Gleis-Mord von Berlin: Zwei Versionen und keine Öffentlichkeitsfahndung

Ein Gleis-Mord schockt Berlin. Um den Vorfall ranken sich zwei Versionen. Es gibt Videos aus Überwachungskameras. Die Fahndung nach den Tätern läuft - jedoch nicht öffentlich.
Titelbild
SymbolbildFoto: Paul Zinken/dpa
Epoch Times31. Oktober 2019

Dienstagnacht, 29. Oktober, U-Bahnhof Kottbusser Tor, kurz vor Mitternacht: Bei einem nächtlichen Streit stießen Unbekannte einen 30-jährigen Mann auf das Gleis. Die gerade einfahrende U8 fügte dem Iraner tödliche Verletzungen zu. Er starb noch vor Ort.

Die alarmierte Polizei konnte die geflüchteten Täter nicht mehr fassen, jedoch hoffte man, dass die Überwachungskameras zur Identifizierung der Männer beitragen könnten. Die Mordkommission beschlagnahmte die Aufnahmen und wertet sie derzeit aus. Medienangaben besagen, dass es sich bei den Tätern um „Südländer“ handeln soll.

Wartende Personen an einer Berliner U-Bahn. Die Gefahr, ins Gleis gestoßen zu werden, ist allgegenwärtig. Foto: Sean Gallup/Getty Images

Keine Öffentlichkeitsfahndung nach Gleis-Mord

Eine Öffentlichkeitsfahndung nach ihnen lehnt die Polizei jedoch gegenwärtig laut „Bild“ ab, obwohl die Gefahr besteht, dass sich die Täter aus der Stadt absetzen könnten. Zum Ablauf der Tat gibt es derzeit zwei voneinander abweichende Versionen. Über die Gründe zur Blockierung der oft erfolgreichen Öffentlichkeitsfahndung sagte eine Polizeisprecherin:

Das ist zu frisch. Dazu braucht es einen richterlichen Beschluss, und es ist das letzte Mittel, wenn alle anderen Ermittlungsansätze ausgeschöpft sind.“

(Heidi Vogt, Polizei Berlin)

Es soll einige Hinweise geben, denen die Kriminalpolizei derzeit nachgeht, dennoch musste die Staatsanwaltschaft zugeben: „Wir wissen nicht, wer das war.“

Tatversion 1, Zeugen

Nach Angaben der „Bild“ war das spätere Opfer mit seinem im Rollstuhl sitzenden Onkel unterwegs, als dieser von einer zunächst unbekannten Anzahl Männern angegangen wurde, die ihn offenbar berauben wollten. Der 30-Jährige ging dazwischen und wurde dann von den Männern attackiert. Es kam zu dem tödlichen Stoß ins Gleisbett. Der Mann war zwischen Zug und Bahnsteigkante geraten.

Die Täter flüchteten, bevor die Polizei den Bahnhof abriegeln konnten. Während dessen versuchten anwesende Personen, den Zug von dem Schwerverletzten wegzuschieben, um diesen zu befreien. Obwohl Notärztin und Rettungsdienst rasch zur Stelle waren und versuchten, den Mann zu reanimieren, verstarb er vor Ort an den schweren Verletzungen.

Tatversion 2, Videoaufnahmen

Die „Berliner Zeitung“ berichtete nach der Auswertung der Videoaufnahmen der Überwachungskameras, dass es eine andere Version gebe, als die der Zeugenaussagen:

Zwischen dem Rollstuhlfahrer, der von dem 30-Jährigen und einem zweiten Mann begleitet wurde, sowie einer Personengruppe sollen auf dem Bahnsteig unbekannte Gegenstände ausgetauscht worden sein.“

(„Berliner Zeitung“)

Der Onkel fuhr danach weiter. Kurz darauf kam es zwischen der Personengruppe und den beiden Begleitern des Rollstuhlfahrers zu der Auseinandersetzung, die für den 30-jährigen Neffen des Mannes tödlich endete.

Die Videos sollen laut Polizei deutlich zeigen, dass der Stoß vor den Zug gezielt war. Auch sollen die Gesichter der Täter eindeutig identifizierbar sein. Demnach sollen sowohl Täter als auch das Opfer in der Alkoholiker- und Drogenszene gut bekannt sein, wie es hieß.

Recherchen im Milieu

Ähnliches erfuhr die „Bild“ nach ihren Recherchen im Bahnhofsmilieu. Die Männer waren in der Szene am Kottbusser Tor bekannt. Ein Befragter meinte, dass der 30-jährige Iraner oft hier gewesen sei, um Bier zu trinken und dort gekaufte Tabletten zu nehmen.

Laut Polizei sind die Recherchen in der Szene schwierig: Die einen würden Geschichten erzählen, die sich nicht zugetragen hätten, die anderen würden schweigen, sagte ein Polizist der „Berliner Zeitung“ gegenüber.

Berlins kriminelle Hotspots

Das Kottbusser Tor gilt als einer der aktuell sieben „kriminalitätsbelasteten Orte“ (kbO) in Berlin, ein Hotspot des Verbrechens. In der ersten Jahreshälfte 2019 wurden hier 1.385 Straftaten registriert, hauptsächlich Drogendelikte, Körperverletzung und Taschendiebstahl. Im Jahr 2018 wurden hier 2.901 Straftaten gezählt. In der Halbjahresstatistik befindet sich das Kottbusser Tor auf Platz 6 der vom Alexanderplatz angeführten Liste.

  1. Alexanderplatz 1. HJ 2019: 3.671 (2018: 6.767)
  2. Hermannplatz – 1. HJ 2019: 2.408 (2018: 4.368)
  3. Hermannstraße – 1. HJ 2019: 2.211 (2018: 4.413)
  4. Warschauer Brücke – 1. HJ 2019: 1.913  (2018: 3.518)
  5. Görlitzer Park – 1. HJ 2019: 1.533 (2018: 2.651)
  6. Kottbusser Tor – 1. HJ 2019: 1.385 (2018: 2.901)
  7. Rigaer Straße – 1. HJ 2019: 455 (2018: 695)

(Daten von: „Berliner Morgenpost“)

(sm)



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