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Haushaltsentwurf

Scharfe Kritik aus Industrie an Infrastrukturplänen: „Wenn gewollt würde, könnte sofort gebaut werden“

Trotz des beschlossenen Sondervermögens für Infrastruktur zeigen sich die Vertreter der Bauindustrie, des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe und der IG BAU enttäuscht von den Haushaltsentwürfen des Bundeskabinetts für 2026. Sie sehen gebrochene Versprechen. Die Bundesregierung weist die Kritik zurück.

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Pressekonferenz am 15.09.2025 zum Sondervermögen für Infrastruktur: Carsten Burckhardt, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, Christian Strunk, Präsident des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe und Peter Hübner, Präsident des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (v. l.).

Foto: Matthias Kehrein/Epoch Times

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Lesedauer: 7 Min.


In Kürze:

  • Trotz des Sondervermögens für Infrastruktur sieht der Verbandsvorsitzende der Bauindustrie eine „Hängepartie“ und einen „Verschiebebahnhof“.
  • Peter Hübner: Der Einsturz der Carolabrücke hat nichts bewirkt.
  • Der Präsident des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe befürchtet eine anhaltende Unterfinanzierung bei den Wasserstraßen.
  • Gewerkschafter der IG BAU: Mitglieder resignieren, da die Politik ihre Versprechen nicht einhält
  • Die Bundesregierung sagt, sie habe sich für eine adäquate finanzielle Ausstattung aller Verkehrsträger eingesetzt.

 
Marode Brücken, Schlaglöcher, kaputte Schleusen und bröckelnde Uferwände – bei einem Bundeshaushaltsentwurf 2026 mit Ausgaben von etwa 520,5 Milliarden Euro und Investitionen samt Klima- und Transformationsfonds plus neuem Sondervermögen von 126,7 Milliarden Euro für 2026, könnte man denken, dies würde bald der Vergangenheit angehören.
Doch der Verband der deutschen Bauindustrie, der Bundesverband Mineralische Rohstoffe und die IG Bau sehen diese Zukunft nicht, sollte es nicht noch einen Kurswechsel geben.
Nachdem der alte Bundestag im März ein Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaneutralität von 500 Milliarden Euro für die Dauer von zwölf Jahren auf den Weg gebracht habe, habe man stattdessen eine „Hängepartie zwischen unzureichenden Investitionsmitteln, einem Ausschreibungsstopp bei der Autobahn GmbH und eine fehlende Zusätzlichkeit von Investitionen bei den Haushaltsverhandlungen“ gesehen.
„Ich sage es deutlich: Die Zusätzlichkeit gibt es nicht“, erklärte Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, im Haus der Bundespressekonferenz am Montag, 15. September.
Stattdessen würden Investitionsmittel aus dem Kernhaushalt für Waren und Dienstleistungen, die im laufenden Haushaltsjahr einem Nutzen dienen würden, verwendet. „Der normale Etat schrumpft, die Lücke wird mit dem Sondervermögen aufgefüllt“, erklärte das Mitglied des Vorstandes der Strabag AG.

Verbandspräsident: Dresdner Brückeneinsturz ohne Folgen

„Man könnte meinen, bei den Verantwortlichen hat der Dresdner Brückeneinsturz nichts bewirkt“, so Hübner. Die mittlerweile abgerissene Dresdner Carolabrücke war am 11. September 2024 eingestürzt.
Laut Hübner müssten die Bauindustrie und auch die öffentlichen Auftraggeber weiterhin jedes Jahr um jeden Euro kämpfen.
Die Investitionen des Bundes sehen vor, dass 2026 in die Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserstraße knapp 34 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden sollen. „Das ist ein ganz wenig mehr als im Jahr 2025“, so Hübner weiter.
Für die Bundesfernstraßen würden für 2026 Investitionen von 10,3 Milliarden Euro eingeplant. Das seien gerade mal 260 Millionen Euro mehr als 2025. „Wie man damit das Brückenbauprogramm lösen will und vollziehen will, ist uns unklar“, sagte der Verbandsvorsitzende der Bauindustrie.
Das Ziel der Bundesregierung sieht vor, 400 marode Brücken pro Jahr zu sanieren oder zu ersetzen.
Dies werde man damit „mit Sicherheit“ nicht erreichen können, so Hübner. Er sehe statt Zusätzlichkeit bei den Investitionen im Straßenbau einen „Verschiebebahnhof“. 2,8 Milliarden Euro an Haushaltsmitteln würden gestrichen und die Lücke mit dem Sondervermögen beziehungsweise aus dem Verteidigungshaushalt geschlossen.

