Ticker Brexit: EU will Großbritannien Verschiebung des Austrittstermins anbieten

Kanzlerin Merkel hält im Brexit eine Verschiebung des britischen EU-Austritts bis Ende 2019 oder Anfang 2020 für möglich. Auch Paris wird sich dem nicht widersetzen.
Titelbild
Die britische Premierministerin Theresa May ist zu einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel im Bundeskanzleramt empfangen worden. May ringt um Unterstützung für eine Verlängerung der Brexit-Austrittsfrist.Foto: Michael Kappeler/dpa
Epoch Times9. April 2019

+++ UPDATE +++

20:10 Uhr: EU will eine Verschiebung des Termins anbieten

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union wollen Großbritannien eine Verschiebung des Brexit-Termins anbieten. Er schlage vor, dass man der Bitte der britischen Premierministerin Theresa May nach einer Verschiebung des Austrittstermins nachkomme, hieß es am Dienstagabend in einer Erklärung von EU-Ratspräsident Donald Tusk.

Theresa May hatte die EU bereits am Freitag um einen solchen Aufschub bis zum 30. Juni gebeten.

Im Kern geht es im Streit über den Brexit-Deal um die umstrittene „Backstop“-Regelung. Der „Backstop“ beinhaltet die strittige Frage zum zukünftigen Grenzstatus zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland. Mit dem EU-Austritt würden durch eine neue EU-Außengrenze mit Grenzkontrollen und Zollvorschriften viele Probleme entstehen.

Sowohl die EU als auch die britische Regierung sind der Ansicht, dass eine harte Grenze in Irland vermieden werden sollte. Das ist aber wohl nur möglich, wenn Großbritannien trotz des Brexits auch in einer Zollunion mit der EU bleibt.

19:15 Uhr: Deutschland und Frankreich zeigen Entgegenkommen – also wohl auch die EU

Im Ringen um einen Brexit-Aufschub hat die EU ihr Entgegenkommen signalisiert. Nach einem Besuch der britischen Premierministerin Theresa May in Berlin zeigte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in einer Fraktionssitzung am Dienstag offen für einen Aufschub von mehreren Monaten. Aus Paris, wo May am Abend Präsident Emmanuel Macron treffen wollte, verlautete, eine Fristverlängerung unter einem Jahr mit strengen Auflagen sei akzeptabel.

Aus dem Elysée-Palast hieß es, Paris habe sich der Idee, „eine andere Lösung (zu einem harten Brexit) zu finden, nie verschlossen“. Das könne aber nur in „bestimmten Grenzen“ geschehen. Auf die Frage nach einem Zeitrahmen hieß es lediglich, ein Jahr „scheint zu lang“.

EU muss Beschluss einstimmig fassen

Die Signale aus Berlin und Paris decken sich mit dem Stimmungsbild vor dem EU-Sondergipfel am Mittwoch in Luxemburg. Auf die Frage, ob es am Freitag den gefürchteten No-Deal-Brexit geben wird, sagte dort Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn: „Sicher nicht.“

Die anderen 27 EU-Staaten müssen ihren Beschluss am Mittwoch einstimmig fassen. Unklar ist dabei, zu welchen Konditionen London mit einer Verlängerung rechnen kann. Einige EU-Mitglieder fürchten, dass durch ständigen Brexit-Streit die Haushaltsplanung und Reformen innerhalb der EU blockiert werden. Aus Macrons Umfeld hieß es, es müsse Bedingungen geben, die sicherstellten, dass Großbritannien

sich an die Regeln (der EU) hält, aber nicht an den Entscheidungsprozessen beteiligt ist“.

Aus europäischen Diplomatenkreisen verlautete, die von May gewünschte Fristverlängerung bis Ende Juni werde nur unter der Bedingung abgenickt, dass das britische Parlament sich vor dem 22. Mai in einem vierten Anlauf hinter Mays mit der EU ausgehandeltes Austritts-Abkommen stelle. Gelinge das nicht, würde der 22. Mai zum neuen Termin für ein automatisches Ausscheiden aus der EU. So könnte vermieden werden, dass die Briten an der Europawahl teilnehmen müssen.

