EU: Internetkonzerne sollen Terrorpropaganda binnen einer Stunde löschen – sonst drohen Milliardenstrafen

Die EU-Kommission will Internetkonzerne zwingen, terroristische Inhalte innerhalb einer Stunde zu löschen. Andernfalls drohen Milliardenstrafen. Das Vorgehen ist dem deutschen NetzDG nachempfunden. Kritiker befürchten einen Einstieg in eine EU-weite Social-Media-Zensur.
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Während es bisher stets eine freiwillige Kooperation zwischen der EU und den Technologie Unternehmen gegeben hatte, um eine schnellere Entfernung terroristischer Inhalte von den Plattformen zu erreichen, stellt die Androhung massiver Geldbußen ein Novum dar.Foto: iStock
Von 13. September 2018

Terroristische Inhalte in sozialen Medien scheinen der Europäischen Union zunehmend Kopfzerbrechen zu bereiten. Zumindest legt dies ein am Mittwoch vorgelegter Entwurf der EU-Kommission nahe, der Betreiber dieser Plattformen verpflichten soll, diese binnen einer Stunde nach Bekanntwerden zu löschen. Zudem sollen die Social-Media-Anbieter automatisierte Systeme installieren, die ein Wiedererscheinen gelöschter Inhalte verhindern.

Der Entwurf bedarf, um in Kraft treten zu können, noch der Zustimmung durch das EU-Parlament. Online-Anbieter, die der Verpflichtung nicht schnell genug nachkommen, sollen mit erheblichen Geldbußen sanktioniert werden. Auf diese Weise soll nach Angaben der Kommission der Druck auf die Betreiber erhöht werden, gegen solche Inhalte vorzugehen.

Unternehmen wie Facebook und Google hatten selbst gemeinsame freiwillige Vereinbarungen unterstützt, berichtet „FOX News“. Bereits im März hatte die EU neue Richtlinien in Geltung gesetzt, die eine Verpflichtung zur schnelleren Löschung von terroristischen Inhalten anordneten und damit drohten, weitergehende gesetzliche Maßnahmen zu treffen.

Sollten die betroffenen Unternehmen „systematisches Versagen“ bezüglich ihrer Verpflichtung offenbaren, die inkriminierten Inhalte innerhalb einer Stunde zu löschen, würden ihnen Bußen bis zu einem Maximalbetrag von vier Prozent ihres weltweiten Umsatzes im Jahr zuvor drohen.

Bei Alphabet (Google) würde dies einem Betrag bis zu 4,43 Milliarden US-Dollar entsprechen, bei Facebook bis zu 1,63 Milliarden.

„Eine Stunde ist ein entscheidendes Zeitfenster, da kann der größte Schaden entstehen“, meinte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in einer Rede vor dem Europäischen Parlament am Mittwoch. Während es bisher stets eine freiwillige Kooperation zwischen der EU und den Technologieunternehmen gegeben hatte, um eine schnellere Entfernung terroristischer Inhalte von den Plattformen zu erreichen, stellt die Androhung massiver Geldbußen ein Novum dar.

Konzerne zeigten sich kooperationsbereit und verbuchten Erfolge

Die Entscheidung kommt für manche Beobachter überraschend. Zum einen haben die Technologiekonzerne wiederholt erklärt, das Ziel einer unverzüglichen Entfernung terroristischer Inhalte zu teilen. Zum anderen haben Google und Facebook nach eigenen Angaben massiv in den Gebrauch von künstlicher Intelligenz investiert, um Inhalte dieser Art automatisch zu entfernen, insbesondere dort, wo diese zuvor nicht gelöscht worden waren.

Google erklärte, seine automatisierten Tools würden gewaltverherrlichende und extremistische YouTube-Videos so schnell entfernen, dass mehr als die Hälfte der Inhalte, die im ersten Quartal beseitigt wurden, weniger als zehn Klicks generiert hätte. Facebook erklärte, mehr als 99 Prozent des Materials, das IS und Al-Kaida zuzuordnen sei, würde geblockt, bevor überhaupt ein Nutzer es zu Gesicht bekäme.