„Wenn gewollt würde, könnte sofort gebaut werden“

Bei den Wasserstraßen sei die Situation noch ernster, so Hübner. „Die Wasserstraßen sind ganz erbärmlich davongekommen.“ Ihr Etat sei gekürzt worden, obwohl dort die „größten Kapazitätsreserven für die Logistik in Deutschland“ schlummern.
Christian Strunk, Präsident des Bundesverbands Mineralische Rohstoffe, sieht das ähnlich. Er erklärt das Ausblenden des Sanierungs- und Ausbaubedarfs der Wasserstraßen durch die Politik so: „Ich kann mir das nur so erklären, dass die allgemeine Bevölkerung letztlich das weniger wahrnimmt als einen schleppenden Bahnverkehr mit Verspätungen oder Staus auf den Autobahnen.“
Dabei sei der Warenstrom über die Wasserwege enorm wichtig, da hier Massengüter wie Schüttgüter, Container oder Mineralöl und Diesel transportiert würden, so der Geschäftsführer der Hülskens Holding GmbH. Hier gebe es einen großen Investitionsstau. „Das ganze westdeutsche Kanalnetz braucht beispielsweise Hunderte von Millionen [Euro], um überhaupt auf Dauer erhalten zu werden.“
Auch die Schleusen vom Nord-Ostsee-Kanal mit Bauwerken, die seit über 100 Jahren genutzt würden, oder die Transportfähigkeit des Rheins über den Mittelrhein gehörten dazu. Das Projekt zur Vertiefung der dortigen Fahrrinne könnte in einem Jahr umgesetzt werden. Die Planungsphase dauere schon 15 Jahre. Die Politik könnte dies beschleunigen, wenn sie wirklich wolle, so Strunk. „Wenn gewollt würde, könnte sofort gebaut werden.“

Bundesregierung weist Kritik zurück

Die Bundesregierung, mit der Kritik konfrontiert, habe, da der Bundeshaushalt 2025 von Bundestag und Bundesrat noch nicht beschlossen ist, nicht vor, dies zu kommentieren.
Das Verkehrsministerium habe sich bei den Haushaltsverhandlungen sowohl für den Haushalt 2025 als auch für 2026 und das Sondervermögen intensiv für eine intensive, finanziell adäquate Ausstattung aller Verkehrsträger eingesetzt. „Jetzt kommt es darauf an, wie man schnellstmöglich diese Mittel auf die Straße und in die Schiene bekommt“, erklärte der Ministeriumssprecher auf Nachfrage der Epoch Times während der Regierungspressekonferenz am 15. September.
Der Brückenneubau würde jedoch bei der Nutzung des Sondervermögens nicht im Vordergrund stehen – Erhalt gehe vor Neubau, so der Sprecher, da man einen großen Nachholbedarf habe.
Hübner sieht diese Einschränkung kritisch: „Denn viele der Brücken sind so marode, dass sie neu gebaut werden müssen.“ Sie müssten nun über den regulären Haushalt finanziert werden. Das schränke die Verwendung des Sondervermögens „natürlich unglaublich“ ein.

Gewerkschafter beschreibt Resignation bei Kollegen

Carsten Burckhardt, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, beschreibt ein weiteres Problem: „Wer 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz ankündigt, Hoffnungen schürt und Wege aus einer gefühlten, aber auch zum Teil realen Unsicherheit aufzeigt, der muss [dies] auch jetzt auf die Straße bringen.“
Die Kollegen, die seine Gewerkschaft vertreten, würden nicht verstehen, warum das, was versprochen wurde, nun gebrochen werde und verfielen in eine Art Resignation. „Na ja, war doch eh klar, dass die Politik nicht liefert.“ Das sei gefährlich.
„Versprechen müssen eingehalten werden, ohne wenn und ohne Aber. Ansonsten fühlen sich diese Menschen in diesem Land [hereingelegt] und kehren den demokratischen Parteien den Rücken.“
Für Hübner sei es ein Wunder, dass in der Bauwirtschaft noch nicht mehr Arbeitsplätze abgebaut worden seien. „Die Unternehmer vertrauen einfach auf die Regierung und darauf, dass die Gelder irgendwann kommen und die Projekte auch angestoßen werden.“
Als Hauptstadtreporter ist Erik Rusch regelmäßig in der Bundespressekonferenz und überall „Vor Ort“, wo kritische Fragen zu aktuellen Themen in den Bereichen Gesellschaft und Politik zu stellen sind.

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