Theresa May soll Plan vorlegen

Die britische Regierung sollte dem Parlament noch am Dienstag einen Plan vorlegen, der festlegt, um welchen Zeitraum der EU-Austritt verschoben werden soll. Dies ist Teil eines am Montagabend beschlossenen Gesetzes, das die Regierung zu einer Verschiebung verpflichtet, falls die einzige Alternative ein harter Brexit wäre.

Vor dem EU-Sondergipfel am Mittwochabend werden sich Vertreter derjenigen Länder zusammensetzen, die von einem harten Brexit besonders betroffen wären. An diesem „Koordinierungstreffen“ sollen die Nordsee-Anrainerstaaten innerhalb der EU teilnehmen. Ob Bundeskanzlerin Merkel kommen kann, ist noch ungewiss: Für den Nachmittag ist im Bundestag eine Fragestunde angesetzt.

18:15 Uhr: Frankreich will sich Brexit-Aufschub nicht widersetzen

Frankreich will sich der Bitte Großbritanniens um eine erneute Verschiebung des britischen EU-Austritts nicht verschließen. Das verlautete am Dienstag aus dem Elysée-Palast in Paris, wo Präsident Emmanuel Macron am Abend seine Amtskollegin Theresa May empfängt.

Aus dem Umfeld des Präsidenten hieß es allerdings auch, eine Verschiebung um ein Jahr sei zu lang. Zudem sei eine Fristverlängerung nur mit strengen Auflagen möglich.

Paris habe sich der Idee, „eine andere Lösung (zu einem harten Brexit) zu finden, nie verschlossen“, hieß es aus dem Elysée weiter. Das könne aber „nicht um jeden Preis“ und nur mit „bestimmten Grenzen“ geschehen. Auf die Frage nach einem konkreten Zeitrahmen hieß es lediglich, ein Jahr „scheint zu lang“.

Brexit: Röttgen für Verlängerung der Austrittsfrist um ein Jahr

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen (CDU), plädiert für eine Verlängerung der Brexit-Austrittsfrist um ein Jahr. „Die Verlängerung der Brexit-Frist nur bis Ende Juni löst kein Problem“, sagte Röttgen den Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“. Die Parteien, das britische Parlament und die Regierung, „ja das ganze Land“, seien tief gespalten.

„Der Europäische Rat sollte daher dem Vorschlag von Ratspräsident Donald Tusk folgen und Großbritannien eine flexible Verlängerung von bis zu einem Jahr gewähren“, so der CDU-Politiker weiter. Die Briten brauchten jetzt vor allem Zeit, sich zu sortieren und Kompromisse zu finden. „Es ist im europäischen Interesse und auch ein Gebot unter Freunden, den Briten diese Selbstfindung zu ermöglichen“, sagte Röttgen.

16:40 Uhr: Kanzlerin Merkel denkt an Verschiebung bis 2020

Kanzlerin Angela Merkel hält im Brexit-Drama eine Verschiebung des britischen EU-Austritts bis Ende 2019 oder Anfang 2020 für möglich. Beim EU-Sondergipfel morgen in Brüssel werde es um eine „Flextension“-Erweiterung des Austrittstermins gehen, sagte die Kanzlerin laut Teilnehmern in einer Sitzung der Unionsfraktion. Ein ungeordneter Austritt Großbritanniens aus der EU sei nicht im Interesse Europas, sagte sie demnach.

Zuvor hatte Merkel mit der britischen Premierministerin Theresa May über die Lage beraten. Merkel und May wollen einen ungeordneten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union ohne Abkommen am kommenden Freitag verhindern.

15:30 Uhr: Theresa May auf EU-Tour

Kurz vor einem drohenden harten Brexit am Freitag hat sich Großbritanniens Premierministerin Theresa May am Dienstag weiter um Unterstützung für eine erneute Verschiebung des britischen EU-Austritts bemüht.

