Hybrider Bürgerkrieg: Wie der wechselseitige Hass unsere Gesellschaft zersetzt

Der Begriff der „hybriden Kriegsführung“ ist vor allem aus der Geopolitik und wechselseitigen Anschuldigungen zwischen Russland und den USA bekannt. Richard Fernandez vom renommierten Belmont Club meint jedoch, Taktiken dieser Art kämen längst auch innenpolitisch zum Einsatz.
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Hass und Streit zersetzt die Gesellschaft immer mehr.Foto: istock
Von 6. März 2019

Richard Fernandez vom US-amerikanischen Think Tank Belmont Club hat sich auf „PJ Media“ mit einem Thema befasst, das auch in Deutschland immer mehr Gemüter bewegt: die stetige Eskalation politischer Feindseligkeit bis hin zur Gewaltbereitschaft. Sein Artikel steht unter der Überschrift: „Wie würde ein hybrider Bürgerkrieg aussehen?“

Dass in den USA mit ihrer langen Tradition der freien Rede Gewalt gegen Andersdenkende zur alltäglichen Erscheinung würde, wie dies in den jüngsten Jahren immer häufiger der Fall war, erscheint unter anderem Fernandez als bedenkliche Form des zivilisatorischen Bruchs. Auch Entschuldigungen für unzivilisiertes Verhalten würden seltener. Stattdessen ziehe sich jeder in seine eigene Filterblase zurück, in der er immer Recht hätte.

Ruf nach Maulkorb für Andersdenkende

Als Beispiel nennt Fernandez die „Washington Post“, die eine bestenfalls halbherzige Richtigstellung ihrer nachgewiesenen Täter-Opfer-Umkehr in der Berichterstattung über die Konfrontation zwischen Schüler der Covington High School und dem Aktivisten Nathan Philips gebracht habe.

YouTube habe gar den Account des früheren Navy SEALs Don Shipley mit 232 806 Abonnenten gelöscht, der seit 2008 Falschdarstellungen aufgedeckt hatte und unter anderem nachwies, dass die Behauptung von Nathan Philips, ein Vietnam-Veteran gewesen zu sein, unzutreffend war.

In Großbritannien, das ebenfalls lange Zeit von der angloamerikanischen Tradition freier Rede gekennzeichnet war, rief der hochrangige Labour-Abgeordnete Tom Watson Google-CEO Sundar Pinchai in einem persönlichen Brief dazu auf, den YouTube-Account des Islamkritikers Stephen Yaxley-Lennon, besser bekannt als Tommy Robinson, zu löschen.

YouTube hat sich diesem Ansinnen bislang verweigert, allerdings wurde die Seite Robinsons „demonetarisiert“, er kann also keine Werbeeinnahmen daraus ziehen. Unterdessen haben Facebook und Instagram seine Accounts mittlerweile gelöscht und Amazon einige seiner Bücher aus dem Verkauf genommen.

Der frühere Starbucks-CEO Howard Schultz macht die „gescheiterte politische Klasse in Washington, D.C., die Amerikas politisches System kaputtgemacht hat“ dafür verantwortlich, dass „politische Extreme auf beiden Seiten emporsteigen“.

Extremismus als Markenzeichen

Für einige, so schildert Fernandez, erscheine Extremismus gar als Markenzeichen, etwa für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bernie Sanders, der Präsident Donald Trump vorwirft, dieser würde das Land „auf der Basis unserer Hautfarbe, unserer Herkunft, unseres Geschlechts, unserer Religion und unserer sexuellen Orientierung spalten“ – und damit gerade seine eigene Spielart von intersektionaler Identitätspolitik illustriere.

Während eine mögliche Erklärung für den zunehmenden Rückfall in tribalistische Verhältnisse eine evolutionär bedingte Tendenz zum Misstrauen gegenüber Außenseitern sei, meint Fernandez, dass die andere Erklärung dafür laute, dass heute auf diese Weise Kriege geführt würden. Er verweist auf die Russische Föderation, in deren politischer Führung und Staatsmedien beispielsweise hinter den Unruhen in Venezuela eine gezielte Destabilisierung durch die USA vermutet werde.

Die Taktik der „fünften Kolonne“, die man in anderen Staaten mobilisiere, um ungewollte Regierungen zu unterminieren, entspreche den Technologien der „Farbrevolutionen“ – und diese hatten das Sowjetreich unter anderem auch durch Strategien hybrider Kriegsführung zum Zerfallen gebracht.

