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Meinung

Lea Zhou

Europas Herausforderung: Wer führt China künftig an?

Xi Jinpings Abwesenheit und die zunehmend auffällige politische Distanz lassen auf eine Verschiebung innerhalb der chinesischen Führung schließen. Was bedeutet das für die diplomatischen Beziehungen zwischen China und der EU in den kommenden Monaten?

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Ist Xi Jinping immer noch der „große Boss“?

Foto: GettyImages/LeasEinblick

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Lesedauer: 8 Min.

Zum 50. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen China und der EU steht die Beziehung vor einer entscheidenden Weichenstellung. Während die wirtschaftliche Partnerschaft floriert, werfen geopolitische Spannungen und der mögliche Verlust von Xi Jinpings Einfluss in China neue Fragen auf: Welche Auswirkungen hat dies auf die diplomatischen Verhandlungen zwischen Europa und China?

Ein halbes Jahrhundert diplomatische Beziehungen zwischen der EU und China

Im Jahr 2025 feiern die Europäische Union und China das 50-jährige Bestehen ihrer diplomatischen Beziehungen. Auf den ersten Blick ein Grund zur Freude und ein Zeichen des Erfolgs. Doch wenn man etwas tiefer blickt, wird schnell klar: Diese Partnerschaft ist komplex und von einem ständigen Spannungsfeld aus gegenseitiger Abhängigkeit und politischen Herausforderungen geprägt.
Zwar ist China für die EU ein bedeutender Handelspartner und Investitionsmarkt, doch zugleich ist der asiatische Riese auch ein globaler Mitbewerber – vor allem in Bereichen wie der Technologie und der internationalen Diplomatie. Diese Konkurrenz hat sich in den letzten Jahren verschärft, nicht zuletzt durch die aggressive Handelspolitik der USA und neue Zölle, die von der Trump-Administration verhängt wurden. Doch genau diese Entwicklungen könnten die EU und China noch enger zusammenschweißen.

China und Europa: Ein neuer Kurs?

Laut einem Bericht von „Bloomberg“ denkt China derzeit ernsthaft darüber nach, bis zu 300 Airbus-Flugzeuge zu bestellen. Ein potenzieller Mega-Deal, der nicht nur wirtschaftlich von Bedeutung wäre, sondern auch ein klares Signal an Europa senden würde: „Wir könnten mehr zusammenarbeiten – vielleicht sogar als Gegengewicht zu den USA.“
Deutschland und Frankreich, als größte Anteilseigner von Airbus, stehen dabei an vorderster Front. Es wird erwartet, dass Bundeskanzler Friedrich Merz und der französische Präsident Emmanuel Macron im Juli 2025 nach Peking reisen, um sich mit Xi Jinping zu treffen und über die Zukunft der Beziehungen zu China zu sprechen.
Doch wer ist Xi Jinping, der „Big Boss“ Chinas? Er ist nicht nur der Präsident, sondern auch der Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er gilt als der mächtigste Mann in China. Doch genau hier beginnt eine neue und spannende Frage: Wie viel Macht hat er eigentlich noch?

Xi Jinping: Machtverlust oder nur eine Auszeit?

Der 20. Mai 2025 markierte den Beginn einer unerklärlichen Abwesenheit von Xi Jinping. Der chinesische Präsident war nach seinem Besuch in Luoyang, einer Stadt in der Provinz Henan, plötzlich für 14 Tage spurlos verschwunden. Keine öffentlichen Auftritte, keine Reden, keine Bilder. Es war, als wäre er aus dem politischen Leben verschwunden. Diese auffällige Funkstille lässt auf einen möglichen Machtverlust oder zumindest auf eine politische Umstrukturierung schließen.
Gleichzeitig haben sich die staatlich gelenkten Medien, die sonst immer darauf bedacht sind, Xi Jinping ins rechte Licht zu rücken, plötzlich verändert. Drei Ereignisse im Juni 2025 geben Anlass zur Spekulation:

Erstes Signal: Das Militär schweigt über Xi

Am 1. Juni veröffentlichte die Tageszeitung der Volksbefreiungsarmee einen Artikel mit dem Titel „Die große Tugend der Loyalität gegenüber der Partei“. Was auffällt, ist, dass in diesem Artikel nicht einmal direkt auf Xi Jinping als Oberbefehlshaber eingegangen wird. Stattdessen wird Deng Xiaoping, der als Architekt der wirtschaftlichen Reformen Chinas gilt, in den Vordergrund gestellt. Diese subtile Verschiebung könnte als indirekter Seitenhieb auf Xi verstanden werden, der als zu mächtig und über dem Parteiwillen stehend wahrgenommen wird.

