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"Präzedenzfall"

Streit mit Polen wird für EU zur Zerreißprobe

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(v.l.n.r.) Premierministerin von Estland, Kaja Kallas, belgischer Premierminister, Alexander De Croo, und dänische Premierministerin, Mette Frederiksen, vor dem EU-Gipfel am 21. Oktober 2021.

Foto: POOL NICOLAS MAETERLINCK/BELGA MAG/AFP via Getty Images

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Lesedauer: 2 Min.

Im Streit um die Unabhängigkeit der polnischen Justiz hat das EU-Parlament Befürchtungen über die Schaffung eines Präzedenzfalls durch ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts geäußert.
Das Parlament sei „zutiefst besorgt darüber, dass dieses Urteil einen gefährlichen Präzedenzfall darstellen könnte“, hieß es in einer Entschließung, für die am Donnerstag die Abgeordneten in Straßburg stimmten. Sie forderten die EU-Kommission erneut auf, rechtliche Schritte gegen Polen einzuleiten.
Mehrere europäische Staats- und Regierungschefs wollen Druck auf Warschau ausüben. „Eine rote Linie wurde überschritten“, sagte der belgische Regierungschef Alexander De Croo am Donnerstag in Brüssel mit Blick auf die Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts. „Die Grundregel, dass alle dieselben Rechte im europäischen Raum haben, muss respektiert werden“, fügte er hinzu.
Der österreichische Regierungschef Alexander Schallenberg betonte bei dem Gipfel, es dürfe „kein Werte-Rosinenpicken geben“. Er fügte hinzu: „Polen muss die finanzielle Drohkulisse, die da ist, sehr ernst nehmen.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erinnerte an die gemeinsame „Verantwortung, Grundwerte zu schützen“. Der niederländische Regierungschef Mark Rutte befürwortete die Forderung von der Leyens, Gelder in Höhe von 36 Milliarden Euro aus dem Corona-Fonds für Polen zunächst zurückzuhalten.
„Es ist schwierig zu sehen, wie ein großer neuer Fonds (…) Polen zur Verfügung gestellt werden kann, solange das nicht geregelt ist“, sagte Rutte. Der EU-Rat könne zudem weiter ein Verfahren in Betracht ziehen, das zu einem Stimmrechts-Entzug für Polen führen könnte, fügte er hinzu. „Ich denke, wir müssen hart bleiben“, betonte er.
Der luxemburgische Regierungschef Xavier Bettel plädierte für ein zweigleisiges Vorgehen. „Zuerst möchte ich zusammen Lösungen finden (…) und nicht sofort von Strafen oder weniger Geld reden“, sagte er. Aber manchmal verstünden die Gesprächspartner es besser, wenn Geld im Spiel sei, sagte er.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bei ihrer Ankunft in Brüssel zu einer einvernehmlichen Lösung aufgerufen. Sie war – ebenso wie der französische Präsident Emmanuel Macron – noch vor Beginn des Gipfeltreffens mit dem polnischen Regierungschef Mateusz Morawiecki zusammengetroffen.
Auslöser des Streits war ein Urteil des polnischen Verfassungsgerichts vom 7. Oktober, das die EU-Verträge in Teilen für verfassungswidrig erklärt und den Vorrang des EU-Rechts gegenüber nationalem Recht verneint hatte. (afp/dl)

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