Erst jüngst habe Russlands General Waleri Gerasimow sich erneut zu seiner bereits 2013 skizzierten Strategie der „hybriden Kriegsführung“ bekannt, die unter anderem in der Ukraine und später auch in westlichen Nationen wie den USA zur Anwendung gekommen sei, wo der Militärgeheimdienst des Landes in Computersysteme der Demokratischen Partei eingedrungen sein soll.

Denunziantentum und Zensur als Kriegstaktiken

Diese Strategie konzentriert sich vor dem Hintergrund des selbstmörderischen Charakters einer konventionellen Kriegsführung, die in einem Atomkrieg münden könnte, auf Subversion und Propaganda. Sie sei, so Fernandez, ein „Cocktail aus Normsetzung, Informationskrieg, gezieltes In-Bewegung-Setzen von Bevölkerungsteilen und gezielte physische Einschüchterung“.

Die Russen hätten diese Taktik nicht erfunden, der Westen betreibe sie schon länger, insbesondere im Bereich des Konterterrorismus, meint Mark Galeotti vom britischen Verteidigungs-Think-Tank Royal United Services Institute. Fernandez unterstreicht, dass von Russen über Chinesen, Dschihadisten und Iranern bis hin zur EU und den USA jeder bedeutende Akteur seine eigene Fassung davon habe.

Nicht nur zwischen den Akteuren internationaler Geopolitik komme jedoch die Taktik der hybriden Kriegsführung zunehmend zum Einsatz, betont Fernandez, sondern zunehmend werden dessen Taktiken auch von den innenpolitischen Akteuren für ihre Zwecke genutzt. Es sei offensichtlich:   

Weil der Sieg jetzt darin besteht, Gegner ins Gefängnis oder zum Schweigen zu bringen, sie finanziell zu sanktionieren, der Strafverfolgung auszusetzen, ihnen Plattformen zu nehmen und sie in umfassender Weise zu überwachen, werden in beiden Fällen nun diese Taktiken zur Anwendung gebracht.“

Heuchlerisches Beschwören von Toleranz und Empörungsindustrie als Brandbeschleuniger

Die Rede vom geistigen, drohenden physischen oder bereits im Gang befindlichen Bürgerkrieg habe längst die Sphäre sogenannter Verschwörungstheoretiker verlassen – sie ist regulärer Teil der politischen Debatte. Gewalt, Unruhen und die Dämonisierung der jeweils anderen Seite sind zum Alltag geworden. Sollte sich tatsächlich ein Bürgerkrieg ankündigen, würde dieser, so Fernandez, als hybrider geführt und so aussehen wie das, was sich bereits heute abzeichne:

Das würde auch erklären, warum es in einer Zeit, die geradezu besessen ist von Safe Spaces und von Toleranz, kaum noch etwas von beidem übrig ist; niemand ist mehr vor Übergriffen sicher, nichts mehr ist privat; alles wird zunehmend kriminalisiert. Im Gegenzug wird jede neue Restriktion, vom Bargeldgebrauch über den Individualverkehr bis hin zum Waffenbesitz, ihrerseits als versteckte Drohung wahrgenommen.“

Auf die Frage, was zu tun sei, antwortete der frühere Generalstaatsanwalt Joseph diGenova im Gespräch mit Laura Ingraham auf Fox News:

Ich gehe wählen und ich kaufe Schusswaffen. Und das solltest du auch tun.“

Das Gift der Verachtung und die Überzeugung, der Andersdenkende sei wertlos, führe dazu, dass sich immer mehr Menschen als Fremde in ihrer eigenen Heimat fühlten und sich die Frage stellten, was aus ihrem Land geworden sei. Von der Kirchengemeinde über die Familie bis hin zum Freundeskreis sei alles zur politischen Kampfzone geworden. Ein giftiges Gebräu aus Wut und Abscheu habe dazu geführt, dass sich Verachtung nicht mehr gegen Ideen anderer Menschen richte, sondern auch gegen die Menschen selbst.

Die Empörungsindustrie, brüllende TV-Moderatoren und Talkshow-Gäste, hasserfüllte Kolumnisten, fanatisierte Campus-Aktivisten und die Eigendynamiken der sozialen Medien seien es, die ein suchtartiges Verlangen danach anfachten, die eigene Einschätzung bestätigt zu bekommen, selbst uneingeschränkt im Recht zu sein und dass die andere Seite nur aus dummen und bösartigen Menschen bestehe.



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