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Rassismus-Eklat in Amtsblatt: Dachdeckeranzeige löst Proteste und Ermittlungen aus

Eine Anzeige im Amtsblatt von Sebnitz sorgt für landesweite Aufregung: Ein Dachdeckermeister warb darin um neue Azubis – und verwendete antisemitische und rassistische Schmähbegriffe. Dies trug ihm Anzeigen und eine Prüfung durch die Handwerkskammer ein. Die Linkspartei protestierte, die „Freien Sachsen“ planen eine „Solidaritätskundgebung“.

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Der damalige Bundespräsident Gauck besuchte am 26. Juni 2016 unter starkem Polizeieinsatz den Deutschen Wandertag auf dem Marktplatz in Sebnitz.

Foto: Arno Burgi/dpa

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Eine bezahlte Anzeige in einem Amtsblatt hat in der 9.500-Einwohner-Gemeinde Sebnitz im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge bundesweit für Irritationen gesorgt. Diese endeten mit der fristlosen Entlassung eines Verlagsmitarbeiters, einer Anzeige und einer Kundgebung des Kreisverbandes der Linkspartei am Ostermontag, 21. April. Ihrem Aufruf zum Protest unter dem Motto „Gegen Rassismus und Antisemitismus“ folgten zwischen 60 und 80 Personen. Seit der Kommunalwahl 2024 ist die Partei nicht mehr im Stadtrat von Sebnitz vertreten.

Handwerker in Sebnitz schaltet Anzeige zum 30-jährigen Firmenjubiläum

Auslöser der Unwägbarkeiten war eine Anzeigenschaltung im „Neuen Grenzblatt“, dem im Verlag Linus Wittich Medien KG erscheinenden Amtsblatt der Kunstblumenstadt an der tschechischen Grenze. In dieser hatte der örtliche Dachdeckermeister Ronney W. sein 30-jähriges Firmenjubiläum verkündet. Er nutzte die Anzeige zudem auch, um schon jetzt Interessierte dazu einzuladen, sich für 2026 um einen Ausbildungsplatz zu bewerben.
Allerdings war mit dem Aufruf eine Einschränkung verbunden. Von der Einladung zur Bewerbung ausgenommen seien „Hakennasen, Bimbos und Zeppelträger“. Zwar enthält die Anzeige keine näheren Angaben zu Tätigkeit und Anforderungsprofil, dennoch deutet vieles darauf hin, dass dieser Ausschluss von der Aufforderung zur Bewerbung das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verletzt.
Aufgrund der darin verwendeten Wortwahl machte die Anzeige auch schnell die Runde durch soziale Netzwerke und sorgte dort für heftige Reaktionen. Die Hakennase ist mindestens seit dem 19. Jahrhundert ein stetig wiederkehrendes Motiv in antisemitischen Karikaturen. Der Ausdruck „Bimbo“ wird seit der Kolonialzeit als herabwürdigender Terminus für Menschen mit dunkler Hautfarbe benutzt.

Linkspartei: „Jeden zivilisatorischen Grundkonsens verlassen“

Was es mit dem Begriff „Zeppelträger“ auf sich hat, ist ungeklärt. In sozialen Medien reichen die Darstellungen von „Zeppel“ als Haarzopf über eine Anspielung auf orthodox-jüdische Schläfenlocken bis hin zur Anspielung auf Corona-Masken. Gegenüber „Bild“ bestätigt W., den Text so in Auftrag gegeben zu haben.
Vielleicht habe er „es etwas übertrieben“, erklärte er auf Nachfrage, aber „das Land und seine Politik treiben mich dazu“. Für „menschenverachtend“ hält er nicht die von ihm gewählte Wortwahl, sondern das „Benehmen vieler Menschen, die in unser Land kommen“. Für den Eklat infolge seiner Anzeige sieht er den Verlag verantwortlich:
„Vielleicht hätte ich es so nicht formuliert, wenn mich der Anzeigenverkäufer darauf aufmerksam gemacht hätte.“
Die Kreischefin der Linkspartei, Lisa Thea Steiner, erklärt auf Facebook, gegen den Dachdeckermeister eine Anzeige wegen Volksverhetzung erstattet zu haben. Wer von „Hakennasen“ oder „Bimbos“ spreche, verlasse „jeden zivilisatorischen Grundkonsens“. Es sei ein „unfassbarer Vorgang“, dass diese Worte in einem Amtsblatt hätten erscheinen können. Steiner fügte hinzu:
„Rassismus und Antisemitismus sind keine Meinung – sie sind ein Verbrechen.“
Auch der parteilose OB der Stadt, Ronald Kretzschmar, hat eigenen Angaben zufolge Anzeige erstattet.

„Freie Sachsen“ solidarisieren sich mit Dachdecker

Unterdessen hat der im brandenburgischen Herzberg ansässige Verlag Linus Wittich, der auf Amtsblätter und Vereinszeitungen spezialisiert ist, den zuständigen Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung entlassen. Geschäftsführer Andreas Barschtipan äußerte in einer Stellungnahme, es sei bislang „noch nicht klar, wie die Anzeige ins Blatt kommen konnte“.
Man wolle die internen Prozesse „umgehend überprüfen und anpassen, um sicherzustellen, dass sich ein solcher Vorfall niemals wiederholt“. Zudem betont die Linus Wittich Medien KG, alle Geschäftsbeziehungen mit dem Auftraggeber des Inserats beendet zu haben. Ronney W. hat Berichten zufolge darüber hinaus auch mit einer Prüfung durch die Handwerkskammer Dresden zu rechnen, inwieweit sein Unternehmen als Ausbildungsbetrieb geeignet sei.
Unterdessen hat die als rechtsextremistisch eingestufte Partei „Freie Sachsen“ für den 28. April in Sebnitz zu einer „Solidaritätskundgebung“ mit dem Handwerksmeister aufgerufen. Dies war unter anderem auch eine Reaktion auf einen Fake-News-Skandal, der Sebnitz im Jahr 2000 bundesweit bekannt machte. Die Affäre bewirkte in der Stadt dauerhaftes Misstrauen und Reaktanz gegenüber Politik und Medien.

Fake-News-Skandal sorgt in Sebnitz heute noch für Wut

Mehrere Medien berichteten damals unter Berufung auf Zeugenaussagen, dass ein sechsjähriger deutsch-irakischer Junge im Jahr 1997 von Neonazis im Freibad ertränkt worden sei. Hunderte Gäste hätten die Situation verfolgt und nicht eingegriffen. Die Oberstaatsanwaltschaft Dresden erwirkte gegen drei Personen Haftbefehle.
Wochen später stellte sich heraus, dass es den Neonaziübergriff nie gegeben hatte. Stattdessen hatte der Junge beim Schwimmen einen Herzinfarkt erlitten und war anschließend ertrunken. Die Mutter, der damals sogar Bundeskanzler Gerhard Schröder einen Besuch abgestattet hatte, hatte im Zuge der Ermittlungen eine entsprechende gesundheitliche Vorbelastung verschwiegen.
Reinhard Werner schreibt für die Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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