Das Aus für Verbrennermotoren – EU zieht bei Klimavorgaben für Fahrzeuge die Zügel an

Mehr Klimaschutz oder Abgesang auf den Industriestandort? An CO₂-Vorgaben für Fahrzeuge scheiden sich die Geister. Das EU-Parlament hat wohl das Aus für den Verbrennermotor besiegelt.
Symbole markieren Parkplätze mit einer öffentlichen Ladesäule für Elektroautos.
Symbole markieren Parkplätze mit einer öffentlichen Ladesäule für Elektroautos.Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Epoch Times14. Februar 2023

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Neue Autos mit Verbrennermotor sollen nur noch rund zwölf Jahre in der EU verkauft werden dürfen und Lastwagen sowie Busse sollen bis 2040 drastisch weniger Treibhausgase ausstoßen.

Das EU-Parlament billigte in Straßburg die neuen CO₂-Vorgaben, wonach in der EU ab dem Jahr 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Kurz darauf stellte die EU-Kommission Pläne vor, deutlich strengere Vorgaben auch für sogenannte schwere Nutzfahrzeuge zu machen.

Konkret sehen die Pläne eine Verringerung um 90 Prozent bis 2040 im Vergleich zu 2019 vor, wie die Kommission mitteilte. „Im Jahr 2050 müssen fast alle Fahrzeuge auf unseren Straßen emissionsfrei sein“, sagte Klimakommissar Frans Timmermans. Bis 2050 will die EU klimaneutral werden – also nur noch CO₂ ausstoßen, das auch wieder gebunden werden kann.

Zwischenziele vorgeschlagen

Als Zwischenziele schlägt die Kommission vor, dass sich der CO₂-Ausstoß von schweren Nutzfahrzeugen bis 2030 um 45 Prozent und bis 2035 um 65 Prozent verringern soll. Das soll für Lkw ab einem Gewicht von fünf Tonnen sowie für Busse im Nah- und Fernverkehr gelten. 2019 hatte sich die EU erstmals darauf geeinigt, dass verbindlich vorgeschrieben wird, wie viel CO₂ schwere Nutzfahrzeuge verursachen dürfen. Die EU-Staaten und das Europaparlament müssen zu den Vorschlägen noch einen Kompromiss aushandeln.

Neue Stadtbusse sollen schon ab 2030 gar keine Emissionen mehr ausstoßen. Ausnahmen für die starken CO₂-Verringerungen soll es für Nutzfahrzeuge geben, die etwa in der Land- oder Forstwirtschaft eingesetzt werden. Auch Krankenwagen und Feuerwehrwagen sollen ausgenommen sein.

Bei den Vorgaben für Autos und Transporter sind die beiden Institutionen schon so weit: Unterhändler hatten sich bereits im Oktober auf den nun gebilligten Kompromiss verständigt. Die Abgeordneten stimmten der Einigung nun auch formell zu, mit 340 Ja-Stimmen, 279 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen. Die Mitgliedstaaten müssen auch noch zustimmen, dies gilt aber ebenso wie die Billigung des Parlaments als Formsache.

„Es wird den Herstellern überlassen, welche Technologien sie zum Erreichen dieser Ziele nutzen, zum Beispiel Elektrifizierung, Wasserstoffbrennstoffzellen oder Wasserstoff in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor“, erklärte die Kommission.

Was die Fraktionen sagen

Sozialdemokraten feierten die Einigung als Erfolg für klimaschonenderen Straßenverkehr. „Der Beschluss sichert den Weg zur Umstellung auf Autos ohne Verbrennungsmotor ab, auf den sich Automobilhersteller schon lange gemacht haben“, sagte der klimapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tiemo Wölken. Gleichzeitig werde mit dem Beschluss sichergestellt, dass Schlüsselkompetenzen wie die Fertigung von Batteriezellen in der EU gehalten werden.

Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke kritisierte den Beschluss: „Grüne, Liberale und Linke haben heute im EU-Parlament für das Verbrennerverbot gestimmt, obwohl sie wissen, dass sie damit rund 1,4 Millionen Arbeitsplätze in Europa gefährden.“ Der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen betonte: „Das endgültige Aus des Verbrennungsmotors ist mit der Annahme wahrscheinlich.“

Dass die Brüsseler Behörde in naher Zukunft stark auf Elektromobilität setzt, kritisierte auch der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, gegenüber der AFP. „Durch die nahezu vollständige Elektrifizierung von Pkw und Nutzfahrzeugen steigt die Gefahr einer Überlastung der Stromnetze“, erklärte Steiger.

Der Kompromiss soll im Jahr 2026 überprüft werden können. Um die Frage des Verbrenner-Aus hatte es auch in der Bundesregierung länger Streit gegeben. Hauptsächlich Grüne und Liberale vertraten unterschiedliche Positionen. Das grün geführte Umweltministerium hatte sich etwa für ein eindeutiges Verbrenner-Aus ausgesprochen.

Kommen E-Fuels infrage?

In dem Kompromisspapier ist eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten, zu überprüfen, ob sogenannte E-Fuels für Autos künftig infrage kommen könnten. Oetjen sprach am Dienstag jedoch davon, dass die Kommission bislang nicht den Anschein erwecke, dazu ernsthaft einen Vorschlag auf den Weg zu bringen.

Auf die Prüfbitte hatte vor allem die FDP gedrängt: „Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir uns alle Möglichkeiten und Technologien offen halten“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nach der Abstimmung des EU-Parlaments. „Sowohl für die Bestandsflotte als auch für neue Fahrzeuge bieten E-Fuels klimaneutrale Mobilität mit Verbrennungsmotoren.“

Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält synthetische Kraftstoffe für unerlässlich, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. „Doch statt E-Fuels zu fördern, groß zu denken, schließt Europa diese Technologie bisher aus und lässt den Bestand bei der Erreichung der Klimaziele im Verkehr außen vor. Das ist realitätsfremd und verbaut uns Chancen und Möglichkeiten“, sagte VDA-Chefin Hildegard Müller.

Der Kommissionsvorschlag sei „mit Blick auf die bisher leider nur unzureichend vorhandene Lade- und Wasserstoffinfrastruktur … ausgesprochen ambitioniert“. Auch der europäische Herstellerverband ACEA sprach von einer „enormen“ Herausforderung angesichts „heute fast vollständig fehlender“ Wasserstoff- oder Stromladestationen für Lkw.

Grünen-Abgeordneter: „Verkehrssektor ein Sorgenkind“

EU-Klimakommissar Frans Timmermans sieht das ganz anders. Die Kraftstoffe sollten dort eingesetzt werden, wo sie wirklich gebraucht würden, vor allem in der Luftfahrt. „Wir sollten sie nicht für den Straßenverkehr verwenden.“

Dem Grünen-Europaabgeordneten Michael Bloss gehen die Vorschläge der Kommission zu Lastwagen und Bussen nicht weit genug. Christdemokraten und Liberale hätten offenbar nicht vor, etwas daran zu ändern, dass der Verkehrssektor ein Sorgenkind sei. „Auch hier braucht es jetzt Klarheit für die Industrie und ein Enddatum für den Verbrennungsmotor für Lkw.“

Eliteprojekt E-Autos

Nur jeder Fünfte in Deutschland hält es für wünschenswert, dass sich der Elektroantrieb in den kommenden zehn Jahren durchsetzt. Nur 23 Prozent könnten sich überhaupt vorstellen, ein E-Auto zu kaufen. Es hängt am Preis, an teurem Strom, zu wenigen Ladestationen. Zudem wird an der Umweltbilanz gezweifelt.

72 Prozent der Befragten können nicht auf ein Auto verzichten, 47 Prozent nutzen es täglich und weitere 23 Prozent mehrmals in der Woche. Das Fahrrad wird von 18 Prozent täglich genutzt. Das ergab eine Allensbach-Erhebung für die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften. Unter 48,5 Millionen Pkw im Land gibt es nur eine Million E-Autos.

Man könne ein Demokratieproblem darin sehen, wie die „Welt“ es formulierte: „Der Wandel des Individualverkehrs zur Elektromobilität, damit auch die Transformation der für Deutschland so wichtigen Automobilindustrie, ist bis heute ein reines Elitenprojekt.“ (dpa/red)



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