EuGH-Gutachter: EU-Staaten müssen jedes Opfer einer Gewalttat entschädigen

Müssen EU-Staaten für die Taten ihrer Bürger haften? Ein entsprechendes Verfahren ist vor dem europäischen Gerichtshof anhängig.
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Europäischer GerichtshofFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times14. Mai 2020

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) könnte die Rechte von Opfern einer Gewalttat auf Entschädigungen durch den Staat stärken. In einem Verfahren vor dem EuGH zu einem Fall aus Italien vertrat ein Gutachter am Donnerstag die Ansicht, dass die EU-Staaten jedes Opfer unabhängig vom Wohnsitz entschädigen müssten. Der Betrag dürfe demnach zudem „nicht rein symbolisch“ sein. Ein Urteil des EuGH wird in einigen Wochen erwartet. (Az. C-129/19)

Klage kommt aus Italien

Auslöser für das Verfahren vor dem Gerichtshof ist die Klage einer Frau, die im Jahr 2005 in Italien Opfer sexueller Gewalt wurde. Die zu Haftstrafen verurteilten Täter sollten ihr auch eine Entschädigung von 50.000 Euro zahlen, flüchteten aber aus dem Land. Die Frau verklagte im Jahr 2009 den italienischen Staat auf Entschädigung, weil das Land eine EU-Richtlinie nicht umgesetzt habe.

Der EuGH stellte bereits im Jahr 2016 fest, dass Italien gegen die Richtlinie verstoßen habe. Im selben Jahr erließ das Land demnach ein Gesetz, mit dem rückwirkend zum 30. Juni 2005 eine nationale Entschädigungsregelung eingeführt wurde. Dabei wurde ein Entschädigungsbetrag von 4800 Euro für Opfer sexueller Gewalt festgelegt, falls diese keine Entschädigung vom Täter bekommen können.

Generalstaatsanwalt plädiert für staatliche Haftung

Der italienische Kassationsgerichtshof rief in dem Fall der auf Entschädigung klagenden Frau den EuGH zur Auslegung der Richtlinie an. Der zuständige Generalanwalt Michal Bobek vertrat in seinem Schlussantrag die Auffassung, dass die Richtlinie die EU-Staaten zu einer Entschädigung für jedes Opfer einer in dem Land begangenen Straftat verpflichte. Dies gelte unabhängig davon, wo das Opfer seinen Wohnsitz habe.

Bobek forderte zudem, dass die Entschädigungssumme nicht nur „rein symbolisch“ erscheinen oder für das Opfer „praktisch von vernachlässigbarem oder geringem Nutzen“ sein dürfe. Eine Entschädigung sei „gerecht und angemessen“, wenn damit ein „bedeutsamer Beitrag zum Ersatz des dem Opfer zugefügten Schadens“ geleistet werde. Die Staaten könnten die Entschädigung aber als „Pauschalbetrag“ festlegen.

Die Richter am Gerichtshof sind an die Gutachten der Generalanwälte nicht gebunden, folgen ihnen aber in vielen Fällen. Wann ein Urteil fällt, ist noch unklar. (afp/al)

 



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