„Wir sind Kirche“: Rücktritt von Marx „überfällig“ – Druck auf Woelki wächst

Kardinal Reinhard Marx hat dem Papst seinen Rückzug angeboten. Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" hofft, dass weitere Bischöfe seinem Beispiel folgen werden.
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Kardinal Reinhard Marx.Foto: Andreas Gebert/dpa
Epoch Times5. Juni 2021

Das Rücktrittsangebot von Kardinal Reinhard Marx ist aus Sicht der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ „nachvollziehbar, konsequent, strategisch klug und letztlich überfällig“.

Dieser Schritt sei auch ein Signal an Kölns Kardinal Rainer Maria Woelki und setze diesen „gewaltig unter Druck“, sagte ein Sprecher.

Neuanfang braucht neue Personen

Für einen Neuanfang in der katholischen Kirche brauche es neue Personen – vor allem solche, die nicht durch langwierige Aufarbeitungsprozesse gebremst würden. Es bleibe zu hoffen, „dass weitere Bischöfe seinem Schritt folgen und die Verantwortung für die Vertuschung und Hinhalte-Taktik übernehmen“.

Reformen kämen heute auch von der Basis und nicht nur von oben, sagte der Sprecher. Das zeige der Reformprozess Synodaler Weg – den Marx zwar mit angestoßen habe, den nun aber andere gehen müssten.

Als Bischof sei in der heutigen Zeit kein Manager mit hierarchisch-autokratischen Verhaltensweisen gefragt, sondern ein „Seelsorger, Teamplayer und Moderator mit Mut zu neuen Wegen“. Marx sei ein „Ratzingerianer“ gewesen, der zu sehr auf Kirche als „Institution mit unveränderlicher Ämterstruktur“ fixiert gewesen sei, anstatt „Kirche als Volk Gottes unterwegs“ zu begreifen.

Kirche braucht neues Verhältnis zur Macht

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, hält fundamentale Reformen der Kirche für notwendig. „Alle, die denken, dass die Kirche aus dieser massiven Krise herauskommen könnte durch ein paar Schönheitsreparaturen äußerlicher Art, juridischer Art, verwaltungsmäßig, die täuschen sich“, sagte der Limburger Bischof in den ARD-„Tagesthemen“.

Man habe in der Kirche „solches Systemversagen“ wahrgenommen, dass es darauf nur „systemische Antworten“ geben könne, „die fundamental sind“. So forderte Bätzing ein neues Verhältnis der Kirche zur Macht und zur Gewaltenteilung. Da sei „ganz viel möglich“. Die bischöfliche Macht etwa habe etwas „von Monarchischem, etwas von vergangenen Zeiten“. Nun brauche es „Kontrolle auf jeder Ebene von Machtausübung in der katholischen Kirche“.

Apostolischen Visitatoren überprüfen Kardinal Woelki

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sagte am Freitag im ZDF-„heute journal“, es gebe seit 1987 einen Reformstau in der Katholischen Kirche. „Seitdem ist sehr vieles nicht passiert, aber die Welt hat sich gewaltig verändert“. Es gehe um grundsätzliche Reformen, die auch im Synodalen Weg eine Rolle spielten. Es gehe um Machtunterschiede und Machtmissbrauch, eine überlebte Sexualmoral, das Zölibat und Rolle der Frau in der Kirche.

Im ZDF kritisierte Bätzing indirekt den Kölner Kardinal Woelki. Bätzing lobte die Souveränität der Entscheidung von Marx und betonte: „Für eine solche Entscheidung, da braucht man menschliche Stabilität, und da muss man auch geistlich offen sein.

Kardinal Woelki im Vatikan. Foto: Franco Origlia/Getty Images

Ich glaube, der Punkt dieser Souveränität, der ist in Köln einfach überschritten. Dort ist jetzt eine Apostolische Visitation im Gange, das sind andere Gesetzmäßigkeiten, die dort jetzt greifen.“ Der Papst hatte kürzlich mitgeteilt, dass Woelki von zwei Apostolischen Visitatoren – Bevollmächtigten – überprüft wird.

Wie das Erzbistum von München und Freising am Freitag mitgeteilt hatte, hatte Kardinal Marx Papst Franziskus in einem Brief darum gebeten, „seinen Verzicht auf das Amt des Erzbischofs von München und Freising anzunehmen und über seine weitere Verwendung zu entscheiden“.

Begründet hatte er diesen Schritt unter anderem damit, Verantwortung übernehmen zu wollen für Fehler – persönlich und institutionell – im Zusammenhang mit der „Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“. Die katholische Kirche sei an einem „toten Punkt“ angekommen, schrieb er. (dpa/er)



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