EU-Staaten droht bei Beitrittsverhandlungen mit der Türkei offene Spaltung

Der slowakische EU-Ratsvorsitz erwartete beim Treffen der Europaminister am Dienstag schwierige Verhandlungen über die EU-Erweiterung. Österreich forderte am Montag erneut ein Einfrieren der Beitrittsgespräche und könnte eine für Dienstag geplante Erklärung zur Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit Ankara blockieren.
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im EU-Parlament in Brüssel. 5. Oktober 2015.Foto: EMMANUEL DUNAND/AFP/Getty Images
Epoch Times13. Dezember 2016

Angesichts des türkischen Vorgehens gegen Regierungsgegner droht den EU-Staaten eine offene Spaltung in der Frage der Beitrittsverhandlungen mit Ankara.

Der slowakische EU-Ratsvorsitz erwartete beim Treffen der Europaminister am Dienstag schwierige Verhandlungen über die EU-Erweiterung. Österreich forderte am Montag erneut ein Einfrieren der Beitrittsgespräche und könnte eine für Dienstag geplante Erklärung zur Fortsetzung der Beitrittsgespräche mit Ankara blockieren.

„Die Türkei hat sich in den letzten Jahren immer weiter weg von Europa entwickelt und in den letzten Monaten hat sich die Entwicklung sogar nochmal beschleunigt“, sagte der österreichische Außenminister Sebastian Kurz beim Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel. „Über 100.000 sind eingesperrt worden, Andersdenkende werden eingeschüchtert und auch die Todesstrafe soll wieder eingeführt werden. Darauf muss Europa reagieren.“

Nötig sei „zumindest ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen“, sagte Kurz. Das Europaparlament hatte wegen des massiven Vorgehens Ankaras gegen Regierungsgegner nach dem Militärputsch vom Juli bereits in einer Entschließung das „vorläufige Einfrieren“ der Verhandlungen gefordert. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte darauf im November gedroht, die Grenzen für Flüchtlinge Richtung Europa zu öffnen.

Beim Treffen der Europaminister am Dienstag stehe „offensichtlich keine einfache Diskussion über die Türkei“ bevor, sagte der slowakische Außenminister Miroslav Lajcak, dessen Land noch bis Jahresende den EU-Vorsitz hat. Er sprach sich dagegen aus, die Verhandlungen zu stoppen. „Ich glaube, wir müssen den Dialog mit der Türkei fortsetzen.“

Die EU-Europaminister beraten am Dienstag über den jährlichen Fortschrittsbericht der EU-Kommission zu allen Beitrittskandidaten der Union. Die Behörde hatte darin Mitte November zwar einen „Rückfall“ der Türkei bei der Unabhängigkeit der Justiz und der Meinungsfreiheit kritisiert, will aber den Beitrittsprozess grundsätzlich fortführen.

Auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn lehnte ein Einfrieren der Beitrittsverhandlungen ab. Er bleibe „überzeugt davon, dass wir einen Fehler machen würden, wenn wir das tun würden“, sagte er. Denn die EU verliere damit die Möglichkeit, auf Ankara Einfluss zu nehmen.

„Erweiterung stellt ein strategisches Investment in Frieden, Demokratie, Sicherheit und Stabilität in Europa dar“, erklärte der EU-Rat der Mitgliedstaaten am Montag in einer Ankündigung zu dem Treffen am Dienstag. Hinsichtlich der Türkei werde erwartet, dass die Europaminister bekräftigen, „dass die Türkei ein Schlüsselpartner in vielen Bereichen ist“. Ein an Bedingungen geknüpfter Beitrittsprozess könne „dazu beitragen, dass die EU-Türkei-Beziehungen ihr volles Potenzial erreichen“.

Allerdings müssten die geplanten Ratsschlussfolgerungen einstimmig verabschiedet werden, schon Österreich könnte die Verabschiedung dieser politischen Erklärung verhindern. Andererseits bräuchte Wien eine qualifizierte Mehrheit unter den Mitgliedstaaten, um die Beitrittsgespräche über einen rechtlich bindenden Beschluss einzufrieren. Dies wären mindestens 16 Mitgliedstaaten, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen.

Davon sind die Österreicher weit entfernt. Auf die Frage, wer mit Wien auf einer Linie sei, sagte Kurz, sein Land sei „sehr gut abgestimmt mit den Bulgaren und auch mit den Niederländern“. Er ließ aber durchblicken, dass er keine baldige Entscheidung über das Einfrieren der Beitrittsgespräche erwartet: „Manchmal brauchen Entwicklungen auch Zeit.“ (afp)



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