnimmt.

Ministergehälter (Amtsbezüge) setzen sich aus verschiedenen Komponenten zusammen, das gilt auch für das Übergangsgeld. So bezieht jeder Bundesminister eine Summe von 75.660 Euro; je nach Dauer der Amtszeit kann dieser Betrag auf fast 227.000 Euro ansteigen. Das regelt Paragraph 14 des Bundesministergesetzes. Es spielt keine Rolle, ob ein Minister zurückgetreten ist. Gezahlt wird gemäß Amtsdauer – mindestens sechs Monate, höchstens zwei Jahre.

Etwa 16.815 Euro pro Monat verdienen Lambrecht und ihre Bundesminister-Kollegen laut dem Bund der Steuerzahler. Dieses Gehalt setzt sich aus dem Grundgehalt der Besoldungsgruppe B11 für Bundesbeamte zusammen. Hinzu kommt ein Ortszuschlag sowie eine jährliche steuerfreie Pauschale in Höhe von knapp 3.681 Euro. Auch nach ihrem Ausscheiden erhält Lambrecht entsprechend dem Gesetz noch drei volle Monatsgehälter. Danach stehen ihr noch bis zu 21 Monate lang die halben Bezüge zu. Allerdings hat die SPD-Politikerin nur solange Anspruch, bis sie einen neuen Job annimmt. In diesem Fall wird ihr neues Gehalt mit den Bezügen verrechnet.

Ob und welche Tätigkeit Christine Lambrecht nach ihrer 13-monatigen Amtszeit nun aufnehmen wird, ist noch ungewiss. In weniger als drei Jahren könnte die 57-Jährige allerdings bereits in Rente gehen. Seit Juni 2019 war sie als Justizministerin und kurzzeitig sogar als Familienministerin tätig.

Strack-Zimmermann: Rückzug aus Stadtrat

Derweil hat die Bundestagsabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), die ebenfalls als mögliche Nachfolgerin als Verteidigungsminister im Gespräch war, ihren Rückzug aus dem Düsseldorfer Stadtrat angekündigt. Das berichtet die „Rheinische Post“.

Nach fast 25 Jahren Kommunalpolitik wolle sie sich künftig mehr auf ihre Aufgaben als Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages konzentrieren. Seit Beginn des Kriegs in der Ukraine sei sie intensiver in Berlin und auch international eingebunden.

Ihr Ratsmandat legt Strack-Zimmermann zum 1. Februar nieder. Während der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte war die 64-Jährige Fraktionsvorsitzende und als Erste Bürgermeisterin Stellvertreterin des Oberbürgermeisters der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Vorsitzende der Düsseldorfer FDP wolle sie aber möglichst noch bleiben. Ebenso möchte sie erneut zur Bundestagswahl antreten. Nicht infrage komme hingegen eine nochmalige Kandidatur für den Rat oder den Posten als Oberbürgermeister.

 



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