Desert Flower Center hilft Frauen mit Genitalverstümmelung

„Es ist ein Verbrechen, es ist kein Kulturgut oder gar eine Tradition“, sagt Waris Dirie über diesen Tag in der Wüstenregion von Somalia, der ihr Leben veränderte.
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Geschafft! Waris Dirie in herzlicher Umarmung im Krankenhaus WaldfriedeFoto: Florian Godovits / Epoch Times Deutschland
Von 12. September 2013

BERLIN – Waris Dirie, schön, agil, dünnhäutig, bricht in Tränen aus – und nicht nur sie. Gestandene Journalistinnen weinen, Kollegen werden unruhig. Bei der Eröffnung des „Desert Flower Center“ am Mittwochabend im Zehlendorfer Krankenhaus Waldfriede wurde es ganz still. Über dreihundert Gäste hören die Schreie eines vierjährigen Mädchens, dem in der afrikanischen Wüste mit brutaler Gewalt die Klitoris und die Schamlippen entfernt werden. Die Vagina wird danach fast ganz zugenäht. Es ist nur ein Filmausschnitt, aber er bildet eine Wirklichkeit ab, die täglich weltweit etwa 8.000 kleine Mädchen erdulden müssen.

„Es ist ein Verbrechen, es ist kein Kulturgut oder gar eine Tradition“, sagt Waris Dirie über diesen Tag in der Wüstenregion von Somalia, der ihr Leben veränderte. Sie hat sich wieder gefasst und berichtet von den Qualen, die es ihr bereitet hat, sich immer wieder dem Thema FGM, „Female Genital Mutilation“ zu stellen. Lange war sie eine einsame Kämpferin, die als berühmtes Topmodel im Jahr 1997 erstmals für die Zeitschrift Marie Claire über ihre Beschneidung in der Kindheit sprach. Damals war sie 32 Jahre alt. Ein weltweites Medienecho schleuderte sie buchstäblich in eine neue Lebensbahn. Im selben Jahr wurde sie UN-Sonderbotschafterin gegen Beschneidung.

Sie veröffentlichte 1998 ihr erstes Buch „Wüstenblume“ (Originaltitel: Desert Flower), das ein Bestseller wurde. Die Verfilmung unter Sherry Hormann kam unter demselben Titel 2009 ebenso erfolgreich in die Kinos.

Sir Simon Rattle, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, voller Respekt und AnerkennungSir Simon Rattle, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, voller Respekt und Anerkennung in Berlin.        Foto: Florian Godovits / Epoch Times Deutschland

„Wenn die Kreativen sich eines Themas annehmen, dann kann man einen Durchbruch schaffen“, sagt dazu Dr. Gabriele Halder vom Verein „Stopp FGM“, Berlin Brandenburg. Selbst in Deutschland leben circa 50.000 Opfer mit Genitalverstümmelung! Auch Sir Simon Rattle, Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, reihte sich ein in die öffentlichen Unterstützer dieses Projekts.

Im Jahr 2002 hatte Dirie schon die „Desert Flower Foundation“ in Wien gegründet. Die Stiftung sammelt Geld, um auf das weltweite Problem von FGM aufmerksam zu machen und Betroffenen zu helfen.

Ein einzigartiges Konzept

Und nun wurde festlich begangen, dass im Krankenhaus Waldfriede ein medizinisches Angebot für die von FGM Betroffenen etabliert wird – unter der Schirmherrschaft von Waris Dirie. Dr. Roland Scherer, Chefarzt des „Zentrums für Darm- und Beckenbodenchirurgie“ im Krankenhaus Waldfriede, beschäftigt sich mit dem Thema FGM bereits seit vielen Jahren. Um betroffenen Frauen zu helfen, nahm er 2012 gemeinsam mit Bernd Quoß, dem Geschäftsführer des Hauses, Kontakt zur „Desert Flower Foundation“ in Wien auf.

Dieses Konzept ist bisher weltweit einzigartig. „Neben hochspezialisierten Beckenbodenchirurgen stehen im ‚Desert Flower Center‘ Waldfriede ebenso Psychologen, Seelsorger, Sozialdienst und Selbsthilfegruppen für eine weitergehende bzw. ergänzende Betreuung bereit“, sagt dazu Dr. Roland Scherer.

Die Kosten für Operationen werden für in Deutschland versicherte Patientinnen von den gesetzlichen und privaten Krankenkassen getragen. Selbst Nichtversicherte – etwa aus Afrika vor der grausamen Prozedur geflohene Frauen – können auf finanzielle Unterstützung bei Behandlung bauen. Gemeinsam mit der „Desert Flower Foundation“ Wien wird der „Förderverein Waldfriede e.V.“ finanzielle Mittel einwerben bzw. bereitstellen.

„Wir haben zunächst alles eingerichtet, um schnell helfen zu können. Das Geld kommt an zweiter Stelle und wir sind sicher, dass wir genügend Unterstützung finden werden.“ Geschäftsführer Bernd Quoß ist zuversichtlich.

Das öffentliche Leben

„Ich hätte so oft gern alles hinter mir gelassen“, klagte Waris Dirie am Beginn des Abends. Ein normales fröhliches Leben einer jungen Frau zu führen, gelang ihr nicht wirklich. Immer wusste sie, dass alle 11 Sekunden ein Schicksal wie ihres irgendwo auf der Welt besiegelt wurde. Ein Schicksal, das lebenslange Schmerzen, Behinderungen, Krankheiten und Tod bringen konnte.

„Dann fing ich wieder an zu kämpfen. Und heute bin ich glücklich, wenn ich dieses Zeichen hier sehen kann, von dem es noch viele geben muss: ‚Desert Flower Center‘. Hilfe für verstümmelte Frauen. Meine persönliche Mission.“

Waris Dirie und ein Leben für den Kampf gegen FGM.Waris Dirie und ein Leben für den Kampf gegen FGM.    Foto: Florian Godovits / Epoch Times Deutschland


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