Dazu wurde May zunächst in Berlin von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) empfangen, am Abend war ein Besuch bei Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron geplant. EU-Chefunterhändler Michel Barnier sagte unterdessen, er sehe die Verantwortung für einen möglichen chaotischen Brexit allein bei Großbritannien.

Merkel nahm May am Dienstagmittag vor dem Kanzleramt in Empfang. Im Zentrum der Unterredung sollte das weitere Vorgehen beim britischen EU-Austritt stehen. Am Nachmittag wollte May weiter nach Paris reisen, wo sie am Abend Macron treffen wollte.

EU-Verhandler: Die Lage sei „schwerwiegend und komplex“

Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD) hatte sich zuvor enttäuscht über die Gespräche zwischen May und der britischen Opposition über eine Lösung im Brexit-Streit gezeigt. Bislang habe sich „überhaupt nichts geändert“, sagte Roth am Rande eines Treffens der EU-Europaminister in Luxemburg.

May hat bei der EU eine erneute Verschiebung des Brexit bis zum 30. Juni beantragt. Dem müssten alle anderen 27 EU-Staaten am Mittwoch bei einem Sondergipfel in Brüssel zustimmen. Kommt es zu keiner Einigung, würde Großbritannien am Freitag ohne Austrittsvertrag aus der EU fallen.

„Ein No Deal wird niemals eine Entscheidung der Europäischen Union sein“, sagte EU-Chefunterhändler Barnier am Dienstag in Luxemburg. Er betonte, die EU sei grundsätzlich zu einer erneuten Verschiebung des Brexit-Datums bereit. Diese müsse aber einem „Zweck“ dienen und zu einer Annahme des Austrittsabkommens mit der EU führen.

Barnier bezeichnete die Lage als „schwerwiegend und komplex“. Wenn Großbritannien einen chaotischen Austritt vermeiden wolle, müsse es für den Austrittsvertrag stimmen, sagte Barnier. Die EU werde den Vertrag selbst nicht mehr ändern. Die EU sei aber bereit, eine begleitende politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen mit Großbritannien „zu verbessern“, etwa um Forderungen der oppositionellen Labour-Partei nach einer Zollunion zu berücksichtigen, sagte der EU-Verhandlungsführer.

SPD: „Politisches Trauerspiel in London“

Die EU-Europaminister berieten am Dienstag mit Barnier über die Lage. Alle Minister hätten betont, dass „eine Verlängerung ein Instrument ist und kein Ziel an sich“, sagte Rumäniens Europaminister George Ciamba, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz innehat. May müsse „einen klaren Plan“ vorlegen, um die Verlängerung zu rechtfertigen.

SPD-Fraktionsvize Achim Post sprach von „einem politischen Trauerspiel in London“. Die Hauptverantwortung dafür trage May, die viel zu spät auf die Opposition zugegangen sei. Eine nochmalige Verlängerung der Austrittsfrist sei „nur zu den Bedingungen der EU denkbar“.

Der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger sagte dem „Handelsblatt“ vom Dienstag, er hoffe, May komme mit einem „substantiellen Vorschlag“ zum Gipfel am Mittwoch. In dem Fall sei eine Brexit-Verschiebung denkbar, möglicherweise sogar um ein Jahr. Dies hänge davon ab, was May mit Labour-Chef Jeremy Corbyn vereinbare. Die Verhandlungen zwischen der britischen Regierung und der Opposition gingen am Dienstag weiter. Es gilt als unwahrscheinlich, dass beide Seiten vor dem EU-Gipfel eine Lösung finden.

Die britische Regierung sollte dem Parlament noch am Dienstag einen Plan vorlegen, um welchen Zeitraum der EU-Austritt verschoben werden soll. Dies ist Teil eines am Montagabend vom Parlament beschlossenen und von der Regierung scharf kritisierten Gesetzes, das die Regierung zu einer Verschiebung des Austritts verpflichtet, falls die einzige Alternative ein harter Brexit wäre. Das letzte Wort hinsichtlich einer erneuten Verschiebung haben aber die übrigen EU-Staaten. (afp/dpa/dts)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion