Von Moskau nach St. Petersburg: Flusskreuzfahrt durch das alte Russland

Über ein System von Wasserwegen gleitet die „Volga Dream“ von der Moskwa bis zur Newa.
Titelbild
Die „Volga Dream“ am Ufer der Scheksna.Foto: Bernd Kregel
Epoch Times2. November 2017

„Russland ist groß, und der Zar ist weit!“ Die Erfahrung im alten Russland lehrte, dass ein unauffälliges Leben jenseits der zaristischen Machtzentren zuweilen von Vorteil sein konnte. Denn stets hing „Sibirien“ wie ein Damoklesschwert über allen kritischen Köpfen. Jene schier unendliche Weite hinter dem Ural, die erst allmählich durch den Bau der Transsibirischen Eisenbahn erschlossen wurde.

Bis dahin stand ein anderer Verkehrsweg im Mittelpunkt. Es war die mächtige Wolga, die sich diesseits des Urals als größter europäischer Strom behäbig dem Kaspischen Meer entgegen wälzte.

Früher prägten die mitleiderweckenden Wolga-Treidler das Bild, doch längst wurde die Wolga im großen Stil schiffbar gemacht. Dabei entstand unter enormen Kraftanstrengungen auch eine verkehrstechnische Besonderheit mit Kultstatus. Es ist der überaus kompliziert verlaufende Wasserweg von der Moskwa an die Ostsee, der mit Hilfe der Wolga die russischen Metropolen Moskau und St. Petersburg miteinander verbindet.

Repins Wolga Treidler im Russischen Museum. Foto: Bernd Kregel

Ein Durchkommen ist allerdings nur möglich mit präzise aufeinander abgestimmten Schleusenanlagen, die die Schiffsreise in eine unerwartete Berg- und Talfahrt verwandeln.

Tradition des Teetrinkens

Peter der Große begrüßt Russlands Gäste. Foto: Bernd Kregel

Ausgangspunkt dieser Reise ist der nördliche Flusshafen von Moskau mit seinem monumental ausgestalteten Kanaldenkmal. Hier liegt die “Volga Dream“ an der Kaimauer bereit, um ihre Gäste an Bord zu nehmen. Das Begrüßungsritual erfolgt nach Landesart mit Brot und Salz sowie, wie sollte es anders sein, mit einem Gläschen Wodka. Schon bald darauf heißt es „Leinen los!“, um auf dem legendären Moskau Kanal die vierzig Meter hohe Wasserscheide zwischen Moskwa und Wolga zu überwinden.

So bleibt erst einmal genügend Zeit, um sich auf dem Weg nach Uglitsch in die russische Tradition des Teetrinkens einführen zu lassen. Stimmungsvoll dampft im stilvollen Newa Salon unterhalb der Schiffsbrücke das heiße Teewasser aus dem Samowar. Auf seinem oberen Kaminende wartet bereits eine Kanne mit konzentriertem Tee-Sud, der nun in zarten Porzellantässchen mit dem heißen Wasser vermischt wird. Natürlich dürfen dabei die kleinen an Bord gefertigten Leckereien nicht fehlen. Sie werden garniert mit Anekdoten um die russische Teeleidenschaft, mit denen Kreuzfahrtdirektorin Maria ihre Gäste erheitert.

Kuppelvirtuosität

Am nächsten Tag gilt das gespannte Interesse der ehrwürdigen Stadt Jaroslawl. Als eine der ältesten Städte an der Wolga genießt sie mit ihren Prachtbauten den Ruf eines „russischen Florenz“. Hell klingt zur Begrüßung das Glockenspiel vom Christi Verklärungskloster herüber und weist den Weg zur Prophet Elias Kirche. Zwischen zwei Kirchtürmen und unter dem Schutz mehrerer Zwiebelkuppeln verschmelzen hier Architektur und monumentale Wandmalerei zu einer grandiosen künstlerischen Einheit.

Kirillo Kloster am Siwerskoje See. Foto: Bernd Kregel

Die Weiterfahrt auf der Wolga lädt ein zur Meditation. Dabei nährt das Landschaftserlebnis die Vorfreude auf das Kirillo Kloster am Siwerskoje See. Denn hier befindet sich eine der schönsten Ikonensammlungen, die die altrussische Kunst erschaffen hat. Dagegen imponiert die kleine Insel Kischi im Onega See mit ihrer Kuppelvirtuosität. Höhepunkt der Anlage ist ein hölzernes Bauensemble von zwei Kirchen und einem Glockenturm. Verspielt heben sich die 33 ineinander verschachtelten Kuppeln vor dem pergamentfarbigen Abendhimmel ab.

Russische Volksseele

Matrjuschka-Malerin in Mandrogi. Foto: Bernd Kregel

Am Ufer des Flusses Swir, der den Onegasee mit dem Ladogasee verbindet, bietet sich eine letzte Gelegenheit, die Idylle der nordrussischen Landschaft auszukosten. Mit ihren Holzhäusern, versteckt zwischen weißen Birkenstämmen, erweist sich die kleine Künstlerkolonie Mandrogi als ein Eldorado russischer Volkskunst. Besonders gut angepasst an dieses Milieu ist die junge Künstlerin Sonya, die in ihrem äußeren Erscheinungsbild einem Puschkin-Schauspiel entstiegen sein könnte. Professionell bemalt sie eine ihrer Holzpuppen und erweist sich dabei als eine sympathische Gesprächspartnerin.

Am Westufer des Ladogasees münden seine Wassermassen ein in die Newa. Ihrem Verlauf folgt die „Volga Dream“ bis zum Flusshafen von St. Petersburg. Sie nähert sich damit dem Ziel einer Besuchsreise durch die gute Stube von „Mütterchen Russland“. Und damit durch eine Landschaft, die die russische Volksseele im Verlauf der Jahrhunderte prägte, in guten wie sicherlich auch in schlechten Zeiten.

Quellen der Kultur      

Nun lockt abschließend noch St. Petersburg, das „Venedig des Nordens“. Nach längerer Flusseinsamkeit glänzt es nun umso intensiver mit seinem städtischen Flair, mit seinem unglaublichen Reichtum an Palästen, Kirchen und Museen. Erste Orientierung bietet die fünf Kilometer lange Prachtstraße des Newsky Prospekts, die sich bis hinauf zum Alexander Newsky Kloster erstreckt. Auf dessen Friedhof fanden einst Künstler wie Peter Tschaikowski und Fjodor Dostojewski ihre letzte Ruhe.

Prophet Elias Kirche in Jaroslawl. Foto: Bernd Kregel

Daneben darf jedoch einer der absoluten Glanzpunkte außerhalb der Stadt nicht übersehen werden, der legendäre Katharinenpalast. Dieser erstrahlt im Glanz seiner sich an goldenem Prunk gegenseitig überbietenden Festsäle. Einer davon ist das inzwischen vollständig renovierte Bernsteinzimmer, das seit seiner Wiedereröffnung über den Verlust des Originals schnell hinwegtröstet. Ein zusätzliches Sahnehäubchen bei einer Schiffsreise durch das alte Russland zu den Quellen seiner reichhaltigen Kultur!

Glockenspiel im Christi Verklärungskloster in Jaroslaw. Foto: Bernd Kregel

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