Die EU selbst gibt zu, dass die Technologiekonzerne im Rahmen der freiwilligen Vereinbarungen etwa 70 Prozent der Inhalte, die europäische Behörden ihnen gemeldet hätten, innerhalb von 24 Stunden entfernt hätten. Mitte 2016 wären dies erst 28 Prozent gewesen. Brüssel rechtfertigt die nunmehrigen Maßnahmen jedoch mit Druck, der aus Mitgliedstaaten wie Großbritannien, Frankreich und Italien gekommen wäre. Diese hätten schnellere Lösungen und eine gesetzliche Verpflichtung gefordert.

Kritiker argwöhnen hingegen, die EU sehe die Neuregelung als Probelauf und Einstiegsdroge für eine europaweite Schaffung weitreichender Zensurgesetze. Dass die Verordnung strukturell dem umstrittenen deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetz ähnele, erwecke den Eindruck, es gehe weniger um die Entfernung terroristischer Inhalte als um einen Durchgriff auf die sozialen Medien.

Antiterror-Gesinnung der EU nicht überall gleich stark ausgeprägt

Für diese Einschätzung spricht zudem, dass die EU sich zuletzt, was die Bekämpfung von Terrorismus oder von Propaganda für diesen anbelangt, nicht in auffällig starker Weise exponiert hatte. Im Gegenteil: Erst im Januar hatte Brüssel 42,5 Mio. Euro zugesagt, um „die Lebensbedingungen der palästinensischen Bevölkerung in Ostjerusalem, im Gazastreifen und im Westjordanland zu verbessern“. Nachdem die USA jüngst ihre Unterstützung des „Flüchtlingshilfswerks“ UNRWA eingestellt hatten, sprang die EU ein. Dabei gibt es schwerwiegende Anhaltspunkte dafür, dass die begünstigten Organisationen das Geld verwenden, um Terrorismus zu belohnen oder anzustacheln.

Auch mit Blick auf den Iran stellt sich die EU taub gegenüber Erkenntnissen aus den USA und mit diesen verbündeten Ländern in der Region, wonach Teheran einen großen Teil seines Staatshaushaltes in die Unterstützung terroristischer Organisationen investiere. Die USA hatten aus diesem Grund das Atomabkommen JPCOA aus dem Jahr 2015 verlassen und weitreichende Sanktionen gegen den Iran verhängt. Die EU hingegen erklärte, europäische Unternehmen, die im Iran tätig wären und so zu einer Steigerung der Haushaltseinnahmen beitrügen, vor den US-Sanktionen schützen zu wollen.

Über „Harmonisierung“ zu europaweiten Zensurgesetzen?

Zudem hatte Brüssel bereits 2013 ein gültiges Waffenembargo im Syrienkrieg einseitig zugunsten islamistischer Rebellen nicht verlängert. Damit hat man aber selbst zum Aufstieg terroristischer Verbände und zur Mobilisierung der Reisetätigkeit europäischer Dschihadisten nach Syrien und in den Irak beigetragen.

Dass die EU mit der Bekämpfung terroristischer Inhalte in sozialen Medien nun einen allgemein konsensfähigen Ansatz wählt, um sich im Wege der „Harmonisierung“ entsprechender Bemühungen selbst eine Regelungskompetenz anzueignen, könnte der Einstieg in weitreichendere Bestrebungen sein, Macht über soziale Medien zu erlangen.

Was vorgeblich dem Kampf gegen den Terrorismus dienen soll, könnte sich schon bald als Fehdehandschuh in Richtung Rede- und Informationsfreiheit erweisen. Die gestern ebenfalls auf den Weg gebrachte Urheberrechtsreform ist jedenfalls nicht geeignet, diesen Eindruck zu zerstreuen.



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