Bundesgericht prüft Corona-Verhältnismäßigkeit

Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde gegen Maßnahmen zur Eindämmung von Corona in Sachsen und Bayern geklagt. Die Tendenz zum Beschluss ist noch nicht eindeutig.
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Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, Deutschland.Foto: frantic00/iStock
Von 10. November 2022

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelte am 9. November über die Rechtmäßigkeit von frühen Corona-Schutzverordnungen aus dem Jahr 2020, die in Sachsen und Bayern erlassen worden waren. Die Kläger beanstandeten vor Gericht, dass unter anderem Ausgangssperren und Kontaktbeschränkungen unwirksam gewesen seien. Nachdem die Klage in Sachsen abgewiesen wurde, gingen die Kläger in die zweite Instanz. In dem bayrischen Fall haben die Kläger bisher recht bekommen. Die endgültige Entscheidung soll am 22. November verkündet werden.

Die Leipziger Richterin Renate Philipp sagte zu den Verordnungen allgemein, dass die Landesbehörden „ein Ermessen bei der Auswahl der Mittel zur Bekämpfung der Corona-Pandemie“ hätten. „Wir als Gericht überprüfen, ob das Ermessen verhältnismäßig ausgeübt wurde.“

Sachsen: Maßnahmen nach Infektionsschutzgesetz rechtens

Im sächsischen Fall (Az. 3 CN 1.21) werden Kontaktbeschränkungen sowie die Schließung von Sportstätten und Gastronomiebetrieben, welche in der sächsischen Verordnung vorgesehen waren, kritisiert. Der Antrag wurde mit Urteil vom 15. Oktober 2021 von dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen abgewiesen. Die Begründung: Die ergriffenen Maßnahmen seien auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes getroffen worden, haben verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprochen und seien rechtmäßig gewesen.

Ein weiterer Grund zu der Entscheidung sei für das Gericht die damals herrschende Unsicherheit über die Gefährlichkeit, Übertragungswege und Auswirkungen einer Ansteckung mit dem Coronavirus und dem Mangel an Medikamenten und Impfstoff für die Behandlung von COVID-19 gewesen. Sachsens Landesregierung habe sich auf die Expertise des Robert Koch-Institutes verlassen und den eigenen Ermessensspielraum nicht überschritten.

Bayern: Ausgangsbeschränkungen unverhältnismäßig

Für Bayern (Az. 3 CN 2.21) werden die für März 2020 erlassenen Ausgangsbeschränkungen beanstandet und als unzulässig kritisiert. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab den Klägern mit Beschluss vom 4. Oktober 2021 recht und stellte fest, dass die Ausgangsbeschränkungen zu strikt und damit unverhältnismäßig gewesen seien.

Durch die Ausgangsbeschränkungen war es beispielsweise verboten, alleine im Freien zu verweilen und zu spazieren. Ausschließlich „triftige Gründe“ erlaubten das Verlassen der eigenen Wohnung. Der Verwaltungsgerichtshof urteilte, dass die „triftigen Gründe“ vom Freistaat Bayern zu eng gefasst worden seien. Laut Gericht sei nicht zu erkennen, inwiefern mit der Ausgangssperre eine Übertragung des Virus gehemmt werden konnte und diese somit erforderlich gewesen sei.

Corona-Klagen vor Bundesverfassungsgericht

Ähnliche Klagen gab es im Eilverfahren für die Bundesnotbremse und die Impfpflicht. Die Bundesnotbremse umfasste von Ende April bis Ende Juli 2021 bundesweite Kontaktbeschränkungen, nächtliche Ausgangssperren und Schulschließungen. Das Bundesverfassungsgericht urteilte im November 2021, dass die Bundesnotbremse mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen ist. Die Vorgaben standen laut Rechtsprechung „in der äußersten Gefahrenlage der Pandemie“ mit dem Grundgesetz im Einklang. Ebenso wurden 2022 im Juni die einrichtungsbezogene Impfpflicht und im Juli die Impfpflicht bei der Bundeswehr für rechtmäßig erklärt.

Spahn: „Wir werden einander viel verzeihen müssen“

Der Bundesgesundheitsminister Jens Spahn richtete sich in RTL erst kürzlich an die Bevölkerung und sprach sich für eine „Bereitschaft des Verzeihenden“ aus, also: […] „die Bereitschaft, erbittlich zu sein, zuzuhören, nicht zu verhärten, verstehen zu wollen, warum jemand vielleicht auch einen Fehler gemacht hat. Die Situation zu sehen, dass nach bestem Wissen entschieden wurde, aber man lag trotzdem falsch. Also mir geht´s vor allem um den, der verzeihen sollte. Dass da eine Bereitschaft ist, über Fehler zu reden, ohne zu verhärten oder unerbittlich zu sein.“

Der ehemalige Gesundheitsminister sagt nicht konkret, welche Fehler gemacht wurden. Die Forderung des „Verzeihens“ kommt jetzt zu einem Zeitpunkt, nachdem bereits vor und während der Durchführung von Corona-Maßnahmen vielfach substantiierte Kritik geäußert wurde. Forderungen nach Gesprächen „am runden Tisch“ und einer umfassenden Auseinandersetzung mit Kritik wurde nicht nachgekommen. Anstelle dessen unterlagen Kritiker der Maßnahmen weitgehenden Diffamierungen. Am 22. November 2022 wird das Gericht zumindest auf Verwaltungsebene über die Corona-Schutzverordnungen aus dem Jahr 2020 in Sachsen und Bayern entscheiden.

dpa/sk



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