Durch Staatsbeteiligungen: Bald mehr Schutz gegen Firmenübernahmen aus dem Ausland?

Die Bundesregierung will angesichts der Corona-Pandemie Firmenübernahmen aus dem Ausland stärker prüfen. Zunächst gibt es gesetzliche Neuerungen zum Gesundheitssektor, wichtigen Dienstleistern und Rohstoffen. Danach sind Regelungen zu Künstlicher Intelligenz, Halbleitern, Robotik sowie Quanten- und Biotechnologie geplant.
Von 30. April 2020

Am 28.4. teilte das Wirtschaftsministerium mit, „kritische Unternehmenskäufe aus Drittstaaten im Gesundheitssektor“ künftig einer stärkeren Prüfung zu unterziehen. Weitere Sektoren, bei denen die Gefahr von Firmenübernahmen aus Drittstaaten droht, sollen im Laufe des Jahres folgen. 

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sagte: „Wir müssen von kritischen Unternehmenskäufen aus Drittstaaten im Gesundheitssektor rechtzeitig erfahren und diese prüfen können.“ Nur so könne man verhindern, „dass medizinisches Know-how und Produktionskapazitäten, die für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung essenziell sind, ins Ausland abfließen.“

Altmaier zielt damit auf die Entwicklung oder Herstellung von medizinischer Schutzausrüstung, Impfstoffen und Medikamenten ab.

Künftig soll der Staat Firmenübernahmen bereits ab einer Investoren-Beteiligung von 10 Prozent prüfen können, statt bislang 25 Prozent. Außerdem soll die Außenwirtschaftsverordnung geändert werden. Darüber hinaus zählen bestimmte Dienstleister oder Unternehmen, die „kritische Rohstoffe“ gewinnen oder verarbeiten, zu Unternehmen, deren Übernahme die öffentliche Sicherheit gefährden kann.

Wirtschaftsverbände: Altmaier gehe zu weit

Der Entwurf der 15. Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes wurde den Ressorts und Verbänden für eine Stellungnahme übermittelt. Aus Sicht von Wirtschaftsverbänden gehe Altmaier „zu weit, schaffe damit mehr Bürokratie und mache den Standort Deutschland unattraktiver für Investoren“, schreibt „Reuters“.

Altmaier hingegen sagte: „Es geht nicht darum, unseren offenen Investitionsstandort in Frage zu stellen, aber wir müssen hier genauer hinschauen können, wenn nötig.“ Die Corona-Situation zeige dieses Erfordernis.

In der Opposition gibt es gemischte Ansichten zu diesem Thema.

Klaus Ernst (Die Linke), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses, sagte am 23.4., dass das Gesetz „in die richtige Richtung“ gehe. Ernst misst daneben aber auch der Arbeitsplatzsicherheit im Zusammenhang mit Hedgefonds besondere Bedeutung zu. Solche Unternehmen kaufen ebenfalls auf und kündigen anschließend einen Teil der Arbeitnehmer. Wörtlich heißt es:

Sie kaufen ein Unternehmen auf, filetieren das Unternehmen und verkaufen die einzelnen Teile, die sie dann bilden, gewinnbringend. Übrigens sind das hinterher bei Weitem weniger Arbeitsplätze.“

Opposition: Von „Regelung ist überflüssig“ bis zu „richtiger Weg, aber zu kurz gegriffen“

Die FDP hält die Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes für überflüssig. „Bestehende Instrumente im Außenwirtschaftsrechtsgesetz und in der Außenwirtschaftsverordnung würden der Herausforderung, vor der die europäische Wirtschaft und zahlreiche Unternehmen derzeit stehen, ausreichend gerecht“, heißt es in einer Pressemitteilung.

Vielmehr solle die Bundesregierung „europäische Vorgaben zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union umsetzen“. Investitionen sollten „nicht aus industrie- und technologiepolitischen Erwägungen veranlasst werden, sondern sich auf den Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit beschränken“.

Hansjörg Müller (AfD), außenwirtschaftspolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, sagte am 23.4.: „Der Gesetzentwurf geht in die richtige Richtung“, greife aber noch zu kurz. Staaten wie China streben „nach absoluter Markmacht“ und kaufen Technologiefirmen der ganzen Welt auf. Dem müsse man jedoch entgegenwirken.

Und weiter: „Über den Corona-Shutdown haben sich die globalen Lieferketten als zu verletzlich erwiesen. Die bisherige Globalisierung ist gescheitert. Es wächst ein neues weltweites Wirtschaftssystem heran; aus souveränen, nationalen Wirtschaftsräumen: Germany First, das heißt Deutschland zuerst!“

Zweite Jahreshälfte: Übernahmen kritischer Infrastruktur prüfen

Das Ministerium arbeitet an weiteren Änderungen der Außenwirtschaftsverordnung, die es in Kürze vorlegen will. Dem sollen strengere Regelungen zu Firmenübernahmen von Bereichen „mit kritischer Infrastruktur“ wie „Künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Biotechnologie und Quantentechnologie“ folgen, wie „Reuters“ berichtete.

Ein Beispiel aus der Vergangenheit ist die Übernahme des Robotikherstellers Kuka durch das chinesische Unternehmen Midea im Jahr 2016. Dadurch gelangte hoch entwickelte Technologie in die Hände der Chinesen.

Die 15. Novelle ergänzt die Anfang April beschlossenen Änderungen des Außenwirtschaftsgesetzes. Diese sind derzeit zur Abstimmung im Bundestag.

Neu ist eine strengere Prüfung durch die Bundesregierung von Firmenübernahmen seitens Drittstaaten. Zum einen soll bei künftigen Übernahmen geprüft werden, ob die öffentliche Ordnung oder Sicherheit voraussichtlich beeinträchtigt werden könnten. Bislang kam es auf eine „tatsächliche und schwere Gefährdung“ an. Auch wegen Verletzung von Interessen der anderen EU-Mitgliedstaaten kann der Bund die Übernahme dann ablehnen.

Außerdem sollen die Übernahmen erst wirksam sein, bis der Staat geklärt hat, dass keine Gefährdung gegeben sei. Dadurch soll der Abfluss von Informationen oder Technologien noch während der Prüfphase verhindert werden. Diese Änderung soll nach Informationen von „Reuters“ voraussichtlich ab Sommer gelten.

BDI warnt vor zu viel staatlichem Einfluss

In diesem Zusammenhang sind derzeit auch Staatsbeteiligungen zur Abwehr von Übernahmen im Gespräch. Aktuell gibt es beispielsweise Überlegungen beim Bund, sich an der Lufthansa zu beteiligen. Zuletzt warnte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager vor ausländischen Übernahmeversuchen infolge der wirtschaftlichen Misslage. Dabei bestehe die Gefahr, dass durch Übernahme von Schlüsseltechnologien, Infrastruktur oder Know-how die Sicherheit oder öffentliche Ordnung gefährdet sein könnten. Eine mögliche Lösung könnten Staatsbeteiligungen sein.

Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer vom Bundesverband der Deutschen Industrie, wies am Dienstag (28.4.) darauf hin, dass eine Beteiligung des Staates nur vorübergehend akzeptabel sei. Eine politische Einmischung in das operative Geschäft solle dabei aber unterbleiben, berichtete „Reuters“.

„Risiken entstehen, wenn der Staat aktiv in die Unternehmenspolitik oder die Unternehmensstrategie eingreift“, so Lang. „Dann droht eine Politisierung des Geschäftsmodells – umso mehr, wenn es sich um bekannte und große Unternehmen handelt.“



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