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Bundestag bringt Enquête-Kommission zur Corona-Aufarbeitung auf den Weg - AfD will Untersuchungsausschuss

Der Bundestag hat am 25. Juni mit breiter Mehrheit die Weichen für eine umfassende Aufarbeitung der Corona-Pandemie gestellt. Eine Enquête-Kommission soll bis 2027 die politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen analysieren und Empfehlungen für künftige Krisen erarbeiten. Kritik kommt vor allem von AfD und Linken – sie fordern weitergehende Aufklärung.

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Der Bundestag hat heute grünes Licht für die Einsetzung einer Enquête-Kommission in Sachen Corona gegeben.

Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

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Lesedauer: 5 Min.

Der Bundestag hat am Mittwoch, 25. Juni, den Weg frei gemacht für eine parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Pandemie. In der vergangenen Legislaturperiode war die Bildung einer Enquête-Kommission unter anderem an Uneinigkeit innerhalb der Ampelkoalition gescheitert. Jetzt ist der Weg frei – Union und SPD haben einen offiziellen Antrag eingebracht. Die Debatte in erster Lesung erfolgte gleich danach.
Anschließend wurde der Antrag zur Detailberatung an den federführenden Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung überwiesen. Im Anschluss an die dortigen Beratungen muss der Bundestag die endgültige Entscheidung über die Einsetzung der Kommission treffen.

Zwei Jahre Zeit für tiefgreifende Corona-Aufarbeitung

Die Enquête-Kommission soll bis zum 30. Juni 2027 einen Abschlussbericht über ihre Arbeit und ihre Erkenntnisse vorlegen. Bis dahin sollen sich die 14 Bundestagsmitglieder und 14 im Einvernehmen der Fraktionen bestellten Sachverständigen ein Gesamtbild über die Pandemie verschaffen.
Zu den Aufgaben gehören die Nachzeichnung der Ursachen, Verläufe und Folgen und die Aufarbeitung der staatlichen Pandemiemaßnahmen. Die Kommission soll dabei Angemessenheit, Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit des Vorgehens prüfen und daraus Lehren für mögliche ähnliche Ereignisse in der Zukunft ziehen.
Die Enquête-Kommission soll sich auch mit der Abwägung von Grundrechtseingriffen und den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen der Corona-Maßnahmen befassen. Auch will man der Frage nachgehen, wie staatliche und gesellschaftliche Maßnahmen die Pandemiebekämpfung beeinflusst hätten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Evaluierung der Auswirkungen der Maßnahmen auf einzelne Bevölkerungsgruppen. Zudem soll die Kommission Lösungsansätze für einen besseren Schutz vulnerabler Gruppen erörtern.

Auftrag: Maßnahmen evaluieren, Fehler benennen, Lehren ziehen

Die Kommission ist auch dazu angehalten, für eine angemessene Beteiligung der Länder und Kommunen zu sorgen. Um eine zeitnahe politische Befassung mit Teilergebnissen zu ermöglichen, kann sie auch Zwischenberichte vorlegen. Am Ende soll sie nicht nur eine Auswertung ihrer Erkenntnisse bezüglich der Corona-Pandemie präsentieren, sondern auch einen Maßnahmenkatalog für die Zukunft empfehlen.
In der Bundestagsdebatte sagte SPD-Gesundheitspolitikerin Dagmar Schmidt, für viele Menschen sei die Corona-Zeit „die größte Belastungsprobe ihres Lebens“ gewesen. Man schulde den Menschen eine „ehrliche, sachliche, aber auch empathische Aufarbeitung“. Dabei dürften auch Fehler und verloren gegangenes Vertrauen nicht unerwähnt bleiben.
Der CDU-Abgeordnete Hendrik Hoppenstedt mahnte, Deutschland dürfe nie wieder unvorbereitet in eine Krise dieser Art gehen, „das darf uns nicht noch einmal passieren“. Die Kommission biete eine Chance, aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.

Die Opposition warnt vor halbherzigem Umgang mit Corona-Nachwirkungen

Stephan Brandner erklärte namens der AfD, mit der Kommission allein könne es nicht getan sein. Der Antrag der Koalition sei „lauwarm“ und werde nicht den „Zwangsmaßnahmen eines außer Rand und Band geratenen Staates“ gerecht. Altkanzlerin Angela Merkel habe mit der Ministerpräsidentenkonferenz ein „Seuchen-Politbüro“ geführt und die Medien hätten „jede noch so diktatorische Maßnahme beklatscht“.
Johannes Wagner (Grüne) wirft der Union vor, die Enquête-Kommission zum Vorwand zu nehmen, um von den Maskengeschäften von Ex-Bundesgesundheitsminister Jens Spahn abzulenken. Vor allem Frauen und Kinder seien überdurchschnittlich von der Corona-Pandemie betroffen gewesen.
Vonseiten der Linken sprach Ates Gürpinar, die Pandemie habe eine „Ausnahmesituation“ geschaffen. Benachteiligte Personengruppen seien überdurchschnittlich betroffen gewesen und die Regierenden hätten sie allein gelassen. Die Vereinzelung habe zugenommen und dieser Zustand habe bis heute Nachwirkungen. Eine Enquête-Kommission ersetze einen Untersuchungsausschuss nicht.

AfD bringt Antrag auf U-Ausschuss ein – Steinmeier sieht „Chance für Demokratie“

Die AfD hat einen eigenen Antrag auf Einrichtung eines Untersuchungsausschusses eingebracht. Darin solle auch geklärt werden, wie Nachrichtendienste zu welchem Zeitpunkt den Ausbruch in China wahrgenommen hätten. Außerdem solle dieser der Frage nachgehen, inwieweit es Einflussnahmen der Regierung auf Experten und Einrichtungen wie das Robert Koch-Institut (RKI) gegeben habe. Die Zustimmung für den Antrag hat jedoch noch keine der anderen Fraktionen signalisiert.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wiederum erklärte gegenüber den Medien der „Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft“ (Donnerstagsausgaben), die Aufarbeitung sei eine „riesige Chance“. Damit könne es gelingen, „Menschen zurückzugewinnen, die ihr Vertrauen in die Demokratie verloren haben“.
Reinhard Werner schreibt für Epoch Times zu Wirtschaft, gesellschaftlichen Dynamiken und geopolitischen Fragen. Schwerpunkte liegen dabei auf internationalen Beziehungen, Migration und den ökonomischen Folgen politischer Entscheidungen.

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