Zweites Signal: Xi fehlt in der „Volkszeitung“

Die „Volkszeitung“ („Renmin Ribao“), das wichtigste Sprachrohr der Kommunistischen Partei, ist ein weiteres wichtiges Indiz für die politische Entwicklung in China. Der Name von Xi Jinping tauchte am 1. Juni 2025 nur am Rande auf, und an den beiden darauffolgenden Tagen wurde er auf der Titelseite überhaupt nicht mehr erwähnt. Stattdessen standen Themen wie die Armutsbekämpfung im Mittelpunkt – ein Thema, das mit Wang Yang in Verbindung gebracht wird, einem Politiker, der für dezentrale Ansätze der Armutsbekämpfung bekannt ist und sich damit deutlich von Xis zentralisierter Politik unterscheidet.

Drittes Signal: „Xinhua“ und „Volkszeitung Online“ verschweigen Xi

Am 3. Juni 2025 veröffentlichte „Xinhua“ einen Artikel mit dem Titel „Was Generalsekretär Xi Jinping beschäftigt“, doch der Artikel selbst behandelte ausschließlich lokale Themen und erwähnte Xi Jinping nicht einmal. Das gleiche Spiel bei der „Volkszeitung Online“, wo eine vermeintlich vielversprechende Geschichte über Xi als Führungspersönlichkeit in Suzhou zu einer rein lokalen Darstellung wurde, ohne dass der Präsident überhaupt erwähnt wurde.

Xi Jinping: Politische Umstrukturierung oder strategische Pause?

Nach zwei Wochen der Funkstille erschien Xi Jinping am 4. Juni 2025 wieder, als er den weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko traf. Doch das Treffen fand nicht wie gewohnt in der Großen Halle des Volkes statt, sondern in einem weniger repräsentativen Raum im Zhongnanhai, dem Regierungssitz. Auch dieser Schritt gibt Anlass zur Frage: War das eine bewusste Entscheidung, oder ist Xi tatsächlich dabei, sich aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen?
Ein weiteres Zeichen für den sich wandelnden politischen Einfluss von Xi ist sein Gespräch mit US-Präsident Donald Trump am 5. Juni. Aber auch hier bleibt die Frage: Hat Xi noch die nötige Autorität, um entscheidende Vereinbarungen umzusetzen?

Was bedeutet das für die EU?

Für die EU, die in den kommenden Monaten hochrangige Gespräche mit China führen wird, stellt sich nun die Frage: Wer trifft in Zukunft die politischen Entscheidungen in China? Im Juli 2025 werden Friedrich Merz und Emmanuel Macron mit einer Delegation nach China reisen, um Gespräche über Handel, Technologie und geopolitische Themen zu führen. Doch wenn Xi Jinping tatsächlich an Einfluss verliert, könnte sich das gesamte politische Machtgefüge in China verändern. Wer wird die entscheidenden Gespräche führen?
Gerade im Hinblick auf Themen wie Handel und Technologie wird es für europäische Politiker entscheidend sein, den richtigen Ansprechpartner zu identifizieren – nicht nur formal, sondern auch praktisch. Denn eine erfolgreiche diplomatische Beziehung erfordert mehr als nur den richtigen Titel – es kommt darauf an, wer tatsächlich die Richtung vorgibt.

Fazit: Ein neues Kapitel in der Beziehung zwischen der EU und China

Während China weiterhin eine Schlüsselrolle im internationalen Handel und in der geopolitischen Landschaft spielt, steht die EU vor der Herausforderung, in einem sich verändernden politischen Umfeld zu navigieren. Sollte Xi Jinping tatsächlich an Macht verlieren, könnte dies nicht nur das Gleichgewicht innerhalb Chinas, sondern auch die diplomatische Ausrichtung gegenüber Europa erheblich beeinflussen. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wer in Peking künftig wirklich die Fäden zieht – und welche Auswirkungen das auf die Beziehungen zur EU haben wird.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers oder des Interviewpartners dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.

Lea Zhou ist eine deutsche Journalistin mit chinesischen Wurzeln. Seit über 30 Jahren lebt sie in Deutschland. Sie hat für diverse Radio- und Fernsehsender sowie Print- und Onlinemedien in der chinesischen Sprache in Deutschland und in den USA gearbeitet.

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