Österreich: Ex-Kanzler Kern sieht Sehnsucht nach „No-Bullshit-Politik“

Altkanzler Christian Kern sieht die „Ibiza“-Affäre für die FPÖ als ausgestanden. In Österreich wählten Bürger wieder gezielt Anti-Establishment-Parteien.
Titelbild
Christian Kern.Foto: Thomas Kronsteiner/Getty Images
Von 2. November 2022

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In Österreich warnt SPÖ-Altbundeskanzler Christian Kern vor einer weiteren Erosion der etablierten politischen Parteien. Gegenüber dem Magazin „Stern“ spricht er von einem „Zerfall des politischen Zentrums Österreichs“.

Angesichts der „schlampigen Verhältnisse“ im Land würden die staatstragenden Parteien sich nur erholen können, sollten sie eine komplette Erneuerung in Angriff nehmen. Die Menschen im Land sehnten sich nach einer „No-Bullshit-Politik“.

Bürger in Österreich nehmen Protestangebote dankbar wahr

Hintergrund der Aussagen Kerns dürften aktuelle Umfragen zur politischen Stimmung im Land sein. Zwar hat der von allen Parteien des politischen Mainstreams im Land unterstützte Bundespräsident Alexander van der Bellen vor knapp einem Monat die Wiederwahl geschafft. Wären am kommenden Sonntag jedoch Nationalratswahlen, wäre mit einer großflächigen Erschütterung des Parteiensystems zu rechnen.

Einer jüngst veröffentlichten Umfrage von Market/Lazarsfeld für die Zeitung „Österreich“ zufolge würde die FPÖ mit 26 Prozent die Sozialdemokraten einholen. Die „Ibiza-Affäre“ scheint für die Partei ausgestanden zu sein, meint auch Kern.

Die Leute scheinen das auszublenden und die FPÖ als Anti-Establishment wahrzunehmen.“

Bürger scheinen das Thema „Korruption“ mittlerweile eher mit der ÖVP in Verbindung zu bringen. Im Übrigen sei die Proteststimmung offenbar so stark, dass auch über die Freiheitlichen hinaus Angebote bereitwillig angenommen würden. Kern dazu:

Dass in Graz eine kommunistische Kandidatin zur Bürgermeisterin gewählt worden ist, zeigt, dass die etablierten Parteien erodieren, wenn sie nicht zu einer tiefgreifenden Katharsis bereit sind.“

Bierpartei läge bei Nationalratswahl vor Grünen

Die ÖVP könnte unter Umständen sogar auf unter 20 Prozent in der Wählergunst abrutschen. Dies war zuletzt Anfang 2017 der Fall, bevor Sebastian Kurz die Partei übernahm. Eine jüngst von „Puls 24“ veröffentlichte Sonntagsfrage des Instituts für Demoskopie und Datenanalyse (IFDD) stellte eine weitere Überraschung in Aussicht.

Dieser zufolge würde die „Bierpartei“ des Musikers und Ex-Präsidentschaftskandidaten „Marco Pogo“ im Fall eines Antritts auf Anhieb zehn Prozent erzielen. Sie würde damit die Grünen überholen, die dann nur noch auf acht Prozent kämen.

Im Vergleich zur vorangegangenen Sonntagsfrage habe die ÖVP damit gleich drei Prozent eingebüßt, kommentiert IFDD-Geschäftsführer Christoph Haselmayer. Vor allem die Causa rund um Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid habe der Partei geschadet. Dieser hatte sich der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) kürzlich als Kronzeuge zur Verfügung gestellt. In mehreren Vernehmungen hatte er führende ÖVP-Politiker schwer belastet.

Österreich, so Haselmayer, könnte „italienische Verhältnisse“ mit einer zersplitterten Parteienlandschaft erleben. Lediglich ein Zweierbündnis aus Sozialdemokraten und FPÖ hätte eine stabile Mandatsmehrheit. Ein solches lehnt die SPÖ auf Bundesebene jedoch kategorisch ab. In der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden scheint unterdessen die Corona-Protestpartei MFG. Nach dem schlechten Abschneiden ihres Vorsitzenden Michael Brunner bei der Bundespräsidentenwahl käme auch sie nur noch auf zwei Prozent.

(Mit Material von dts)



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