Innenministerium: Zahl der Nazi-Aufmärsche wieder auf Vor-Pandemie-Niveau

Nach Anfrage der Linken-Fraktion konstatiert Petra Pau: Rechtsextremismus reicht bis in die bürgerliche Mitte. Polizei hingegen nimmt die Mitte der Gesellschaft bei Demos oft ganz anders wahr.
Titelbild
Wer gegen Corona-Maßnahmen demonstrierte, geriet schnell in den Verdacht, rechtsradikal zu sein.Foto: iStocks/geogif
Von 24. Februar 2023

Die extreme Rechte kann wieder mehr Menschen mobilisieren: 2022 hat sich die Zahl der Teilnehmer an Nazi-Aufmärschen in Deutschland mehr als verdoppelt. Gut 15.700 Menschen nahmen an Kundgebungen der extremen Rechten teil. 2021 waren es – auch wegen der Corona-Auflagen – nur 7.745 gewesen.

Das geht aus einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Fraktion hervor, über die die „Neue Osnabrücker Zeitung“ berichtet. Demnach stieg die Zahl der Veranstaltungen im vergangenen Jahr von 92 auf 140. Das entspricht der Zahl vor der Corona-Krise. Die höchste Zahl an rechten Aufmärschen wurde im Jahr der Flüchtlingskrise 2015 mit 590 verzeichnet. Danach war der Trend rückläufig und die Zahl der Kundgebungen sank – wegen der Corona-Krise – 2021 auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren.

Große Mobilisierungskraft der extremen Rechten

Die Linken-Abgeordnete Petra Pau warnte davor, wegen des Rückgangs die Nazi-Szene zu unterschätzen. „Die Mobilisierungskraft der extremen Rechten ist leider größer, als es die Zahlen der Bundesregierung abbilden.“ Denn die Behörden würden die von der rechtspopulistischen Partei AfD und ihrem Umfeld organisierten Aufmärsche unberücksichtigt lassen, wie etwa den AfD-Aufmarsch in Berlin Anfang Oktober 2022 mit bis zu 10.000 Teilnehmern. Mit „Aufmarsch“ ist eine Demonstration gemeint, zu der die AfD für Samstag, 8. Oktober 2022, aufgerufen hatte. Die Teilnehmerzahl variierte zwischen 8.000 und „über 10.000“. Beide Medien berufen sich dabei auf die Polizei als Quelle.

Deutlich weniger Zuschauer bei „Nazi-Konzerten“

„Die Regierung muss endlich die Wandlung des Rechtsextremismus besser in den Blick nehmen, der sich heute eben nicht mehr nur in der rechten Schmuddelecke findet, sondern bis weit in die bürgerliche Mitte reicht.“

Auch bei den Nazi-Konzerten zeige der Trend mit dem Auslaufen der Corona-Pandemie wieder nach oben. Mit 248 Konzerten im Jahr 2022 erreichte die Szene wieder das Niveau von vor der Pandemie (2021 waren es 137 Konzerte). Allerdings lagen die Teilnehmerzahlen mit 13.600 noch deutlich unter dem Stand früherer Jahre, heißt es in der Antwort des Innenministeriums.

Kritiker am rechten Rand verortet

Spätestens seit Beginn der Corona-Krise verorten Politik und Mainstream-Medien fast schon im Gleichschritt Kritiker der Maßnahmen am rechten Rand. Dasselbe gilt für Menschen, die die mRNA-Impfstoffe für bedenklich halten und – ganz aktuell – auch für Teilnehmer an Friedensdemonstrationen. Jüngstes Beispiel: Die Kundgebung in München am Samstag, 18. Februar.

Anlass ist die Tagung der Sicherheitskonferenz in der bayerischen Landeshauptstadt. Auf dem Königsplatz versammeln sich Tausende Menschen. In den Medien ist offiziell von 10.000 Teilnehmern die Rede, manche schweigen sie gar tot oder verstecken sie in einem Nebensatz mit anderen Kundgebungen. Polizeibeamte, die die Demonstranten auf dem Umzug begleiten, sprechen von bis 35.000. Irgendwo dazwischen wird wohl die richtige Zahl liegen. Ein Blogger, der den Zug durch Schwabing begleitet, filmt von einem festen Platz aus 48 Minuten lang, dann sind alle Teilnehmer an ihm vorbeigezogen.

Tausende bei Demo

Der „Bayerische Rundfunk“ (BR) fasst – wie verschiedene andere Medien auch – alle nennenswerten Demonstrationen von diesem Tag zusammen und widmet sich auch der Menschenmenge auf dem Königsplatz. Organisator war die Gruppierung „München steht auf“, laut BR ein „Querdenker-Bündnis, das in der Pandemie gegen Corona-Maßnahmen protestiert hatte und sich nun ebenfalls gegen die Sicherheitskonferenz wendet (…).“ Nach den Auftritten verschiedener Gastredner – unter anderem dem früheren CDU-Bundestagsabgeordneten Jürgen Todenhöfer – gingen die Teilnehmer durch Schwabing.

Polizist: Habe weder Linke noch Rechte gesehen

„Nennenswerte Vorfälle“ gab es laut BR nicht, auch die politische Ausrichtung der Demonstranten war bestenfalls in Einzelfällen zuzuordnen. Für den BR war dennoch klar: „Egal, ob rechtes oder linkes Lager: Von der Symbolik her ähnelten sich beide mit Fahnen, auf den Friedenstauben, Peace-Zeichen oder die Regenbogenfarben zu sehen waren.“ Der Text des BR erscheint auf dessen Internetseite, noch während die Demo läuft. Ein Polizist reagiert überrascht auf die politische Einordnung der Teilnehmer. Mit dem Artikel konfrontiert, meint er vor Ort gegenüber Epoch Times: „Ich habe hier keine Rechten gesehen, Linke auch nicht.“

Rote Ballons in Herzform

Rückblick: Eine Demonstration im südhessischen Darmstadt im Frühjahr 2021. Auf dem Friedensplatz, angrenzend an die Einkaufsmeile, haben sich an jenem Tag etwa 1.500 Menschen versammelt, die gegen die Corona-Maßnahmen protestieren. Organisiert hat die Kundgebung die örtliche Querdenker-Gruppierung. Die Teilnehmer repräsentieren die bürgerliche Mitte der Gesellschaft – also eben jene Schicht, die Petra Pau von den Rechten erreicht sieht. Weil bei den zum damaligen Zeitpunkt wöchentlich stattfindenden Demonstrationen der Querdenker viele ihre Kinder mitbringen, ist ein abgesperrter Bereich extra für Familien vorgesehen. Dort geht es zu wie bei einem großen Picknick. Während die Eltern den Rednern lauschen, tummeln sich die Kleinen auf Decken und spielen. Rote Ballons in Herzform prägen das Bild auf dem Platz, es ist friedlich, die Polizei hat auch an diesem Tag mit den Querdenkern keine Arbeit.

Polizistin: „Ich bin überrascht, was ich hier sehe“

Ein wenig abseits von Kollegen beobachtet eine junge Polizistin das Geschehen. Von Epoch Times darauf angesprochen, wie sie die Demonstration sieht, sagt sie: „Ich bin überrascht, was ich hier sehe. Wir sind darauf vorbereitet worden, dass hier lauter Rechtsradikale aufmarschieren. Aber ich sehe keine.“ Stattdessen blicke sie auf viele Familien und Menschen, die kaum einer politischen Couleur zuzuordnen seien. Keine rechten Parolen, keine Aggressivität, irgendwie passe das nicht so ganz zusammen.



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