Strahlendes Recycling: Unternehmen will Atommüll zur Energiequelle machen

Recycling funktioniert auch mit radioaktivem Material. Das will das Unternehmen Advanced Metallurgical Group (AMG) künftig mit Atommüll machen. Das Verfahren könnte das viel diskutierte Endlagerproblem lösen. Doch wer sind die Abnehmer des Endprodukts?
Atommüll als Energiequelle? Unternehmen will Durchbruch für die Kernkraft.
Ein Unternehmen will das Atommüllproblem lösen – und daraus Kapital schlagen.Foto: iStock
Von 19. April 2024

In vielen Ländern außerhalb Deutschlands sind die Kernenergie und ihre Weiterentwicklung stark im Aufwind. Davon wollen einige Unternehmen jetzt profitieren. So auch der Rohstoffkonzern Advanced Metallurgical Group (AMG) des deutschen Managers Heinz Schimmelbusch.

AMG will es möglich machen, aus recyceltem Atommüll Energie zu gewinnen, wie das „Handelsblatt“ berichtete.

Das Unternehmen, das sich als führender Lithiumproduzent bezeichnet, hat dafür in der südfranzösischen Stadt Grenoble das Tochterunternehmen NewMOX gegründet. Dort will der Konzern künftig Mischoxid-Brennelemente, sogenannte MOX, herstellen und damit die Atomindustrie beliefern.

Wie entsteht MOX?

Die MOX bestehen aus zwei Komponenten:

  1. schwach radioaktives Uranoxid von alten Brennstäben und
  2. Plutoniumoxid, das aus der Abrüstung von Atomwaffen stammt.

Diese radioaktiven Stoffe werden im ersten Schritt pulverisiert, danach gemischt und anschließend zusammengepresst. Als Letztes findet ein Erhitzungsprozess in einem Ofen statt. In Fachkreisen wird dieses Verfahren „Sintern“ genannt. Dadurch entstehen sogenannte MOX-Pellets. Sie werden im weiteren Verlauf zu Brennstäben für Kraftwerke weiterverarbeitet.

Die Herstellung der MOX-Pellets aus Atommüll ist nicht neu. Diese Technologie ist bereits seit Jahrzehnten bekannt. Mit Deutschlands Atomausstieg verflüchtigte sich hierzulande das Interesse daran.

Das technologische Wissen über dieses radioaktive Recyclingverfahren hat AMG vom früheren Chemiekonzern Degussa erhalten. AMG hat auch einen Firmenstandort im hessischen Hanau. Diese Tochterfirma hat sich auf die Konstruktion von Vakuumöfen spezialisiert.

Eine Win-win-Situation

Momentan befindet sich das Projekt noch in der sogenannten Machbarkeitsphase. Das bedeutet, der Konzern prüft zunächst, ob und in welchem Produktionsumfang sich die MOX-Herstellung lohnt. Angedacht ist derzeit eine jährliche Produktionskapazität von 20 bis 40 Tonnen MOX-Brennstoff in Grenoble.

Schimmelbusch weist darauf hin, dass in Ländern wie Großbritannien, Frankreich, den USA und Japan riesige Mengen an Plutonium lagern. Das sei ein riesiges Potenzial für sein Unternehmen. Eines der größten Atommülllager in Europa ist beispielsweise im britischen Sellafield. Dort lagern 115 Tonnen Plutonium, das aus abgerüsteten Atomwaffen stammt. Dutzende Tonnen befinden sich auch in Frankreich, den USA – das Land mit den meisten betriebsfähigen Kernkraftwerken – und Japan.

Das Vorhaben von AMG käme den Betreibern der Atommülllager gelegen. Wenn das Unternehmen das radioaktive Material abnimmt, könnten sich die extrem hohen Lagerungskosten mit der Zeit reduzieren. Die britische Regierung schätzt die Lagerungskosten von Sellafield auf über sieben Milliarden Pfund (8,2 Milliarden Euro) in den kommenden 100 Jahren.

Abnehmer sind in der Entwicklung

Die Brennstäbe aus den MOX-Pellets könnten dann in den sogenannten „Small Modular Reactors“ (SMR) zum Einsatz kommen. Das sind kleine, modulare Reaktoren, die eine wachsende Beliebtheit erleben. Der erste Kernreaktor dieser Art in Europa könnte in Rumänien entstehen.

Weltweit sind momentan mehr als 80 SMR-Projekte in 18 Ländern bekannt. Eines davon betreibt beispielsweise das Start-up-Unternehmen Newcleo. Es hat spezielle, von Blei gekühlte Kernreaktoren entwickelt. Die Gefahr einer Kernschmelze soll hierbei viel geringer sein als bei herkömmlichen Reaktoren. Newcleo setzt bei seiner Technologie auch auf die MOX.

Noch vor 2030 will Newcleo ebenfalls MOX aufbereiten. Der CEO des Start-ups, Stefano Buono, sagte dem „Handelsblatt“: „Dieses Modell ist für uns am kosteneffizientesten und wesentlich für unsere Skalierbarkeit.“

Ein weiteres Unternehmen, das SMR von der derzeitigen Entwicklungsphase in den Betriebszustand bringen will, ist Dual Fluid Energy. Das kanadische Unternehmen entwickelt derzeit einen neuartigen Test-Kernreaktor in Ruanda. Auch mit dieser Technologie lässt sich der Atommüll reduzieren – und künftig womöglich deutlich günstigeren Strom anbieten als den heutigen in Deutschland.

Schimmelbusch geht davon aus, dass der MOX-Markt in den kommenden Jahren stark wachsen wird. Fatih Birol von der Internationalen Energieagentur sieht ebenfalls eine Renaissance der Kernenergie, so das „Handelsblatt“. Die SMR würden diese Entwicklung entscheidend antreiben.

AMG ist weltweit tätig und beschäftigt rund 3.600 Mitarbeiter. Die Produktionsstätten befinden sich in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den USA, China, Mexiko, Brasilien, Indien, Sri Lanka und Mosambik. Hinzu kommen Vertriebs- und Kundendienstbüros in Japan.



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