EuGH: Volles Kindergeld auch für Wanderarbeiter

Weil Ausländer in Österreich oft weniger Kindergeld bekommen als Inländer, hat die EU-Kommission gegen die Alpenrepublik geklagt. Das oberste Gericht der EU hat nun eine Entscheidung getroffen.
Der Europäische Gerichtshof im Europaviertel von Luxemburg.
Der Europäische Gerichtshof im Europaviertel von Luxemburg.Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa
Epoch Times17. Juni 2022

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Die Kindergeldregeln in Österreich verstoßen nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs gegen EU-Recht. Nun drohen dem Land Nachzahlungen.

Hintergrund des Urteils ist, dass Ausländer dort unter bestimmten Umständen weniger Kindergeld bekommen als Österreicher. Betroffen sind Arbeitnehmer, deren Kinder sich permanent in einem anderen Mitgliedstaat aufhalten. Österreich koppelt die staatlichen Zahlungen seit einiger Zeit an die dortigen Lebenshaltungskosten. „Dieser Mechanismus stellt eine ungerechtfertigte mittelbare Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit von Wanderarbeitnehmern dar“, teilte das Oberste Gericht der EU mit (Rechtssache C-328/20).

Situation in Deutschland

In Deutschland wurde ein Vorgehen wie in Österreich ebenfalls bereits mehrfach diskutiert. So hatte etwa im Juni 2018 die CSU im Bundesrat einen Antrag zur Anpassung der Höhe des Kindergeldes an die Lebenshaltungskosten in dem Land, in dem das Kind lebt, vorgestellt. Der Finanzausschuss entschied jedoch, seine Beratungen zu der Initiative auf unbestimmte Zeit zu vertagen.

Die Familienkassen in Deutschland zahlen nach Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) für etwa 328.000 Kinder, die in anderen EU-Ländern leben, Kindergeld. Es beträgt für das erste und zweite Kind momentan 219 Euro pro Monat. Insgesamt wird für rund 17 Millionen Kinder Kindergeld gezahlt.

„Für Rechtsfolgen durch Urteil vorbereitet“

Wie die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete, hieß es zuletzt aus dem Familienministerium in Wien, man sei „für alle etwaigen Rechtsfolgen durch das Urteil des Gerichtshofs vorbereitet“. Seit Einführung der neuen Regelung hat Österreich in den vergangenen drei Jahren bei der Auszahlung von Kindergeld in Ländern der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils 62 Millionen, 104 Millionen und 141 Millionen Euro eingespart, teilte ein Sprecher von Familienministerin Susanne Raab der Deutschen Presse-Agentur vor der Urteilsverkündung mit.

Die Familienministerin teilte zudem mit, dass sie das Urteil zur Kenntnis nehme. „Dessen ungeachtet bin ich weiterhin der Ansicht, dass eine Anpassung der Familienleistungen für Kinder, die im Ausland leben, an die dortigen Lebensumstände nur fair wäre“, betonte sie. Der EuGH habe aber anders entschieden, das sei zu akzeptieren.

Kritik an EuGH-Urteil

Die Änderung wurde von sozialen Organisationen und Gewerkschaftern scharf kritisiert, weil viele Pflegerinnen aus östlichen EU-Staaten stark betroffen waren. Der damalige Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) argumentierte hingegen, dass das neue System gerechter sei.

Der AfD-Sozialpolitiker René Springer nannte das Urteil „enttäuschend“. „Die Bundesregierung muss jetzt mit Nachdruck auf eine Änderung des EU-Rechts hinwirken“, sagte Springer der Deutschen Presse-Agentur.

FPÖ-Politiker Herbert Kickl forderte, dass Österreich künftig gar keine Beihilfe mehr für Kindern zahlen sollte, die nicht in Österreich wohnen. Aber auch der christdemokratische EU-Abgeordnete Daniel Caspary bedauerte das Urteil. „Kindergeld ist kein Gehaltsbestandteil, sondern eine staatliche Sozialleistung, die Kindern dort, wo sie leben, zugutekommen soll“, so der CDU-Politiker.

Begründet hatte der EuGH seine Entscheidung unter anderem damit, dass die vom abweichenden Kindergeld betroffenen Wanderarbeitnehmer zum Großteil aus Staaten kämen, in denen die Lebenshaltungskosten niedriger seien als in Österreich, was zu weniger Unterstützung führe.

Die Betroffenen zahlten aber in gleicher Weise wie ein inländischer Arbeitnehmer Sozialabgaben und beteiligten sich damit ebenso an der Finanzierung der Beiträge. Dabei komme es im Gegensatz zur Auszahlung der Gelder nicht auf den Wohnort der Kinder an. (dpa/red)



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