Hoeneß «völlig down»: Gnadenfrist für Bayern-Coach Kovac

Uli Hoeneß reicht es. Beim 3:3 gegen Düsseldorf fühlt sich der Bayern-Präsident wie in einem «Slapstick-Film». Der Trainer ist sauer wie nie, erhält aber nur noch eine Jobgarantie bis zum Spiel gegen Benfica. Müller vermisst «Schärfe», Robben startet einen Appell.
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Nach dem vierten sieglosen Heimspiel am Stück dreht Uli Hoeneß (M) am Rad. Die Chef-Etage des FC Bayern München macht auf der Ehrentribüne ratlose Gesichter.Foto: Sven Hoppe/dpa
Epoch Times25. November 2018

Nachdem Uli Hoeneß „völlig down“ und innerlich brodelnd den Fußball-Notstand beim FC Bayern ausgerufen hatte, zog sich der Vereinspatron zum Nachdenken an den Tegernsee zurück. Die Münchner Bosse verspüren nach einem weiteren Schockerlebnis akuten Handlungsbedarf.

„Das, was heute passiert ist, ist absolut nicht akzeptabel“, sagte Hoeneß drohend. Und wer dem Präsidenten am Samstagabend über eine Stunde nach dem alarmierenden 3:3 (2:1) gegen Fortuna Düsseldorf bei dessen siebenminütiger Zustandsbeschreibung zuhörte, muss bezweifeln, dass Niko Kovac noch Teil der Lösung sein wird. Zumal der Präsident dem 47-jährigen Kroaten nur noch eine Gnadenfrist einräumte: „Wir spielen am Dienstag gegen Benfica, und da wird unser Trainer sicherlich Niko Kovac sein.“

Die Jobgarantie gilt also bis zu dieser Champions-League-Partie, in der die Bayern gegen Lissabon das Achtelfinal-Ticket lösen können. Selbst ein Erfolg würde keine dauerhafte Garantie für Kovac bedeuten. „Dann müssen wir mal eine Analyse machen, wo wir stehen“, sagte Hoeneß. Schockiert hatte er auf der Tribüne mit Sitznachbar Karl-Heinz Rummenigge Szenen wie in „Slapstick-Filmen“ (O-Ton Hoeneß) erlebt. Nach dem dritten Torstreich des Düsseldorfers Turbostürmers Dodi Lukebakio dachte Hoeneß spontan, „die Welt geht unter“.

Weltuntergang in München? Den werden die Münchner Bosse, die Kovac eine überalterte und schwer anzuleitende Mannschaft übertragen haben, nicht zulassen wollen. Hoeneß blutet das Bayern-Herz. Der 66-Jährige rückte erstmals ab von Kovac, für den er bislang „bis aufs Blut“ kämpfen wollte. Die Frage, ob der Nachfolger von Jupp Heynckes an der Dimension FC Bayern scheitern könnte, wich Hoeneß aus: „Das kann ich im Moment nicht sagen. Wir müssen beim FC Bayern jetzt alles hinterfragen, warum wir so spielen, wie wir spielen. Wir können nicht sagen, es wird schon werden. Das ist nie Position des FC Bayern gewesen.“ Es gehe nun darum, die „richtige Lösung zu finden“.

Die Bosse, die nach dem vierten sieglosen Heimspiel am Stück und einer verspielten 2:0- und 3:1-Führung ungewöhnlich lange bei der Mannschaft in der Kabine verweilten, zwangen sich dazu, nicht aus der Emotion heraus zu handeln. „Uns ist jetzt wichtig, dass wir Ruhe bewahren. Das fällt schwer, das gebe ich absolut zu“, gestand Hoeneß. Der Trainermarkt dürfte spätestens jetzt intensiv sondiert werden.

Denn Hoeneß‘ Zustandsbeschreibung der „total verunsicherten Mannschaft“ fiel verheerend aus. Er prangerte die „dilettantischen Fehler“ bei den Gegentoren an. Bei jedem Angriff der Gegner herrsche inzwischen höchste Gefahrenstufe. Das Gesamturteil war vernichtend, gerade für Kovac: „Wir spielen sehr schlechten Fußball, einen uninspirierten Fußball und einen Fußball ohne Selbstvertrauen.“

Der Daumen über Kovac senkt sich. „Nach den ersten sechs Wochen hatte ich das Gefühl, wir haben alles richtig gemacht. Und jetzt die letzten sechs Wochen ist es ins Gegenteil umgekehrt“, sagte Hoeneß. Schon nach zwölf Spieltagen geht es um Schadensbegrenzung. „Tatsache ist, dass wir natürlich jetzt eine schwierige Ausgangsposition für den Rest der Saison sehen“, sagte Hoeneß. Bei nun neun Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Borussia Dortmund noch vom Meistertitel zu reden, nannte der Präsident „etwas überheblich“.

Fortuna-Coach Friedhelm Funkel erinnerte sogar an den dramatischen Absturz von Borussia Dortmund in der finalen Saison unter Jürgen Klopp 2014/15, als der BVB zwischenzeitlich Tabellenletzter war. „So weit wird der FC Bayern nie kommen“, meinte Funkel. Aber auch die jahrelang von Meisterschaft zu Meisterschaft eilenden Bayern-Profis seien halt „Menschen und keine Roboter“.

Kovac startete am Sonntag den Versuch, den Fokus auf die Aufgabe gegen Benfica zu richten. Das Training begann erst nach einer längeren Besprechung. Vielleicht gab es intern jene „Generalschelte“, die sich Kovac in der Pressekonferenz am Vorabend versagt hatte.

Immerhin zeigte sich der nach außen stets kontrollierte Coach nach dem Düsseldorf-Flop angefressen wie nie zuvor in seiner kurzen Münchner Amtszeit. „Ich weiß nicht, ob es eine Steigerung von sauer gibt“, sagte er. Kovac rügte trotz der Treffer von Niklas Süle und des zweimal erfolgreichen Thomas Müller die „Sorglosigkeit“ im Angriff. Vor allem aber ärgerte er sich über den nächsten verspielten Vorsprung und die nächsten späten Gegentore: „Das sind individuelle Fehler, die kann kein Trainer der Welt verhindern.“

Auch Hoeneß sparte die Profis nicht aus: „Es gibt auch den einen oder anderen Spieler, der über sich mal nachdenken muss.“ Jérôme Boateng und Süle wurden vom 21-jährigen Lukebakio genarrt. Außer Müller durfte kein Akteur mit seiner Leistung zufrieden sein. „Vielleicht fehlt die hundertprozentige Schärfe bei der ganzen Mannschaft“, spekulierte Müller. „Unverzeihlich“ nannte Kapitän Manuel Neuer den Auftritt: „Wir haben aus unseren Fehlern nichts gelernt.“

Hören die Stars Kovac nicht zu? „Wenn wir das umgesetzt hätten, was uns der Trainer mit auf den Weg gegeben hat, dann hätten wir 5:0 gewonnen“, sagte Neuer. Das sprach für Kovac – und gegen ihn. „Selbstverständlich wird man immer auch die Meinung von Spielern anhören“, sagte Hoeneß zur Situationsanalyse. Aber Entscheidungen müsse die Vereinsführung treffen. Dafür sei man „Manns genug“.

Arjen Robben appellierte vor dem Heimspiel gegen Benfica an den Zusammenhalt. Schuldzuweisungen seien fatal, mahnte der Routinier: „Wenn du unten am Boden bist, musst du aufstehen und Stärke zeigen – als Mannschaft. Das ist die einzige Botschaft jetzt für uns: Zusammenreißen.“ (dpa)



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