Krach im Jamaika-Bündnis: Grüne verhindern Vollverschleierungsverbot an Schleswig-Holsteins Unis

Ein Jahr lang diskutierten CDU, FDP und Grüne in Schleswig-Holstein über eine Gesetzesgrundlage für ein Verbot von Burka und Nikab bei Prüfungen und Lehrveranstaltungen an Hochschulen. Nun beschloss die grüne Fraktion einstimmig, ein solches nicht mitzutragen.   
Titelbild
Vollverschleierte Muslimin.Foto: SeanWang/iStock
Von 31. Januar 2020

Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Landtag von Schleswig-Holstein hat den Erlass eines Verbots der Vollverschleierung an den Universitäten des Landes verhindert. Damit ist das bereits seit einem Jahr von der Universität Kiel angestrengte Vorhaben gescheitert, Studentinnen die Vollverschleierung mittels Burka oder Nikab zu untersagen.

Im Unterschied zu den weit verbreiteten Verhüllungsformen Hidschab und Tschador, mittels derer muslimische Frauen ihr Haupthaar bedecken, verbergen die von einer kleinen Minderheit getragenen Formen der Burka und des Nikab auch weite Teile des Gesichts – was eine unmittelbare Identifizierung unmöglich macht.

Konvertierte Studentin der Agrarwissenschaften als Anlassfall

Wie die „Welt“ berichtet, hat die grüne Landtagsfraktion nun einstimmig beschlossen, einer Gesetzesnovelle, die einem Verbot der Vollverschleierung an Universitäten eine Grundlage gäbe, nicht zuzustimmen. Dieses hätte für Lehrveranstaltungen und Beratungsgespräche gelten sollen, nicht aber für den bloßen Aufenthalt auf dem Campusgelände.

Auf diese Weise lässt die im Wege einer „Jamaika-Koalition“ mitregierende Partei ihre Koalitionspartner CDU und FDP auflaufen, die sich beide für eine solche Lösung stark gemacht hatten – inklusive Ministerpräsident Daniel Günther und Bildungsministerin Karin Prien. 

Anlass für die Debatte war der Fall einer zum Islam konvertierten Studentin der Agrarwissenschaften, die in Vollverschleierung zu Vorlesungen erschienen war. Auf Initiative eines Professors erließ die Leitung der Christian-Albrechts-Universität ein Verbot der Vollverschleierung – und wandte sich an den Landtag mit der Bitte, dieses rechtlich abzusichern. Die Studentin drohte Klage an, am Ende einigte sie sich mit der Direktion darauf, vor der Teilnahme an Prüfungen oder Klausuren einer weiblichen Vertrauensperson die Identitätsprüfung zu ermöglichen.

Prien: „Aus juristischer Sicht eine gesetzliche Regelung zwingend erforderlich“

Die Debatte um die Absicherung eines Vollverschleierungsverbots im Hochschulgesetz ging unterdessen im Landtag weiter – mit den bekannten Positionen und Argumenten: auf der einen Seite der Hinweis darauf, dass das Grundgesetz explizit auch die positive Religionsfreiheit schütze, auf der anderen die Annahme, die Verschleierung diene der „Unterdrückung der Frau“ oder der Untermauerung von Machtansprüchen des politischen Islam.

Am kommenden Montag (3.2.) soll das Thema in der „Jamaika-Runde“ der Staatskanzlei noch einmal zur Sprache kommen, da Bildungsministerin Prien, wie sie auch der „Welt“ gegenüber betonte, davon ausgeht, dass „aus juristischer Sicht eine gesetzliche Regelung zwingend erforderlich“ sei. Dabei solle es nicht explizit um ein pauschales Verbot der Vollverschleierung, sondern um einen gesetzlichen Rahmen für die Akteure vor Ort gehen. Dabei dürfe die Politik „unsere Hochschulen nicht im Stich lassen“.

In den vergangenen Wochen hatten sich mehrfach deutliche Differenzen zwischen den Koalitionspartnern in Sachfragen gezeigt. Diese reichten dabei von einem Großauftrag der Bundeswehr für den Marineschiffbau über den „Klimaschutz“ bis hin zum Autobahnbau. Dass ein Bruch der Koalition drohe, stellten alle Seiten in Abrede.

Österreich: Van der Bellen kritisiert Bestrebungen zur Verschärfung des Kopftuchverbots

Auch in Österreich wird über die Verhüllung muslimischer Frauen diskutiert – mit den Grünen in der Regierung. Dabei geht es jedoch auch um die häufiger verwendeten Formen des Hidschab und Tschador. Vor allem die ÖVP strebt eine weitere Verschärfung der geltenden, noch aus der Zeit der türkis-blauen Koalition stammenden Regelung an. Diese sieht ein Kopftuchverbot an Kindergärten und Grundschulen vor.

Nun soll dieses auf Schülerinnen bis zum 14. Lebensjahr und den öffentlichen Dienst ausgeweitet werden. Die Grünen haben sich im Koalitionsvertrag trotz des Protests ihnen nahestehender Islamfunktionäre bereiterklärt, einen solchen Schritt mitzutragen.

Der ehemalige Grünen-Chef und nunmehrige Bundespräsident Alexander van der Bellen hat am Donnerstag anlässlich des Besuchs der Schweizer Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga indirekt seine Kritik an der geplanten Verschärfung des Kopftuchverbotes zum Ausdruck gebracht.

Den „Oberösterreichischen Nachrichten“ zufolge habe van der Bellen die Frage einer Hidschab tragenden Professorin an der ETH Zürich zitiert, ob es nicht wichtiger sei, „was man im Kopf hat, als was man auf dem Kopf hat“. Dies sei, so der Präsident, eine „politisch höchst brisante und wichtige Bemerkung“ gewesen.



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