Gas-Embargo: Ökonom rechnet mit tiefer Rezession und Verlust von 500.000 Jobs

In Deutschland sowie in Brüssel steigt der Druck auf ein Öl- und Gas-Embargo gegen Russland. Ökonomen warnen, dass dies für die hiesige Wirtschaft extreme Folgen haben wird.
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Ein Schiff verlegt in der Ostsee Rohre für die Gaspipeline Nord Stream 2.Foto: Getty Images
Epoch Times10. Mai 2022

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Der Wirtschaftsweise Achim Truger befürchtet einen Wirtschaftseinbruch, sollte Russlands Präsident Wladimir Putin den Deutschen den Gashahn zudrehen. „Ein Ende der Gaslieferungen aus Russland würde nach den meisten Berechnungen eine tiefe Rezession auslösen. Eine halbe Million Jobs könnte verloren gehen“, sagte der Ökonom der „Rheinischen Post“ (Dienstag).

Außerdem, so Truger, könnte die deutsche Industrie „längerfristig schweren Schaden nehmen“. Der Wirtschaftswissenschaftler verteidigte die gesetzlich vorgeschriebene Priorisierung der Gaslieferungen für private Haushalte und soziale Einrichtungen.

Allerdings seien Energieeinsparungen auch bei den Privatkunden unumgänglich. „Die Einsparpotenziale in den Haushalten sind groß, etwa bei der Heizungseinstellung oder dem Gebrauch von heißem Wasser“, sagte der gewerkschaftsnahe Ökonom und ergänzte: „Natürlich muss auch die energetische Sanierung vorangetrieben werden.“ Zudem forderte der Wissenschaftler, der an der Universität Duisburg-Essen lehrt, ein allgemeines Tempolimit, „um Kraftstoff zu sparen“.

Gefahren sieht Truger auch bei der Entwicklung der Inflation. Er gehe zwar davon aus, dass die Inflationsrate wieder sinke. „Aber das wird sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Die überhöhte Inflation wird noch bis weit ins Jahr 2023 anhalten“, sagte der Wirtschaftsweise.

Verständnis zeigte Truger dafür, dass die Gewerkschaften wieder höhere Löhne forderten, weil sie die hohe Inflation schlecht ignorieren könnten. „Aber es darf keine Preis-Lohn-Spirale geben, sonst müsste die EZB die Konjunktur abwürgen, womit nichts gewonnen wäre“, schränkte der Duisburger Wirtschafts-Professor ein.

Diakonie warnt vor drastischem Armutsanstieg in Deutschland

Der evangelische Wohlfahrtsverband Diakonie Deutschland hat indes vor einem drastischen Anstieg der Armut in Deutschland gewarnt und neue Notfallhilfen gefordert. „Wir werden sehr viel mehr Arme bekommen, als wir bisher gedacht haben“, sagte die sozialpolitische Diakonie-Vorständin Maria Loheide der „Augsburger Allgemeinen“.

Angesichts der Inflation und der steigenden Energiepreise reiche bei vielen Menschen das Gehalt nicht mehr aus, sagte sie. Die Diakonie sehe dies bereits deutlich am Anstieg ihrer zahlreichen Hilfsangebote: „Wir merken das in jeder Beratungsstelle, in den Schuldnerberatungen, den Sozialberatungsstellen und auch den Familienzentren.“

Loheide forderte vom Bund statt einmaliger Hilfszahlungen eine Reform der sozialen Unterstützung in allgemeinen Krisen. „Die ewigen Einmal- und Bonuszahlungen haben was von Almosen“, kritisierte die Diakonie-Vorständin. „Unser Vorschlag ist eine Notlagenregelung, die fest in den Sozialgesetzbüchern verankert wird und in einer nationalen Krisensituation eine Unterstützung von Betroffenen – mit mindestens 100 Euro monatlich für ein halbes Jahr – vorsieht“, sagte Loheide.

Sie forderte angesichts er hohen Inflation zudem eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze. Dazu müssten noch gezielte krisenbezogene Hilfen kommen.

„Fortschritte“ im Streit mit Ungarn um EU-Ölembargo

Neben einem Gas-Embargo nach Deutschland wird in der EU um ein Öl-Embargo gegen Russland gerungen. Ungarn befürchtet dadurch einen schweren Schaden für die eigene Wirtschaft.

Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat in Budapest den ungarischen Regierungschef Viktor Orban getroffen und anschließend von „Fortschritten“ im Streit um ein Embargo gesprochen. Das Gespräch sei „hilfreich gewesen, um mit den Sanktionen und der Energiesicherheit zusammenhängende Themen klarer zu machen“, schrieb von der Leyen am Montagabend auf Twitter. „Wir haben Fortschritte gemacht, aber weitere Arbeit ist nötig.“

Ungarn ist stark von russischem Öl abhängig und blockiert bisher einen Beschluss der EU-Staaten über ein Öl-Embargo gegen Russland, der für die Einstimmigkeit notwendig wäre. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto sprach nach von der Leyens Besuch ebenfalls von „Fortschritten“. Er betonte aber zugleich mit Blick auf mögliche Preisexplosionen bei einem Embargo in einem Facebook-Video: „Wir können nicht das ungarische Volk den Preis für diesen Krieg zahlen lassen.“

Die EU-Kommission hat den Mitgliedsländern einen schrittweisen Importstopp für russisches Öl und Ölprodukte vorgeschlagen, der für die meisten Länder bis zum Jahresende in Kraft treten soll. Ungarn fordert laut EU-Diplomaten deutlich längere Übergangsfristen und finanzielle Hilfen für die Umstellung der Versorgung. Konkret geht es um den Bau einer neuen Pipeline, über die Ungarn von Kroatien aus mit Öl versorgt werden soll. (dts/afp/red)



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